Fiete Hansen löscht ein Schiff

Autor*in
Weise, Markus
ISBN
978-3-7961-1106-8
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Rah, Helke
Seitenanzahl
46
Verlag
Schünemann
Gattung
Bilderbuch
Ort
Bremen
Jahr
2021
Lesealter
6-7 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
14,90 €
Bewertung
eingeschränkt empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Sachbilderbuch über die Arbeit im Bremer Hafen in der Vergangenheit

Beurteilungstext

Inhalt
Bei einem Besuch des Jungen Finn bei seinem Urgroßvater erzählt ihm dieser in einem Lehrgespräch mit Frage und Antwort von seiner Arbeit im Hafen vor siebzig Jahren und zeigt ihm dazu Fotos aus seinem Fotoalbum.

Text
Der Text des Buches ging aus der Führung hervor, die der Schauspieler Markus Weise für Familien im Bremer Hafenmuseum anbietet. Er ist um Lokalkolorit bemüht und flicht immer wieder plattdeutsche Wörter und Sätze ein und übersetzt sie dann ins Hochdeutsche. Hier im Buch lenkt das von der Sachvermittlung über die Betriebsabläufe im Hafen ab.
Weise baut seinen Text großenteils um Spezialbegriffe aus der Hafenarbeiter- und Fachsprache herum, als da sind Stauer (Hafenarbeiter), Stauerhose, Elbsegler (Mütze), Bremer System (Eisenbahnanbindung), belegen (ein Schiff festmachen), Tampen (dickes Tau), Pier (Kai), Tüdelband (dünnes Band), Lukenvize (Einweiser), Backbord (linke Schiffsseite), Steuerbord (rechte Schiffsseite), löschen (entladen), Sackkarre, Stauerhaken, Stückgut (Gegenstände), Schüttgut (lose Masse), Küper (Qualitätskontrolleur) und Tallymann (Anzahl- und Mengenkontrolleur).

Es geht hier um ein Museum, in dem Arbeitsvorgänge der Vergangenheit vorgeführt werden, die heute durch den modernen Containerumschlag ersetzt wurden. Es fragt sich, ob Kinder im Grundschulalter noch diese historischen Begriffe lernen sollten. Stattdessen sollte ihnen das Grundsätzliche des Warentransports zur See und des Umschlags im Hafen deutlich gemacht werden.

Dass in einem „Überseehafen“ Waren aus vielen Erdteilen über die Weltmeere zu dem Hafen Bremen kommen, wird sehr gut mit einem Globus visualisiert, auf dem eine Fahrtroute rund um Afrika eingezeichnet ist.
Dann wären aber überblickartige betextete Bilder vom Schiff am Kai, von der Entladung der Güter mit dem Kran und ihrem Weitertransport in Schuppen oder Eisenbahnwaggon durch die Arbeiter mit ihren Sackkarren nötig gewesen. Danach kann eine Fokussierung auf einzelne Arbeitsvorgänge erfolgen und die Personen, die sie durchführen. Leider hat dieses Buch aber keine klare Didaktik.

Illustrationen
Dazu trägt bei, dass die Illustrationen oft genau die Textaussagen aufnehmen, in denen der Junge Finn sich falsche Vorstellungen von den ihm unbekannten Begriffen macht. Bei der Erwähnung der Eisenbahnanbindung fragt Finn „Sind Hafenarbeiter auch Lokomotivführer?“ Dazu sieht man auf der gegenüberliegenden Seite in einer großen Denkblase eine freigestellte Lokomotive aus dem frühen 19. Jh., aus der ein Lokomotivführer herausschaut.
Zu dem Wort „belegen“ (Schiff am Kai festmachen) sieht man auf der gegenüberliegenden Seite in einer großen Denkblase, wie Finn sein Frühstücksbrot mit Aufschnitt belegt. Zu dem Wort „löschen“(entladen) sieht man auf der gegenüberliegenden Seite in einer großen Denkblase einen brennenden Dampfer. Den 250 Kilo schweren Baumwollballen sieht man nicht im Bild, sondern die 12 Kinder, die seinem Gewicht entsprechen. Man sieht nicht den Kaffeesack im Bild, sondern in einer Denkblase den Sack, den der Weihnachtsmann bei sich hat. So werden falsche Vorstellungen unterstützt, die nicht richtiggestellt werden.
Einige Gegenstände werden aus dem Kontext herausgerissen dargestellt. Die Tätigkeit des Festmachens am Kai wird z. B. lediglich durch einen Doppelpoller mit Tau freigestellt auf leerem Grund dargestellt. Die Handzeichen werden nur symbolartig eingebracht, ihre Funktion als Verständigung zwischen Kranführer und entladendem Arbeiter wird nur mit einem unverständlichen Ausschnitt eingebracht. Die Abbildungen von Baumwollballen, Teekisten, Kaffeesäcken und Bananenkartons sind den realen Gegenständen nur sehr wenig ähnlich; denn die Illustrationen sind künstlerisch grob vereinfachend und geben nur einen vagen Eindruck von Gegenständen und ihrer Umgebung. Dazu kommt schließlich, dass sie sich nicht an den Text halten. Die im Text blau beschriebenen Kleidungsstücke sind auf den Abbildungen schwarz, die erwähnte Jacke gibt es nicht. Die Idee, den Erzähler von einem Fotoalbum mit sachlich dokumentierenden Fotos ausgehen zu lassen, wird von diesen grobschlächtigen Illustrationen mit wenig Informationswert konterkariert.

Das im Bremer Schünemann Verlag erschienene Buch ist lediglich als ein Stück Heimatliteratur einsetzbar. Über die Stadt hinaus kann es nicht empfohlen werden, weil es grobe didaktische Mängel hat.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von gsd; Landesstelle: Hamburg.
Veröffentlicht am 01.06.2022