Fieber. Alles. Ausser. Kontrolle

Autor*in
Oppermann, Swantje
ISBN
978-3-407-75851-4
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Seitenanzahl
322
Verlag
Beltz & Gelberg
Gattung
Buch (gebunden)Erzählung/Roman
Ort
Weinheim, Basel
Jahr
2021
Lesealter
14-15 Jahre16-17 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Klassenlektüre
Preis
16,95 €
Bewertung
eingeschränkt empfehlenswert

Teaser

Menschen sterben innerhalb eines Tages - niemand kennt die Ursachen. Das "Fieber" greift um sich, bringt die herkömmlichen Wirtschafts- und Gesellschaftssysteme der gesamten Welt ebenso zum Einsturz wie vermeintliche Gewissheiten und zwischenmenschliche Beziehungen. Oppermann zeichnet in ihrem Thriller das Bild einer Welt im radikalen Umbruch.

Beurteilungstext

Die sechzehnjährige Evelyn, genannt Evie oder auch Lynnie, wird zum ersten Mal mit der mysteriösen Krankheit, die wenig später den Erdball in Atem halten wird, konfrontiert, als sie mit ihrer Mutter vom Urlaub in Italien zurück nach Berlin reist. Ein Mitreisender stirbt vor ihren Augen, ohne dass erkennbar ist, woran er leidet. Evie ist schockiert und beginnt zu recherchieren. Sie stößt auf wenige Meldungen im Internet, die über den plötzlichen Tod reicher und mächtiger Menschen berichten und einen Zusammenhang vermuten. Wenig später berichten alle großen Medien über die Ereignisse. Offensichtlich greift eine unerklärliche Fiebererkrankung weltweit um sich, die den Betroffenen innerhalb eines Tages den Tod bringt. Evie diskutiert mit ihren Eltern ebenso darüber wie mit ihren Klassenkameraden. Vor allem aber sucht sie das Gespräch mit Ric, ihrem Freund, und mit Pippa, die bis vor kurzem ihre beste Freundin und Vertraute war. Während Ric die Geschehnisse leicht nimmt und nicht damit belastet werden möchte, befindet sich Pippa auf einem anderen Weg. Sie ist als Aktivistin im Kampf gegen den Klimawandel und die Zerstörung der Umwelt aktiv und nimmt es Evie übel, dass diese sich aus den Aktivitäten zurückgezogen hat. Schnell wir deutlich, dass es einen Zusammenhang zwischen der Epidemie und dem Verhalten der Menschen, dem Umgang mit den natürlichen Ressourcen, gibt. Offensichtlich werden die Menschen als erste dahingerafft, die einen besonders großen ökologischen Fußabdruck hinterlassen und am verschwenderischsten leben. Im Internet kursieren verschiedene Apps, mit denen jede und jeder seine Risikogruppe berechnen kann. Obwohl Evie sich wieder dem Kampf gegen die Zerstörung des Planeten zuwendet und alles daransetzt, sich selbst und ihre Familie durch eine Reihe von Verhaltensänderungen in eine weniger bedrohte Kategorie zu bringen, trifft sie bald persönlich die Katastrophe - ihr Vater erliegt dem Fieber. Rasant erhöhen sich die Opferzahlen - in Deutschland wie überall auf der Welt. Obwohl nun schnellstmöglich ein "Gegensteuern", also eine Umkehrung in Wirtschaft und individuellem Verhalten, versucht wird, kommt die öffentliche Ordnung zum Erliegen, die Regierungen sind nicht mehr handlungsfähig, Chaos und Zerstörung greifen um sich. Schließlich brechen Strom- und Wasserversorgung sowie das Internet zusammen. Evie gelingt es in einer abenteuerlichen Flucht aus der Großstadt, den Bauernhof ihrer Schwester in Brandenburg zu erreichen. Das Ende des Buches bleibt offen, wobei es Anzeichen gibt, dass die Erkrankungen rückläufig sind.
Swantje Oppermann legt einen rasant erzählten Roman vor, der ohne Beschönigungen ein apokalyptisches Szenario entwirft, welches sich nicht ohne Weiteres als Fiktion abtun lässt. Dass die Menschheit weit über ihre Verhältnisse lebt und eine Misswirtschaft betreibt, die die eigene Lebensgrundlage massiv gefährdet, ist seit Jahrzehnten bekannt, spätestens seit "Fridays for future" fest in der öffentlichen Diskussion verankert und sukzessive auch im Handeln der globalen Verantwortungsträger manifest geworden. Die Autorin beschreibt drastisch, welche Auswirkungen ein weltweiter ökologisch-okönomisch-gesellschaftlicher Kollaps auf das Leben der bzw. des Einzelnen hätte. Ihr gelingen dabei starke sprachliche Bilder und Szenen. Der Erzählstil ist von hoher Dynamik, ohne im sprachlichen Bereich auf "billige Schocker" zu setzen. Die Gefühle, Reflexionen und Einsichten der Protagonistin sind insgesamt nachvollziehbar entwickelt und dargestellt. Die anderen Figuren fallen dagegen in der Tiefgründigkeit der Gestaltung ab - sowohl die Eltern und die Schwester Evies wie auch vor allem ihr Freund Ric. Das Buch ist in großen Teilen chronologisch aus der Perspektive Evies erzählt und umfasst einen Zeitraum von etwa einem halben Jahr. Dazwischen sind allerdings Episoden eingeschoben, die die letzten Stunden der erzählten Zeit, Evies Flucht nach Brandenburg, darstellen. Warum dies geschieht, erschließt sich nicht; auch finden die beiden Erzählstränge nicht überzeugend zusammen.
Das größte Manko des Romans allerdings liegt darin, dass an keiner Stelle eine rationale Erklärung für das ominöse Fieber gegeben oder auch nur versucht wird. Das entscheidende handlungs- und spannungsbegründende Element wird damit ausgespart. Die Krankheit hat letztlich den Charakter einer quasi-göttlichen "Strafe" für das verantwortungslose Handeln der Menschheit. Die radikalen, spannenden und gut ausgearbeiteten Etappen auf dem Weg in den allgemeinen Zusammenbruch entbehren daher leider eines Begründungszusammenhangs, der ihnen Glaubwürdigkeit verleihen würde.

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Diese Rezension wurde verfasst von RPKJ; Landesstelle: Rheinland-Pfalz.
Veröffentlicht am 21.05.2021

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