Familienbande
- Autor*in
- L'Arronge, Lilli
- ISBN
- 978-3-96428-058-9
- Übersetzer*in
- –
- Ori. Sprache
- –
- Illustrator*in
- L'Arronge, Lilli
- Seitenanzahl
- 68
- Verlag
- Jacoby & Stuart
- Gattung
- Buch (gebunden)Comic
- Ort
- Berlin
- Jahr
- 2020
- Preis
- 15,00 €
- Bewertung
Teaser
Chaotischer Familienalltag in bunten Comic-Sequenzen der bekannten Bilderbuch-Künstlerin Lilli L'Arronge. Zum Lachen, Mit- und Sich-Angesprochen-Fühlen.
Beurteilungstext
Ein neues Buch von Lilli L'Arronge: In sieben Comic-Episoden erzählt sie ehrlich und witzig ganz persönliche Situationen aus ihrem Leben mit Partner und zwei Töchtern. Dabei offenbart sich im Konkreten und Individuellen das Allgemeine, sodass sich Leser*innen unschwer an eigene, ganz ähnliche Erfahrungen erinnert fühlen können. Die tägliche Morgenroutine, beginnend im Familienbett, der Kampf mit allen Unlüsten und die Versuche der Eltern innerhalb dieses sensiblen Prozesses keine Fehler zu machen.
Dabei sind es die wirklich "unspektakulären" Erlebnisse und Routinen: die Wanderung durch den Wald, das Aufsteh- und Zu-Bett-Gehen-Ritual, das Ballspielen im Garten oder das Drachensteigen-Lassen im Herbst.
Wunderbar zeigt sich in allen Situationen wie die Eltern (mit Plan im Kopf) versuchen ihre Kinder zu etwas zu bewegen, dabei um Souveränitat ringen und auch nicht müde werden, mit kreativen "Tricks" die Situation unter Kontrolle zu halten und zu lenken - und schließlich doch die beiden Kinder die Situationen bestimmen. So ist auch das Buchcover programmatisch, wenn die ältere Johanna ihrer kleinen Schwester zuraunt: "Papa ist der Chef, Mama ist der Boss und wir zwei sind die, die alles besser wissen." Das Schöne dabei ist, dass sich die beiden Elternfiguren nicht zu ernst nehmen, sich gegenseitig unterstützen und jede Situation schließlich doch gelingt - wenn auch anders als geplant. Peter Sauer spricht in seiner Rezension zu "Familienbande" (Westfälische Nachrichten) vom Erschöpfungsglück - ein Begriff, den Eltern wohl gleich verstehen und für den man nur schwer ein Synonym findet, ihn wohl aber umschreiben kann - oder man liest die Geschichten. Denn Familie ist Stress und Glück zugleich.
Die Komik entsteht nicht zuletzt durch die reduziert-prägnanten Zeichnungen der mimischen Ausdrücke, die das emotionale Auf und Ab im chaotischen Familienalltag fast seismographisch und unglaublich klug beobachtet spiegeln.
'Arronge hat mit Familienbande ein Buch geschaffen, das eine nahezu soziologische Perspektive einnimmt und Konzepte wie Verhandlungs-/Partnerschaftsfamilie und bedürfnisorientierte Erziehung ästhetisch und witzig gestaltet. Ganz deutlich erscheint dies mit dem letzten Kapitel "Familie, Familie!": Gezeigt wird eine sicherlich ritualisierte Kuschelszene, erst zwischen den beiden Mädchen und dem Vater, dann wird die Mutter noch dazugerufen. Sie umarmen sich, hüpfen und rufen mehrfach "FA-MI-LI-E" um dann aufs Bett zu fallen. Als der Vater am Beginn dieser Szene mit dieser "Parole" beginnt, ruft das jüngere Mädchen begeistert "Ja! Familie machen!".
Aktuelle soziologische Ansätze versuchen, basierend auf dem Gedanken des Doing-Gender, Familie als aktive Konstruktionsleistung ihrer Mitglieder zu denken: "Doing Family". Familie ist damit etwas, was in der konkreten Situation entsteht. Dies spiegelt sich in den Comics und macht das Buch unverzichtbar, wenn man sich mit Familienbildern in der aktuellen Kinderliteratur beschäftigt. Genauso unverzichtbar für alle Großen und Kleinen, die in turbulenten Familien leben.
[Susanne Drogi]