Ente, Tod und Tulpe

Autor*in
Erlbruch, Wolf
ISBN
978-3-88897-461-8
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Erlbruch, Wolf
Seitenanzahl
32
Verlag
Gattung
BilderbuchMärchen/Fabel/SageSachliteratur
Ort
München
Jahr
2007
Lesealter
4-5 Jahre6-7 Jahre8-9 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
14,90 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Eine Ente lernt den Tod kennen, der sie als Person lange begleitet. Sie sprechen über den Vorgang des Sterbens und die Vorstellungen über die Zeit danach und fühlen sich wie Freunde. Eines Tages stirbt die Ente tatsächlich und der Tod, nachdem er sie auf die Reise geschickt hat, widmet sich neuen “Bekanntschaften”.

Beurteilungstext

Von Albrecht Dürer gibt es den allegorischen Stich von “Ritter, Tod und Teufel”. Daran erinnert der rhythmische Klang der Titeltrilogie. Und auch über die Musikalität hinaus gibt es Assoziationen zu klassischen Anschauungen. Der Tod ist hier gezeichnet als in lange karierte Gewänder gekleidetes Säuglingsskelett (wobei sehr alte Menschen oft ähnliche Kopfformen aufweisen), dessen zahnloser Kiefer immer wie leise und geheimnisvoll lächelnd wirkt. Von ihm erfährt die Ente, die seine Anwesenheit mehr zufällig, aber mit Erschrecken bemerkt, dass er jedes Wesen sein ganzes Leben hindurch begleitet. Auch der Tod weiß nicht im voraus, wann er in Aktion treten wird, ob Alter, Unfall oder Krankheit ihm den Auftrag erteilen. Deshalb hat er, quasi als “letzten Gruß”, immer eine fast schwarzrote Tulpe bei sich, die er mit auf die letzte Reise schickt.
Aus der zunächst angstgeprägten Bekanntschaft der Ente mit dem Tod wird nach längerer Zeit gemeinsamer Erfahrungen und Erlebnisse fast eine Freundschaft mit starker Vertrautheit und Verbundenheit der beiden. Doch eines Tages wird der Ente kalt und sie atmet nicht mehr - der Tod legt sie behutsam aufs Wasser und lässt die Ente außer Sicht treiben. Mit dem Motiv des Flusses ins Jenseits und der traurigen Fürsorge als “Freund Hein” klingen wieder altbekannte Motive an.
Erlbruch erzählt diese Geschichte textlich und optisch eher lakonisch, zurückhaltend, mit freundlicher Empathie, aber ohne Ekstase. Bildlich dominiert eine starke Stilisierung, die langgestreckte, wie holzgeschnitzt wirkende Ente, der mimikfreie, an eine religiöse Reliquie erinnernde Tod, sie erfahren auf den ganz- bis doppelseitigen Bildern nur kleine Stellungsveränderungen. Ihre Gespräche und Interaktion spielt sich vor einem leeren Hintergrund ab, einzig Teile eines alten Kirschbaumstiches deuten eine Räumlichkeit an. Farbig wird es erst, als die Ente tot ist, jetzt symbolisiert ein tiefes dunkles Blaugrün sowohl den nächtlichen Himmel wie den großen und breiten Fluss. Und den weiterschreitenden Tod, bereit zu neuer Tat, umspringen ganz unstilisierte, natürlich gezeichnete und gefärbte Fuchs und Hase. Es gibt immer etwas zu tun...
Die Reduktion in Wort und Bild lässt ein vorbehaltloses Nachdenken, In-sich-Versenken und endlich Selbsterkenntnis zu: Wie gehe ich mit der alltäglichen Bedrohung um, der Endlichkeit meines Lebens, den Unsicherheiten und Fremdbestimmungen. Das Buch nimmt dabei keine eindeutige Position ein. Ob ein christliches Weiterleben in Hölle oder Paradies, ob Wiedergeburt, Geistwesen oder Verlöschen, das kann auch der Tod nicht beantworten oder will es vielleicht auch nicht. Sicher ist nur seine ständige Nähe, die nicht mit Bedrohung verwechselt werden sollte. Das ist für Menschen jeder Altersgruppe eine angstmindernde und schöne Vorstellung, ähnlich einem früheren Werbespruch einer Boulevardzeitung: Wohin Sie auch kommen - wir sind schon da.

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Diese Rezension wurde verfasst von bh.
Veröffentlicht am 01.01.2010

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