Ente, Tod und Tulpe

Autor*in
Erlbruch, Wolf
ISBN
978-3-88897-461-8
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Erlbruch, Wolf
Seitenanzahl
32
Verlag
Gattung
BilderbuchMärchen/Fabel/SageSachliteratur
Ort
München
Jahr
2007
Lesealter
6-7 Jahre8-9 Jahre10-11 Jahre12-13 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
14,90 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Schon länger hatte die Ente so ein Gefühl, doch eines Tages bemerkt sie ihn endlich. Er steht vor ihr, der Tod. Die Ente erschrickt, doch bald stellt sich heraus, dass es noch nicht Zeit zum Sterben ist. So beginnen sie einen gemeinsamen Lebensabschnitt, der für beide eine Zeit der Annäherung bedeutet.

Beurteilungstext

Dem Menschen begegnet der Tod häufig als plötzlicher Eingriff von außen (z.B. als Unfall) oder als langsamer Verfall von innen, wenn durch Krankheit oder Alter Körper und Geist nicht mehr ihren Dienst erfüllen. Anders geht es der Ente in Wolf Erlbruchs Bilderbuch "Ente, Tod und Tulpe". Ganz langsam beschleicht sie ein Gefühl, bevor es eines Tages vor ihr Gestalt annimmt. Der Tod begegnet ihr, aber nicht als Vollstrecker. Er ist ein Gegenüber, das sie im Leben begleiten möchte. Nach dem ersten Schreck und der Erkenntnis, dass der Tod das Sterben nicht herbeiführt, sondern lediglich darauf wartet, um beim Übergang zu helfen, akzeptiert die Ente den Tod als Teil ihres Lebens. Sie lässt ihn Anteil nehmen an ihren Freuden und Sorgen, und sie beginnt eine tastende und suchende Auseinandersetzung mit dem Sterben. Sie wird sich ihrer Endlichkeit bewusst, sie fragt nach dem Danach, auf das der Tod aber keine Antwort zu geben weiß. Sie rätselt über ihre Bedeutung für den Teich, ihren Lebensraum. Wie wird sich ihr Fehlen auswirken? Schließlich sucht sie immer mehr die Nähe des Todes, der alle Bedrohlichkeit verloren hat. Er wird zu einer Heimat, zu einem Schutz, der das Sterben zu einer sanften Sache werden lässt. Als die Ente eines Tages zu atmen aufhört, kümmert der Tod sich liebevoll um sie. Er bringt sie zum großen Fluss, auf dem sie - verziert mit einer Tulpe, als letztem Gruß - davontreibt.
Die Wirkung von Wolf Erlbruchs anrührender Geschichte kommt wohl durch den Widerspruch der Todesinszenierung zu unserem gesellschaftlichen Verständnis vom Tod zustande. Während der Tod im Allgemeinen als das Andere zum Leben, als ein Widerpart mit längerem Atem verstanden wird, ist Erlbruchs Tod vom Leben nicht ausgeschlossen. Er ist vielmehr Teil des Lebens, eine Funktion der Endlichkeit. Seine Aufgabe ist es, den Abschied vorzubereiten und das Leben und Sterben zu begleiten. Er ist Gesprächspartner und Lebensbegleiter, er ist immer da, doch nie als Bedrohung.
Der Tod in "Ente, Tod und Tulpe" ist ein gestalthafter, äußerlicher Tod. Er ist eine Figur, die sich zur Ente in Beziehung setzen kann. Er ist nicht identisch mit der Ente, kein Teil von ihr. Vielmehr empfindet er die Ente auch als Gegenüber, dem er am Schluss sogar ein wenig nachtrauern kann.
Die für Wolf Erlbruch typischen Collagen deuten allerdings noch eine andere Dimension an. Auf den Bildern treten nur die Protagonisten und die wichtigste Elemente der Geschichte auf. Die Szenerie ist auf das Wesentliche reduziert, die Handlung nahezu dekontextualisiert. Ente und Tod wirken abgelöst vom Umfeld, von der Natur und den anderen Tieren. Die Aufmerksamkeit des Betrachters wird polarisiert auf die Beziehung zwischen Ente und Tod. Durch die Auslassung der Bezüge zum Leben bekommt die äußerliche und konkrete Geschichte des Todes wieder einen eher innerlichen Charakter. Die Grenzen zwischen Vorstellung und Erlebnis verschwimmen. Somit verweist die Geschichte schließlich wieder darauf, dass es sich hier doch um unser eigenes Thema handelt, das wir kaum mit anderen teilen können. Der Tod ist unser Tod, eine Trennung von innen und außen ist aufgrund der existenziellen Bedeutung des Themas nicht nötig.
Wolf Erbruch ergänzt das immer größer werdende Angebot an Bilderbüchern zum Thema Tod durch einen wichtigen, anrührenden und tröstlichen Beitrag, der sich in seinem Charakter und seiner Inszenierung deutlich von anderen Beiträgen abhebt. Der zarte Umgang mit dem Thema hilft, seine Bedeutung für das Leben zu akzeptieren. Das Buch bietet Denkanstöße für Jung und Alt und ist eine echte Herausforderung, über das Leben nachzudenken. Unterfordert werden sollte dabei niemand.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von mr.
Veröffentlicht am 01.01.2010

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