Emmy und die verschwundenen Mädchen

Autor*in
Jonell, Lynne
ISBN
978-3-7725-2492-9
Übersetzer*in
Riekert, Eva
Ori. Sprache
Englisch
Illustrator*in
Bean, Jonathan
Seitenanzahl
368
Verlag
Freies Geistesleben
Gattung
FantastikKrimi
Ort
Stuttgart
Jahr
2012
Lesealter
10-11 Jahre12-13 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
16,90 €
Bewertung
empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Emmy möchte so gern sein wie alle Mädchen in ihrem Alter. Sie möchte auf Geburtstagsfeiern gehen und bei Freundinnen übernachten, schwimmen und Rad fahren. Aber in der neuen Schule ist Emmy nach den Ereignisse im letzten Herbst jetzt erst richtig angekommen und die anderen Mädchen nehmen sie jetzt erst richtig wahr.

Beurteilungstext

Außerdem ist die Zehnjährige tatsächlich anders als die anderen. Sie kann mit Nagetieren sprechen. Im ersten Band der Emmy-Bücher wurde sie von einer Ratte gebissen und seitdem versteht sie die Sprache der Nager. In einem kurzen Abriss zu Beginn und immer wieder zwischendrin erfährt man auch, dass Emmys letztes Kindermädchen ein sehr unangenehmes Menschenkind war, doch glücklicherweise konnte Emmy mit Hilfe ihrer kleinen und großen Freunde die böse Miss Barmy besiegen. Die Rückblenden reichen aus, um den Leser mit dem Geschehen vertraut zu machen. Dennoch sind sie so sparsam und gekonnt verteilt, dass die Spannung hervorragend gehalten wird.
Und nun wird Emmy mit der Möglichkeit konfrontiert, dass die in eine Ratte verwandelte Miss weiter Unheil anrichtet. Außerdem gibt es da noch den Spazierstock, den die Miss zurücklassen musste. Die Kinderfrau hatte selbst die wunderschönen Gesichter der Mädchen hinein geschnitzt, bei denen sie früher angestellt war. Welches Schicksal diesen Mädchen wiederfahren ist, war bisher unklar. Möglicherweise sind sie im Heim für Mädchen in Not. Eine leere Stelle am Stock war sogar für Emmy reserviert.
Oft muss Emmy sich entscheiden zwischen ihren ungewöhnlichen kleinen Freunden oder den Schulkameradinnen, die sie endlich wahrnehmen. Zwischen dem normalen Leben und der Notwendigkeit, Hilfe zu leisten. Und sie muss schmerzhaft erfahren, dass einmal getroffene Entscheidungen nicht einfach rückgängig zu machen sind und immer Konsequenzen entstehen, die viele andere auch betreffen. Der Weg zurück ist oft lang und schwer, wenn die auslösende Entscheidung auch nur Augenblicke dauerte und das Bereuen unmittelbar einsetzt.
Aber immer wieder wird Emmy darin bestätigt, dass es viel besser ist, zu sich selbst zu stehen. Auch auf diesem Weg gewinnt man Freunde, die ernsthaft an einem interessiert sind und die zu einem stehen. Und dass es anderen ähnlich geht. Ehrliche Freundschaft entsteht nur, wenn man sein wahres Gesicht zeigt. Zudem ist es sehr anstrengend, Lügen am Leben zu erhalten oder sogar, sie aufzudecken, bevor sie ein Eigenleben entwickeln und wirklichen Schaden anrichten.
Viele fantastische Motive in der realistischen Welt lenken den Blick des Lesers in neue Bahnen, machen auf die kleinen Dinge aufmerksam und zeigen unbedeutende Wichtigkeiten, die alles verändern können. Emmy bietet für viele unsichere Mädchen zu Beginn der Pubertät eine gute Identifikationsfigur, auch wenn das Gefühl des Außenstehens sicher bei jeder anders begründet ist. Wem Emmy zu kompliziert erscheint, dem bieten sich andere Möglichkeiten, sich selbst wieder zu finden. Selbst den Jungen werden Figuren angeboten, obwohl sie eher nicht zur Zielgruppe gehören dürften.
Viele Faktoren, die Einfluss auf Veränderungen in einer sozialen Gemeinschaft haben, zeigen so individuelle Gesichter, dass man nicht alle sofort erkennt, andere nicht sehen will oder keine Gefahr in ihnen sehen möchte. Die Geschichte zeigt einige von ihnen auf. Parallelen zur derzeitigen Gesellschaft sind sicher ""zufällig und nicht beabsichtigt"".
Die Gesamtstruktur der Geschichte erscheint manchmal etwas kompliziert und droht den roten Faden zu verlieren. Der zusätzliche Einbau einer (eigentlich zwei) Detektivgeschichte verstärkt das Problem. Alles wirkt oft konstruiert, obwohl die einzelnen Zusammenhänge durchaus stimmig sind. Neue fantasievolle, z. T. unverbrauchte Ideen, die den Charme der Geschichte ausmachen, können nicht immer über diese Künstlichkeit hinwegtrösten.
Das Thema der ""Kindesentführung"" ist ein sehr ernstes, die fantastischen Elemente bieten dabei eine guten Rahmen, damit distanziert umzugehen. Dennoch fordert die Verknüpfung dieser Elemente mit den realitätsnahen Problemen der Kinder vom Leser einen hohen Verständnisgrad, der Umfang des Werkes eine gute Lesefähigkeit. Das alles zielt auf eine Altersgruppe, die vielleicht nicht mehr so viel Interesse an sprechenden Nagetieren hat, ähnlich wie Emmy es ihren Freundinnen nicht mehr zutraut. Und sicher bedarf es einer speziellen Zielgruppe wie diese eine Freundin, die selbstbewusst genug dazu steht, dass außergewöhnliche Fähigkeiten wie die von Emmy wirklich cool sind und nicht kindisch. Und die auch absolut bereit ist, an das Ungewöhnliche zu glauben und für gute Ziele aufopferungsbereit zu kämpfen. Denn trotz oft revolutionärer Gedanken dieser Alltagsgruppe ist die Realität doch eher, dass sie nicht wirklich aus der Menge herausstechen wollen, sondern lieber in Trends mitschwimmen.
Die Bewertung des Buches fällt mir nicht leicht. Einerseits bietet es thematisch viele gute Ansätze und ist sprachlich anspruchsvoll. Andererseits läuft es genau dadurch Gefahr, überfrachtet zu wirken.
Aber unumstritten witzig und passend ist die Illustration, die den oberen Rand jeder einzelnen Seite ziert und sich bei genauerem Hinsehen als Daumenkino entpuppt. Und die Autorin vermag so gekonnt sprachliche Bilder zu schaffen, dass einem das ""Fehlen"" weiterer Illustrationen (mit Ausnahme eines Titelbildes im Vorsatzpapier) erst ganz zum Schluss auffällt.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von Wa.
Veröffentlicht am 01.01.2010

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