Emmas Weg in die Freiheit

Autor*in
Jeier, Thomas
ISBN
978-3-8000-5234-9
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Seitenanzahl
256
Verlag
Ueberreuter
Gattung
Ort
Wien
Jahr
2006
Lesealter
12-13 Jahre14-15 Jahre16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
14,95 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Die 17-jährige Emma flieht im Jahre 1909 aus dem Haus ihres Onkels und macht sich auf den Weg nach Amerika. Unterwegs trifft sie auf August, der eigentlich nach Australien will, mit ihr gemeinsam aber dann in die USA fährt. Im Durcheinander der Immigrationsformalitäten verlieren sie sich und Emma steht alleine in der Riesenstadt. Sie landet ganz unten, schafft aber ihren Weg, als sie streitbare Gewerkschafterinnen kennen lernt. Nach einer Katastrophe findet sie auch August wieder.

Beurteilungstext

Zu Beginn des letzten Jahrhunderts war es schon eine außergewöhnlich mutige Tat für ein unmündiges Mädchen, sich auf die Reise in eine ungewisse Zukunft zu machen, ohne Geld, ohne konkrete Vorstellungen. Emmas Leidensdruck war aber so groß, dass sie in ihrem Zuhause, das nie eigentlich das ihre war, keine Chance für sich und ein vernünftiges Leben sah. Nur nachts kann sie wandern, denn tagsüber droht die Polizei sie zu entdecken. In August, einem jungen, rätselhaften Mann, findet sie einen Partner, der vorsichtig und zurückhaltend genug ist, um ihm vertrauen zu können. Zusammen gelingt es ihnen auch leichter, einen Platz auf dem Auswandererschiff zu finden, was ihnen alleine wohl auch bedeutend schwerer gefallen wäre. An Bord lernt Emma das erste Mal in ihrem Leben Jüdinnen kennen, die meisten aus Polen. Juden kannte sie bislang nur aus antisemitischen Äußerungen ihres Onkels.
Der Autor schafft es hier in unaufdringlicher Form, die Oberflächlichkeit der typischen Vorbehalte und Vorverurteilungen am Beispiel von Emma und ihrer neuen jüdischen Freundin klar zu machen. Emma beschreibt er zudem als kritisches und offenes Mädchen, so dass die Freundschaft über die Grenzen der Vorurteile hinweg auch einfach glaubhaft wird.
Emma verliert ihre neue Freundin ebenso wie August aus den Augen, als sie endlich den Boden der Stadt New York erreicht und sucht ihren Onkel auf, von dem sie nicht viel weiß. Der aber gehört zum Strandgut der Emigranten. Ein Unglück ließ ihn zerbrechen und er wurde zum haltlosen Alkoholiker, der sogar seiner Nichte die wenigen Dollar, die sie besitzt, fortnimmt. In der darauf folgenden Auseinandersetzung stürzt er volltrunken gegen den Ofen und stirbt. Emma flieht panisch und landet in der Gosse. Das Leben in einer Ruine erträgt sie aber nicht und versucht erfolgreich einen Job in einer Nähfabrik zu erlangen.
Dort herrschen frühkapitalistische Verhältnisse: unglaubliche Arbeitszeiten, Vorschriften, Strafen und ebenso unglaublich geringe Bezahlung. Aber der Arbeitgeber weiß, dass seine Jobs sehr begehrt sind, besonders bei den frisch aus Europa importierten Mädchen.
Emma lernt die russische Emigrantin Clara Lemlich kennen, die versucht, die Mädchen gegen diese Ausbeutung zu mobilisieren. Mit unglaublicher Beharrlichkeit gelingt es ihr schließlich, einen Großteil der Mädchen zu einem Generalstreik aufzurufen. Auch Emma trägt dazu bei und gemeinsam erreichen sie einen großen Schritt in der Richtung einer gerechteren Bezahlung und besserer Arbeitsbedingungen.
Bald stellen die Nähmanufakturen die Mädchen wieder ein, sie erfüllen nur widerwillig die mit der Gewerkschaft ausgehandelten Bedingungen. Da Emmas Unternehmen aber die Notausgänge im 9. Stock ihrer Fabrik verschließt, weil es Angst hat, dass die Mädchen klauen, wird ein Brand im Stockwerk darunter zur Katastrophe: Viele der Mädchen verbrennen, stürzen sich aus den Fenstern.
Dennoch gibt es für Emma ein Happy-End.

Thomas Jeier schreibt hier ganz in der Tradition des Upton Sinclair. Aber besser: Sinclair war der Agitator, seine Helden sind holzschnittartig reduziert, im Vordergrund stand die Aufklärung über das gewissenlose Handeln des Kapitals. Jeier beschreibt Menschen, die leben, die handeln, die auch die Drahtzieher der Ausbeutung gar nicht kennen, sie hören nur von ihnen, und Jeier gibt das Gehörte auch nur als Gerücht weiter. Wichtig sind ihm die Alltäglichkeiten im Leben der jungen Arbeiterinnen und derjenigen, die es nicht schaffen, in der Welt der Arbeit Fuß zu fassen. Und er beschreibt zwei außergewöhnlich aktive und prinzipienfeste Frauen, die historische Clara Lemlich und seine Heldin Emma, die nur mit ihrer Durchsetzungsfähigkeit es schaffen, die Arbeitsbedingungen nachhaltig zu verbessern.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von cjh.
Veröffentlicht am 01.01.2010

Weitere Rezensionen zu Büchern von Jeier, Thomas

Jeier, Thomas

Bogey fängt die Fahrradräuber

Weiterlesen
Jeier, Thomas

Bogey jagt den Tortendieb

Weiterlesen
Jeier, Thomas

Bogey fängt die Fahrradräuber

Weiterlesen
Jeier, Thomas

Bogey jagt den Tortendieb

Weiterlesen
Jeier, Thomas

Die Sehnsucht der Cheyenne

Weiterlesen
Jeier, Thomas

Emmas Weg in die Freiheit

Weiterlesen