Ein Knoten im Rüssel

Autor*in
Hula, Kai Aline
ISBN
978-3-85197-806-3
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Worms, Ina
Seitenanzahl
71
Verlag
Obelisk
Gattung
Ort
Innsbruck
Jahr
2015
Lesealter
4-5 Jahre6-7 Jahre8-9 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Klassenlektüre
Preis
11,95 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Anton erzählt von seiner Familie mit seinem Hamster Thor, seinem Vater, der sich eine dicke Erkältung holt, und seiner Mutter, die Kinderbücher schreibt. Sie versucht aus ihrem plötzlichen Einfall von einem Löwen, der bei einem Stachelschwein zum Geburtstag eingeladen ist, ein neues Buch zu machen, lässt dabei aber die Tiere in immer größere Schwierigkeiten kommen, so dass die Geschichte einfach nicht zum Ende kommt, bis Anton sich in das Buch hineinschreiben lässt und alles zum Guten wendet.

Beurteilungstext

Der Leser begleitet Anton durch seinen normalen Familienalltag: Die Geschichte beginnt beim Sonntagsfrühstück, das Anton allein einnimmt, denn seine Mutter hat eine Idee für ein neues Kinderbuch. Anton spielt mit seinem Hamster Thor und malt ein Bild zu dem neuen Buch seiner Mutter. Sie essen Spaghetti nach einem Regenspaziergang, spielen einige Gesellschaftsspiele, bis der Vater mit einer kräftigen Erkältung nach Hause kommt und sich ins Bett legen muss. An einem anderen Tag gehen alle gemeinsam in den Zoo.
Dieser Familienalltag bildet aber nur den Hintergrund für die eigentliche Geschichte, nämlich wie ein Kinderbuch entsteht. Die Mutter bezieht Anton von der ersten Idee an in den Entstehungsprozess ein und fragt ihn immer wieder um Rat. Anton setzt sich aktiv mit den Ideen seiner Mutter auseinander und erlebt mit ihr alle Höhen und Tiefen des Schaffensprozesses. So muss er auch in Kauf nehmen, dass seine Mutter ihn anschreit, weil sie einfach mit ihrem Buch nicht weiter kommt.
So wird aus der Idee, dass ein Löwe zum Geburtstag bei einem Stachelschwein eingeladen ist, ein komplexes Problem, denn der Löwe tritt sich einen Stachel in die Pfote. Die Mutter erfindet ein Buschbaby, das dem Löwen helfen könnte, aber es sitzt auf einem Baum fest. Auch ein Elefant, der das Buschbaby vom Baum holen könnte, kann nichts ausrichten, weil er einen Knoten im Rüssel hat.
Angesichts der immer neuen Probleme, die seine Mutter erfindet, fordert Anton sie auf: "Du könntest ihm den Knoten doch einfach wegschreiben!" (Seite 18). Aber die Mutter antwortet nur: "Das will ich aber nicht. […] Ich habe ihn übermütig erfunden und so soll er auch bleiben." - An diesem Beispiel wird deutlich, dass hinter jedem Buch ein Autor steht mit bestimmten Vorstellungen, Ideen, Zielen, und dass er sich selber bisweilen Probleme schafft, die er irgendwie lösen ("wegschreiben") muss.
Weil Anton der Erzähler ist, also kindgerecht spricht und denkt und damit auch durchaus naive Lösungsvorschläge unterbreitet, wird die Komplexität des Schreibprozesses eines Buchs selbst für Kinder erlebbar. Sie verstehen, dass die Figuren nur erfunden, aber vom Autor so gewollt sind, wie sie im Buch stehen, dass Schreiben ein langer, kräftezehrender Prozess ist, bei dem man sich bisweilen die Haare raufen kann, und dass es bisweilen kleine Dinge des Alltags sind, die die Handlung beeinflussen. (Als Anton mit einem gestreiften Schlafanzug neben seiner Mutter liegt, kommt ihr die Idee, ein Zebra in die Geschichte hinein zu nehmen, was aber auch nicht zum Ziel führt, weil es wasserscheu ist, aber einen Fluss überqueren muss um helfen zu können.)
Schließlich fordert Anton seine Mutter auf, ihn in das Buch hinein zu schreiben, damit er dem Zebra eine Brücke bauen kann und allen endlich geholfen wird. Die Mutter ist von der Idee begeistert, findet aber schnell wieder neue Hindernisse: Anton könnte sich in Afrika einen furchtbaren Hitzeausschlag holen. Und wie wolle er überhaupt dorthin kommen? "Das machen wir schon irgendwie. […] In Büchern kann man ja schreiben, was man will." (Seite 68). Diese Schlussworte geben der Geschichte nicht nur ein versöhnliches, kindgerechtes Ende, sondern unterbinden auch das Erfinden von Problemen, das so typisch für viele Erwachsene ist.
Wie Anton in Afrika hilft und die Tiere schließlich alle Hindernisse aus dem Weg räumen, erzählt eine doppelseitige Zeichnung am Ende des Buchs, kein Text. Dieses Ende zeigt deutlich die Vielschichtigkeit des kleinen Werks: Ein Bild übernimmt das Schlusswort, weil die Sprache zu viele Probleme produziert hat.
Dieses Buch richtet sich an Erwachsene genauso wie an Kinder. Die Erwachsenen werden ihren Focus auf den Schreibprozess legen; Kinder eher auf die Tiere und ihre Probleme, die Familie und auf Anton, der schließlich die Lösung herbeiführt. Die zahlreichen farbigen Zeichnungen veranschaulichen die Geschichte und helfen jungen Rezipienten, die noch nicht selber lesen können, beim Verständnis. Auf Grund des großen Drucks und der kindgerechten Sprache ist das Buch auch für Erstleser geeignet.
Ein kleines Buch mit großem Tiefgang!

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Diese Rezension wurde verfasst von Anmq.
Veröffentlicht am 01.10.2015