Ein Haus am Meer
- Autor*in
- Janisch, Heinz
- ISBN
- 978-3-7026-5772-7
- Übersetzer*in
- –
- Ori. Sprache
- –
- Illustrator*in
- Bansch, Helga
- Seitenanzahl
- 28
- Verlag
- Jungbrunnen
- Gattung
- BilderbuchMärchen/Fabel/SageSachliteratur
- Ort
- Wien
- Jahr
- 2006
- Preis
- 13,90 €
- Bewertung
Schlagwörter
Teaser
Die Schnecke würde gern ans Meer reisen, doch wie lange würde so etwas dauern? Da kommt ihr der Riese gerade recht, der nichts Besseres zu tun hat und sie in Windeseile zur Küste bringt. Und weil es ihm selbst so gut gefällt, bezieht er einen Leuchtturm und beide sonnen sich am Strand.
Beurteilungstext
Heinz Janisch steht für die Entdeckung eines ruhigen Erzählflusses, einen beruhigten Lebensrhythmus, der schon Bücher von ihm wie die “Fliegenden Inseln” oder die Kindergedichte “Heute will ich langsam sein” auszeichnete. Da passt eine Schnecke wunderbar ins Bild, die geduldig bereit wäre, auch eine lange Reise bis zu ihrem Ziel zu ertragen. Dass der Riese hier die Zeitspanne so verkürzt, widerspricht dem nicht, denn die Schnecke muss sich keinen Deut schneller bewegen, sie bleibt sich treu. Und auch der Riese nimmt sich die Zeit, erst seine schalldämmenden Socken fertig zu stricken, bevor er aufbricht. Und die erste Handlung am Meer ist stumme, achtungsvolle Betrachtung, dann später gemütliches Sonnenbad - für Hektik und aufgeregten Aktivismus ist da kein Platz.
Auch die doppelseitigen Zeichnungen haben sicher ihre Zeit gebraucht: Alte Landkarten, “zuhause” von der Region Wien, später am Meer von der italienischen Küste, sind überspachtelt, bemalt und bezeichnet, farbstark und in raffinierter Verteilung von flächiger Farbwirkung und detaillierter Verspieltheit. Große mimische Ausdruckskraft der Figuren, oftmals karikaturistisch überhöht, wechselt mit monochromer Graubeige-Zeichnung des Riesen, ein Hinweis auf dessen Fabelexistenz. Immer laden die Bilder nach einem scheinbar klaren Ersteindruck zum vertieften Suchen ein, es finden sich Gags wie Schnecken-BHs, zankende Kommunionkinder, Autounfälle und sich übergebende Riesenradfahrer genau so wie alte Autographen von Kartenvorbesitzern (7. Ulanenregiment/3. Eskorte) oder Rapunzels Haarpracht aus dem Turm. Das macht einfach Spaß, hält die Aufmerksamkeit und belohnt den aufmerksamen Sucher wie die “Eastereggs” moderner Medien. Überraschende Perspektiven, den gewaltigen Proportionen eines Riesen angemessen im Blick von oder nach oben wechseln mit raschen Ausschnittwechseln von Totale zu Detail und amüsieren durch ihre eine der beiden “Personen” stets benachteiligende “Unangebrachtheit”.
Das Motiv der gemächlichen Ruhe in Verbindung mit der erstaunlichen Freundschaft zweier so unterschiedlicher Wesen - das erstaunt zunächst, wird aber rasch als das Wunschmotto unserer Zeit erkennbar: Weg von der getakteten Welt und hin zu einer Welt friedlicher Koexistenz. Ach, wenn es doch so einfach wäre!