Ein Eisbär ist kein Pinguin - Das große James-Krüss-Buch

Autor*in
(Hrsg.), Raecke
ISBN
978-3-414-82020-4
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Ballhaus, Verena
Seitenanzahl
176
Verlag
Gattung
Ort
Erlangen
Jahr
2007
Lesealter
6-7 Jahre8-9 Jahre10-11 Jahre12-13 Jahre14-15 Jahre16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
19,90 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Eine Sammlung von Gedichten und Geschichten des deutschen Autors für Kinder und Erwachsene, ergänzt durch mehr als 100 farbige Illustrationen.

Beurteilungstext

James Krüss, 1926 auf Helgoland geboren und 1997 auf Gran Canaria gestorben, war nicht nur einer der einfallsreichsten deutschen Kinderbuchschriftsteller, er hatte weltweiten Erfolg mit Übersetzungen in fast sämtliche Sprachen mit einer für seine Schaffenszeit ungewöhnlichen Art von Literatur. Seine Bilderbücher, Gedichte und Geschichten nehmen Kinder ernst und gestehen ihnen gleichzeitig das Recht zu absichtslosem Unsinn und respektlosem Umgang mit Erwachsenen zu. In dieser Ausrichtung findet Krüss Ähnlichkeiten zu Kollegen wie Kästner oder Lindgren, in deren Klasse er auch mühelos mitspielt.
Die Zeit, in der James Krüss seine Bücher veröffentlichte, reicht von Anfang der 1950er bis Mitte der 1980er Jahre, mithin dürfen seine Bücher als Klassiker gelten. Da heutige Kinder und Jugendliche also nur bei gezielter Suche seine Werke finden würden, ist ein “Hausbuch”, eine Sammlung “quer durch den Garten” Krüss’scher Literatur sehr sinnvoll, um Bekanntschaft zu vermitteln und möglichst Appetit zu wecken.
Das geht bei der vorliegenden Sammlung auch völlig mühelos. Wer sich nicht ständig bewusst macht, wann die hier zusammengestellten Werke entstanden, würde nie ein Alter von manchmal mehr als 50 Jahren vermuten, so frisch, unverbraucht und lebendig kommen Poesie und Prosa herüber. Dabei beeindrucken immer wieder die Virtuosität seiner Sprachkunst und der nur als genial zu bezeichnende Witz von Wortspielen und Assoziationen. Immer wieder spielt Krüss auch mit den Mühen seiner eigenen schriftstellerischen Tätigkeit, ohne dass man jemals etwas von solcher Mühe spüren würde.
Mit fortschreitender Lektüre wird aber auch immer klarer, dass es James Krüss nicht nur um schöne Geschichten und witzig-ironische Gedichte ging. Zwar dezent verpackt, aber dennoch erkennbar Herzensangelegenheit waren ihm zwischenmenschliche Werte und Gefühle, immer wieder betont er Dinge wie Liebe, Freundschaft und den Respekt vor dem Andersartigen und Fremden, sicher zum Teil bedingt durch seine eigenen Erfahrungen.
Und einen ganz besonderen Höhepunkt bildet sicher seine unter hart- und weichgekochten Eiern spielende Parabel auf Faschismus, Fremdenhass und Nationalsozialismus. So absonderlich die Konstellation klingt, so wirkungsstark und treffend ist die Konstruktion eines Gemeinwesens, in dem Neid und Eifersucht zu Rassenhass und Massenmobilisierung führen - mit einem Lösungsvorschlag, der sicher utopisch, aber dennoch verblüffend ist.
Beide Teile des Buches, Texte und Bilder, vereinen ein Prinzip, das förmlich nach Verwirklichung eines Lebensentwurfes ruft. Beiden kann man mit bösem Willen vorwerfen, “kindisch” zu sein - und in beiden Fällen ginge der Vorwurf an der Realität vorbei. Zwar wählen Autor und Illustratorin häufig Blickwinkel, Denkweise, Gestaltungsform und Verständnisebene von Kindern, doch darf und muss man solches als Erhalt der positivsten Eigenschaften ansehen: “Kindlich” ja, “kindisch” niemals. Und solche Kindlichkeit eines reinen Herzens und eines unverbogenen Verstandes, das täte jedem Kind und jedem Erwachsenen gut. Danke, James Krüss!

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Diese Rezension wurde verfasst von bh.
Veröffentlicht am 01.01.2010