Drölf - Eine Sch(l)afgeschichte

Autor*in
Hesse, LenaWinterberg, Philipp
ISBN
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Hesse, Lena
Seitenanzahl
32
Verlag
Jungbrunnen
Gattung
BilderbuchSachliteratur
Ort
Wien
Jahr
2014
Lesealter
4-5 Jahre6-7 Jahre8-9 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
14,95 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Schlafschaf 101 hat ein Problem: da alle Menschen beim abendlichen Schäfchenzählen spätestens beim hundertsten Schaf einschlafen, wurde es noch nie gezählt. Denn die Schaf-Nummerierung liegt fest und so wird das Schaf jeden Tag ein bisschen trauriger. Erst als sich einer kleiner Junge verzählt und er das Schaf ""drölf"" aufruft, wird der starre Schaf-Alltag gehörig auf den Kopf gestellt. Plötzlich darf jeder eine andere Schafnummer tragen und das nächtliche Zählen wird zu einem wahren Fest.

Beurteilungstext

""Es war einmal ein ganz normales Schlafschaf."" Mit diesen Worten wird der Buchbetrachter in das geordnete Leben von Schlafschafen eingeführt, die am Rande der Milchstraße eben ein normales Schlafschaf-Leben führen: tagsüber wird geputzt, Planeten werden angeschubst oder der Mond auf seine nächtliche Arbeit vorbereitet. Abends stellen sich dann alle der Reihe nach auf und warten darauf, von den Menschen gezählt zu werden. Jedes Schaf trägt dabei eine Nummer, so dass auch jeder weiß, wann es an der Reihe ist. Auf den ersten Blick scheinen alle damit zufrieden sein. Alle - außer Schlafschaf 101.
Großflächig auf Doppelseiten illustriert, sprechen die liebevoll gezeichneten, etwas cartoonhaft wirkenden Schafe die kindlichen Buchbetrachter schnell an. Eine weiche Linienführung, warme Farben und witzige Details erleichtern den Zugang zu den Figuren und geben ihnen Charakter und Tiefgang. So gibt es das strenge Schaf 1, das stets das erste in der Zählung sein muss. Schaf 2 scheint da schon entspannter zu sein, wirkt aber abgekämpft, als bräuchte es dringend Urlaub - unvorstellbar in der Schaf-Zähl-Ordnung. Dabei weiß der Leser noch nicht, dass Schaf 9 nur zu gerne einmal kopfüber aus der Reihe tanzen würde, um als 6. gezählt zu werden. Schaf 100 beschäftigt sich derweil mit Purzelbäumen und Rätselraten im Gras, da es ehe nur selten zum Einsatz kommt.
Das einzige Schaf mit schwarzem Fell fällt hierbei schnell auf. Es scheint nämlich gar nicht so normal zu sein, wie eingangs beschrieben. Geeignete Bild- und Textmittel setzen diese Botschaft treffend um. Es zeigt sich stets der Schaf-Gruppe abgewandt, etwas einsam und ausgegrenzt. Aber nicht aufgrund seines schwarzen Fells ist es anders als die anderen. Die Farbwahl dient, wie es bekanntermaßen bei einem typischen ""schwarzen Schaf"" auch erwartet wird, zur Untermalung seiner Sonderstellung. Der Text findet hier klare, verständliche Worte: es ist anders, weil es das einzige Schaf ist, was mit der Schaf-Zähl-Ordnung nicht einverstanden ist und dies auch bald kundtut. Beim Leser entsteht die Hoffnung, dass einzig dieses schwarze Schaf etwas an der scheinbar ausweglosen Situation ändern könnte.
Stück für Stück rückt der Auslöser für eine baldige Veränderung in die Bildmitte: ein kleiner Junge, der nicht einschlafen kann. Als ständen sie sich zunächst gegenüber, trifft er zu Beginn der zweiten Buchhälfte mit dem Schaf 101 aufeinander. Dann, als müsse die Künstlerin seine ausschlaggebende Wirkung nochmals betonen, schenkt sie dem kleinen Jungen eine ganze Buchseite. Mit großem, müde gähnendem, aufgerissenem Mund zählt er ""… drölf…, drelfzig…, hundert…, ach nein Hunderteins"" und leitet damit einen ebenso kraftvollen Wandel in der Erzählung ein. Denn nun ändert sich plötzlich alles. Zum ersten Mal darf nun auch das Schaf 101 über den Zaun springen und ist, zur Freude des Buchbetrachters, vollkommen glücklich darüber. Gestärkt von dieser Wohltat findet es wie erwartet auch die Lösung des Abzähl-Problems: wenn sich alle Schafe eine neue Fellnummer stricken, kann schließlich die starre Zähl-Ordnung abgelöst werden.
Nun sprechen die Bilder für sich. Einzelne Wortbausteine genügen, um ihre Wirkung zu untermalen. Von den ersten Entwürfen in der Schneiderei, über die Anprobe beim Designer bis hin zu den fertigen Fotoaufnahmen wird dem Buchbetrachter genügend Freiraum gelassen, ausgelöst durch die detaillierten Nebenszenen, weitere kleine Geschichten zu erfinden. Ein Spaß, der sicher viele begeistern kann.
Dann kehrt plötzlich wieder Ruhe ein. Ein kurzer Moment der Spannung entsteht. Das schwarze Schaf trägt einen roten Pullover mit einer 1 darauf und fällt zwischen den anderen Schafen, ebenfalls mit neuen Nummern versehen, gar nicht mehr auf. ""In der nächsten Nacht war dann alles anders"", kündigt auch der Text den Wandel im Geschehen an. Bild und Text wirken wieder harmonisch zusammen und ergänzen sich treffend. Nüchtern beschreibende Sätze treffen abermals auf witzig pointierte Zeichnungen und sorgen weiterhin für reichlich Spaß beim Lesen, Vorlesen und Zuhören.
Schließlich greift die Künstlerin das eingangs beschriebene Bildmotiv der Ausgrenzung zwischen dem schwarzen Schaf und seiner Herde wieder auf und verändert es aber hin zu einem guten Ende. So schläft es nun nicht mehr einsam, von den anderen Schafen abgegrenzt. Sondern es liegt glücklich und zufrieden bei seiner Schafherde. Der sehr optimistische und kämpferische Leser vermag ihm vielleicht sogar eine führende Rolle zuzusprechen.
Das liebevoll gestaltete Vorlesebuch lädt nicht nur zum allabendlichen Schäfchenzählen ein, sondern versprüht durch viel Witz und Charme Spaß am gemeinsamen Schmökern, Erzählen, Zuhören und Weiterspinnen für Groß und Klein. Ein gefühlvolles Einschlafbuch, das Freude bereitet.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von SI.
Veröffentlicht am 01.01.2010

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