Drei Zeichen sind ein Wort

Autor*in
Lewin, Waldtraut
ISBN
978-3-570-13078-0
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Seitenanzahl
414
Verlag
Gattung
Ort
München
Jahr
2007
Lesealter
14-15 Jahre16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
14,95 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Im Mittelpunkt ihrer neuen dreiteiligen Saga steht Leonie Lasker aus Berlin. Leonie ist 16 Jahre alt und lebt nach dem Tod der Mutter mit ihrem Vater, der als Gourmet-Koch in Zeiten der Inflation keine Arbeit finden kann in Armut. Sie liebt das Theater, besucht die Berliner Bühnen, kennt die Stücke und auch die Schauspieler. Was zunächst als ein ‚Mädchenroman' beginnt, entpuppt sich nach und nach als eine ungeheuer spannende Geschichte, die im Berlin des Jahres 1923 beginnt.

Beurteilungstext

Leonie wird unerwartet von ihren Verwandten nach Südfrankreich eingeladen. Der Vater sträubt sich zunächst, die Fahrt zu erlauben. Er ahnt, dass Leonie in Südfrankreich nicht nur ihre wohlhabenden Verwandten kennenlernt, sondern Familiengeheimnisse erfährt, dier er lange verborgen gehalten hatte. Leonie wird bei ihren Verwandten mit der Tatsache konfrontiert, dass sie Jüdin sei, und das Judentum retten muss. Ihre Großtante Isabelle wird von Träumen geplagt, in denen sie die Ermordung der Juden sieht. Isabelle, mit der Kabbala vertraut, möchte mit Hilfe der drei goldenen Buchstaben, die gemeinsam das hebräische Wort „Emeth“, also Wahrheit, bilden und die seit Jahrhunderten im Besitz der Familie Lasker sind, den Golem erschaffen. Doch die Zeichen sind in Europa verstreut, die Familie zerstritten und so muss sich Leonie auf die Suche machen. Leonie zweifelt zunächst an der Geschichte Isabelles, möchte nicht eine Jüdin sein und lernt erst nach und nach, wie wichtig die ihr zugedachte Aufgabe sei und auch, was es heißt, als Jüdin zu leben.
Der erste Buchstabe, das „Taw“, befindet sich in Berlin. Leonie kehrt zurück, stellt ihrem Vater Fragen und muss herausfinden, dass dieser das Judentum nicht nur ablehnt, sondern sogar bekämpft. Er ist Mitglied des ‚Stahlhelm. Bund der Frontsoldaten' ist. Obwohl ihre Fragen einen Streit zwischen Vater und Tochter heraufbeschwören, gibt Leonie die Suche nicht auf. Sie findet heraus, dass sie Verwandte in Berlin hat und so sucht sie das Scheunenviertel, also jenes Berliner Viertel, in dem die jüdische Bevölkerung lebt, auf. Der Konflikt innerhalb der Familie ist groß: Leonies Großvater ist zum Christentum konvertiert, hat seinen Zwillingsbruder verleugnet. Daher muss Leonie zunächst anonym den Kontakt zu der neu entdeckten Familie Laskarow, die ein Theater betreibt, aufnehmen. Sie nimmt die Stelle einer Haushaltsgehilfin an, macht sich nach und nach unentbehrlich. Sie lernt einige jüdische Bräuche kennen, steht schließlich selber auf der Bühne und verliebt sich in Schlomo, den Sohn der Laskarows. Gemeinsam finden sie das Zeichen, doch die Übergriffe gegen die jüdische Bevölkerung nehmen zu. Das Theater der Laskarows wird zerstört, Schlomo auf offener Straße ermordet und Leonie flüchtet mit dem Zeichen „Taw“ nach Südfrankreich zu Isabelle.
Waldtraut Lewin ist eine wunderbare Erzählerin. Ihre Romane, oft als Trilogien konzipiert, begeistern die Leser. Mit historischer Sachkenntnis porträtiert Lewin die Familie Lasker und gibt den (jugendlichen) Leser Einblicke in die jüdische Kultur vor 1933. Allein dies ist schon ein Grund, den Roman zu lesen. Lewin entwirft ein Bild des jiddischen Lebens im Berliner Scheunenviertel, das nach 1933 vollständig zerstört wurde und heute nur wenigen bekannt ist. Ihr Roman weckt das Interesse, sich mit dem jiddischen Theater, mit der jiddischen Sprache und mit dem Alltagsleben der Juden vor 1933 auseinanderzusetzen. Zugleich zeigt Lewin, dass der Antisemitismus nicht 1933 unvermittelt über Deutschland hereinbrach, sondern auf eine längere, traurige Traditin blickte. Auch wenn der erste Teil auch eine Liebesgeschichte ist und in erster Linie an ein weibliches Publikum gerichtet ist, ist es ein Roman, der in Projektwochen in Schulen eigesetzt werden könnte. Vielleicht deuten die drei großen deutschsprachigen Kinder- und Jugendbuchschriftstellerinnen Kirsten Boie, Mirjam Pressler und Waldtraut Lewin auch einen neuen Trend der aktuellen Kinder- und Jugendliteratur an: Alle drei wenden sich dem jüdischen Alltagsleben vor 1933 zu. Während Boie mit ihrem großartigen Roman “Alhambra” ins 15. Jahrhundert wechselt, Mirjam Pressler mit “Golem stiller Bruder” ebenfalls die Golem-Legende aufnimmt, jedoch ihren Text in Prag um 1600 ansiedeln lässt, wählt Lewin die 1920er Jahre. Alle drei Romane beschreiben die jüdische Alltagskultur und eignen sich hervorragend, das Judentum in früheren Jahrzehnten zu beleuchten und damit eine Wissenlücke der heutigen Schüler und Schülerinnen zu schließen.
Der erste Teil der Lasker-Saga ist fesselnd und spannend und nach dem Ende des ersten Teil wartet man sehr ungeduldig auf die Fortsetzungen. Sehr empfehlenswert!! Übrigens auch für Erwachsene, die gerne in die 1920er Jahre entführt werden möchten!!!

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Diese Rezension wurde verfasst von jm.
Veröffentlicht am 01.01.2010

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