Dieser Sommer mit Jente

Autor*in
Koens, Enne
ISBN
978-3-8369-6126-4
Übersetzer*in
Kluitmann, Andrea
Ori. Sprache
Niederländisch
Illustrator*in
Seitenanzahl
181
Verlag
Gerstenberg
Gattung
Buch (gebunden)Erzählung/Roman
Ort
Hildesheim
Jahr
2023
Lesealter
12-13 Jahre10-11 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
BüchereiFreizeitlektüreKlassenlektüre
Preis
15,00 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Maries Eltern ziehen in ein Neubauviertel - weit weg von ihrer besten Freundin. Doch sie lernt schnell ein neues Mädchen kennen. Wird sie auch ihre beste Freundin? Geht das überhaupt? Warum verrät sie dann gemeinsame geheime Dinge? Und warum treibt sie Marie zu immer heftigeren Mutproben? Was ist mit Jente los und kann ihre Freundschaft so bestehen?

Beurteilungstext

Es ist immer schwierig, wenn man im Alter von etwa zehn Jahren oder älter umziehen muss. Freundschaften haben sich gefestigt, das Beziehungsgeflecht in Schule oder Freizeit ist gewachsen und jetzt muss man plötzlich - nur weil die Eltern es aus irgendwelchen Gründen so wollen oder müssen - in ein neues Zuhause ziehen.
Die knapp elfjährige Marie erlebt das. Sie wird von ihrer besten Freundin getrennt und muss neue Bekanntschaften oder gar Freundschaften schließen, ehe im Herbst die Schule beginnt - weit weg von dem bisherigen Zuhause. Alles Vertraute scheint zu zerbrechen.
Sie trauert um den Verlust ihrer bisherigen besten Freundin. Doch dann bricht mit lautem Lärmen ein neues Mädchen in ihre Gegenwart: Jente.
Sie ist wild, phantasievoll, kreativ und erinnert anfangs an Pippi Langstrumpf, wenn sie viel zu viel Schokoladenstreusel auf ihr Butterbrot streut. Maries Tage sind ausgefüllt mit wilden Abenteuern, der Suche nach einer Moorleiche und gemeinsamen Abhängen in irgendeiner Kuhle in der Natur, wo sie Comics lesen, Süßigkeiten essen und vom vielen Lachen in die Hose machen.
Doch dann kippt die fröhliche Gegenwart. Maries bisherige Freundin kommt für wenige Tage, wird mit Jente konfrontiert und Jente verrät aus irgendeinem Grund, der nicht erklärt werden kann, ihre gemeinsame und geheime Kuhle in der Natur. Außerdem zieht sie jetzt mit gleichaltrigen Jungs - was sie vorher abgelehnt hat - durch die Gegend, erklärt Marie den Altersunterschied - sie ist fast 13 Jahre alt - sagt, dass sie die Klasse wiederholen muss, aber sagt nicht, dass sie von einer anderen Schule rausgeworfen worden ist.
Marie und Jente entfernen sich gefühlt, distanzieren sich, doch sie können nicht voneinander loslassen. Jente verlangt immer extremere Mutproben von Marie, um Freundschaft von ihr einzufordern oder sie herauszufordern. Doch irgendwann sagt Marie: Nein.
Enne Koens hat mit ihrem neuen Roman eine Gefühlsebene getroffen, mit der Kinder oder Jugendliche immer wieder konfrontiert werden: Kann eine Freundschaft für immer halten und was kann sie aushalten?
Mit ihrem Kinderroman "Ich bin Vincent und ich habe keine Angst" war sie für den Deutschen Jugendliteraturpreis 2020 nominiert. Auch ihr neuer Roman zeigt die gleichen Qualitäten.
In drei großen Kapiteln erzählt sie die Geschichte von Marie und Jente, von dem Sommer, der so vielversprechend begonnen, zwischenzeitlich fast lebensgefährliche Szenen beinhaltet hatte und dann doch zu einem positiven Ende führt. Gedichte, die die Kapitel abgrenzen und zusammenfassen, sind dazwischen geschaltet, was dem Ganzen eine ruhige Dimension verleiht.
Inhaltlich tauchen Fragen auf: Was kann Freundschaft von einer anderen Person verlangen? Wie weit kann Freundschaft gehen ohne in eine Abhängigkeit zu geraten? Welchen Einfluss oder welche Verantwortung haben hier Eltern oder Lehrkräfte, wenn sie überhaupt das Spiel durchschauen können?
Und es bleibt die Frage: Sollen Eltern oder Erziehungsberechtigte dieses Buch nicht gemeinsam mit Kindern/Jugendlichen lesen? Sinnvoll wäre es sicher, da hier existentielle Fragen aufgeworfen werden.
Gerade die Mutprobe - über eine Eisenbahnbrücke zu gehen, die von Zügen befahren wird - am Ende dieses Romans, schreit geradezu nach Verantwortung. Marie löst die Mutprobe, indem sie endlich NEIN sagt. In einem anderen Jugendroman - "Der Hund, der unterwegs zu einem Stern war" von Henning Mankell (DJLP 1993) - muss der Vater seinen Sohn von der Brücke holen. Auch hier war eine Mutprobe angesagt.
Die Autorin hat einen spannenden und verantwortungsvollen Kinderroman geschrieben, der tief in den Gefühlen von Kindern und Jugendlichen wühlt, der die Frage nach Freundschaft, nach Abhängigkeit von anderen und der Suche nach der eigenen Identität nachgeht. Ein großartiger Roman - für Kinder und für Erwachsene.
Andrea Kluitermann hat dieses Buch einfühlsam in die deutsche Sprache übertragen.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von Walter Mirbeth; Landesstelle: Bayern.
Veröffentlicht am 20.03.2023

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