Die Sonne im Gesicht

Autor*in
Ellis, Deborah
ISBN
978-3-570-21214-1
Übersetzer*in
Melach, Anna
Ori. Sprache
Englisch
Illustrator*in
Seitenanzahl
126
Verlag
Bertelsmann
Gattung
Ort
München
Jahr
2003
Lesealter
12-13 Jahre14-15 Jahre16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
6,00 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Die Kanadierin Deborah Ellis beschreibt in “Die Sonne im Gesicht” kenntnisreich und eindrucksvoll den Alltag einer afghanischen Familie über mehrere Wochen in Kabul während der Taliban-Herrschaft. Hauptfigur ist die 11-jährige Parvana, die als junges Mädchen der Familie ihren kriegsverletzten Vater in die Öffentlichkeit begleiten darf und nach dessen Verhaftung als Junge verkleidet den Lebensunterhalt für die Familie verdient.

Beurteilungstext

Die Autorin, Psychotherapeutin und Schriftstellerin, hat eine Zeit lang ehrenamtlich in afghanischen Flüchtlingslagern in Pakistan gearbeitet und auf diese Weise genaue Informationen und persönliche Eindrücke vom Elend besonders der Frauen während der Taliban-Herrschaft gewinnen können und sie anschaulich und beeindruckend in diese Erzählung eingebracht. “Die Sonne im Gesicht” schildert den Alltag einer ehemaligen Intellektuellenfamilie (Mutter ist Journalistin gewesen, der Vater Lehrer), die nach über 20 Jahren Krieg im Land nunmehr in einer Ein-Zimmerwohnung lebt, ohne Elektrizität, Wasser muss im Eimer von der Zapfstelle auf der Straße für einen Tank in der Küche geholt werden. Der bei Kämpfen zwischen Russen und Taliban von einer Bombe verletzte Vater verdient als Briefevorleser bzw. -schreiber auf dem Markt den kärglichen Lebensunterhalt, die Mutter, die ältere Schwester (16-jährig)und die Kleinste (3-jährig) haben seit fast zwei Jahren das Zimmer nicht verlassen, weil sie ohne männliche Begleitung nicht ins Freie dürfen. Der ältere Bruder ist schon vor geraumer Zeit durch eine Landmine getötet worden. Als der Vater nach einer brutalen Durchsuchungsaktion ihres Zimmers von 4 Talibansoldaten mitgenommen wird, schlüpft die 11-jährige Parvana auf Vorschlag einer couragierten Freundin der Mutter in die Rolle eines Jungen, um für den bloßen Lebensunterhalt der Familie zu sorgen. Zunächst übernimmt sie die Funktion des Vaters als Briefevorleserin auf dem Markt, dann gräbt sie auf einem zerbombten Friedhof Knochen aus, die wegen ihrer vielfältigen Verwendbarkeit gut bezahlt werden, und schließlich wird sie eine Bauchladenverkäuferin für Zigaretten und Kaugummi.
Im Rahmen der Schilderung dieses Alltagslebens erfährt der Leser viel über die totale Willkür des Talibanregimes, die kaum nachvollziehbare Unterdrückung der Frauen, über Krankheit, Tod und Zerstörung in einem seit Jahrzehnten umkämpften Land. Man erfährt aber auch etwas von den selbstlosen Unterstützungsaktionen durch Freunde und Bekannte, von hoffnungsvollen Plänen junger Afghanen, wobei diese allerdings nur außerhalb des eigenen Landes gesehen werden.
Die Erzählung endet offen und politisch mit der völligen Alleinherrschaft der Taliban über das ganze Land. Allerdings hat die Autorin bereits einen Nachfolgeband verfasst (“Allein nach Mazar-e Sharif”) , der die neuere politische Entwicklung berücksichtigt, nämlich die ‘Befreiung’ des Landes durch die USA.
Und gerade deshalb ist die Lektüre dieses Buches wie die des Folgebandes für Jugendliche wie Erwachsene so dringend zu empfehlen. Wird auf diese Weise doch deutlich, dass die USA lediglich wegen ihres Antiterrorkampfes eingegriffen haben und in der Nachfolge auch die Ishaf-Truppen einschließlich des Bundeswehrkontingentes kein wirklich politisches Konzept verfolgen. Insofern ist eine eigenständige politische Lösung für Afghanistan vorerst nicht zu erwarten und Deborah Ellis muss - nach einer nicht absehbaren Zeit! - mindestens eine weitere Folgeerzählung verfassen, wenn sie über ein befriedetes und eigenständiges Afghanistan schreiben möchte!

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von ks.
Veröffentlicht am 01.01.2010

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