Die Seiten der Welt

Autor*in
Meyer, Kai
ISBN
978-3-8414-2165-4
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Seitenanzahl
556
Verlag
FJB
Gattung
Ort
Frankfurt M.
Jahr
2014
Lesealter
12-13 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
19,99 €
Bewertung
eingeschränkt empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Die Seiten der Welt sind die Macht der Bibliomantik, d.h. die Magie der Bücher zu nutzen. Furia will ihre Kräfte mit ihrem Seelenbuch wecken. Bevor sie es finden kann, wird ihr Bruder entführt. Furia will ihn retten. Dabei gelangt sie nach Libropolis. Dort findet sie neue Freunde. Mit ihnen kämpft sie gegen die Adamitische Akademie, die das Ende aller Bücher will. Nach Entführung folgen Flucht, Entschreibung, Rebellion gegen eine Diktatur und…

Beurteilungstext

""Wie hoch muss man die wunderbare Macht der Bücher schätzen""?
Furia liebt als Bibliomantin Bücher über alles. Das macht sie jedem Leser sofort sympathisch. Auch das Haus, in dem sie lebt ist bezaubernd: die Diener, ihr ängstlicher Bruder Pip, der sich das Gesicht merkwürdigerweise wie ein Clown bemalt, Sunderland und ihr Vater Tiberius Faerfax ergeben eine geschlossene Gleichung. Furia steht zu ihrer Familie und Heimat und zu ihrer Vergangenheit, wie man bald feststellen muss. Denn Furia verliert bald ihren entführten Bruder, später den Vater - nur ihr Seelenbuch findet sie. Die Adamitische Akademie stellt sich ihr in den Weg. Für ihr Ziel muss Furia plötzlich Gewohntes hinter sich lassen und opfern.
Auf der anderen Seite steht die nun in ihrem Leben stärker werdende magische Bücherwelt, regiert von der Akademie, die ihre Kräfte und Macht aus Büchern zieht. Schnell findet Furia hier ihren Platz, indem sie sich mit Cat und Finnian in Libropolis anfreundet. Der Rebell Finnian bekommt während der Geschichte vom abweisenden Charakter beginnend mehr wärmere Fassetten. Cat, die Diebin im Exil, steht von Beginn an als Kämpfernatur mit beiden Beinen im Leben.
Die Bücherstadt Libropolis wird gut ausgeschmückt. Sie bleibt damit keine austauschbare Kulisse für die Hauptakteure, wie in manch anderen phantastischen Geschichten. Libropolis war ""ein gescheitertes Experiment: mehr Bücher, als irgendjemand besitzen wollte; mehr Geschäfte als Käufer, die über die Brücke kamen; und mehr Absicherung durch die Akademie, als wirtschaftlich sinnvoll war. Libropolis war ein Denkmal, kein Geschäftsmodell, und es war ein Wunder, dass so viele Bibliomanten das guthießen.""
Leider bleiben die Charaktere etwas steif hinter den Ansprüchen zurück. Ihr Handeln ist zum Teil nicht nachvollziehbar und entwickelt sich im Lauf der Geschichte kaum weiter. Die informationsgeladenen Monologe mancher Figuren wären als Dialog lesbarer gewesen. Sie ziehen die Abschnitte in die Länge. Die Handlung wird so an den unmöglichsten Stellen ausgebremst, da sie viele für die Geschichte unnötige Informationen enthalten. Dagegen unterbleiben an wichtigen Stellen und am Ende die notwendigen Erklärungen. Mitunter kommt es zu unlogischen bis zu unmöglichen Wendungen - auch für eine Fantasiegeschichte.
Neben Libropolis warten auf den Leser aber auch weitere geniale Ideen wie Ypsilonzett, das Spalten der Seitenherzen oder der Wald der toten Bücher. Leider bleubt es bei Episoden, die ausgebaut hätten werden können. Darüber hinaus finden sich Gedanken anderer Bücher (Harry Potter / Tintenherz / Bookless) wieder, was aber nicht überraschen muss. Leider geht der eigentliche Charakter der Bücher in der Geschichte irgendwann unter. Sie werden kaum gelesen, sondern dienen als Transportmittel oder Waffe.
Eine Überraschung in dem Buch ist die Häufigkeit der oft unnötigen (physischen) Brutalität, die sich durch die ganze Geschichte zieht und zum Schluss steigt, obwohl es sich um eine Welt voller Magie handelt. Der gewaltsame Tod kommt auf vielen Wegen. Magie ist nur selten der Grund. Mitunter werden Hauptfiguren einfach von Dächern geschubst, geköpft, erschossen, aufgeschlitzt oder von Bomben zerfetzt. Ein tieferer Grund dafür ergibt sich nicht.
Die Zeit spielt in dem Buch eine wesentliche Rolle. Ihr Freund aus der Vergangenheit, mit dem sie sich seit einiger Zeit täglich in einem Heft austauscht, entpuppt sich als Kopf und Gründer der Verschwörer, die die besonderen Bücher verschwinden lassen wollen, die Furia und ihre Familie über Generationen horten. Das Haus ihrer Ahnen befindet sich auf meilenweiten und bisher ungezählten Gängen von vollen Bücherwänden, in denen die Bücher bereits ihr Eigenleben entwickelt haben.
Meyer gelingt es mit dem Buch eine kindliche Welt zu öffnen. Er springt von der gewohnten Fantasiegeschichte für die älteren Leser in die Welt der Zehnjährigen. Ihre oft laut gedachten Gedanken und Probleme kreisen zwischen dem roten Faden der Geschichte. Das mag für den älteren Meyer-Leser befremdlich und mitunter naiv wirken, nicht jedoch für Lesen in dem Alter. Sie müssen sich beim Lesen nicht mit Gedanken und Worten der Erwachsenen herumschlagen.
Der mitunter nicht besonders poetische Schreibstil knüpft an den sicher gewünschten jugendlicheren Schreibton an, wenn Meyer Worte wie ""oberschenkeldicke Baumstämme"" oder Furia ""versuchte zu schlucken, aber in ihrem Mund musste sich erst wieder Speichel bilden"" seinen Rollen in den Mund legte. Der Schreibstil von Meyer bleibt flüssig, wenn auch nicht immer schlüssig, sodass sich das Buch sehr gut lesen lässt. Seit wann müssen fantastischen Geschichten all ihre Geheimnisse verraten?
Rote Fäden werden zwar viele ausgelegt, aber oft nicht oder nicht schlüssig zu Ende geführt. Dem schließt sich ein schwacher und zu schneller, alles noch klärender Schluss an. Zu viele Baustellen werden viel zu schnell aufgelöst. In die Seiten der Welt befinden sich viele gute Ideen, jedoch auch ein schwacher Schluss. Da will man lieber zu dem Beginn zurückkehren.
""Erneut atmete sie tief ein, saugte den Bücherduft in ihre Lungen und noch heftiger in ihr Herz. Dann tauchte sie ab in die Untiefen der Bibliothek und war bereit, sich allem zu stellen, was hier leben mochte.""

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von BB.
Veröffentlicht am 01.01.2010

Weitere Rezensionen zu Büchern von Meyer, Kai

Meyer, Kai

Fürimmerhaus

Weiterlesen
Meyer, Kai

Serafin - Das kalte Feuer

Weiterlesen
Meyer, Kai

Der Pakt der Bücher

Weiterlesen
Meyer, Kai

Die Spur der Bücher

Weiterlesen
Meyer, Kai

Die Spur der Bürger

Weiterlesen
Meyer, Kai

Die Seiten der Welt - Blutbuch

Weiterlesen