Die Schule der magischen Tiere 2

Autor*in
Unterwaldt, Sven Auer, Margit
ISBN
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in / Sprecher*in
Umfang
98  Minuten
Verlag
Leonine Distribution
Gattung
Film
Ort
München/Wien
Jahr
2022
Alters­empfehlung
6-7 Jahre8-9 Jahre10-11 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
didaktisches MaterialKlassenlektüre
Preis
0,00 €
Bewertung
empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Die zweite Verfilmung der „Schule der magischen Tiere“ ermöglicht literarisches Lernen im Medienverbund an einem populären Beispiel.

Beurteilungstext

In der zweiten Verfilmung der Reihe „Die Schule der magischen Tiere“ finden ein weiteres Mal Gemeinschaft, Freundschaft und Selbstermächtigung als Basisthemen auf die Leinwand. Zwei weitere Kinder der Klasse von Miss Cornfield in der Winterstein-Schule bekommen ein magisches Tier. Auf dem Filmplakat ist dies bereits angekündigt – neben den beiden Figuren Benni und Ida, die im letzten Teil ihr magisches Tier bekamen, sind nun auch Helene, Anna-Lena und Jo zu sehen mit zwei weiteren magischen Tieren. Das knüpft an Buchwissen der Kinder an, wenn diese schon wissen, welches Tier zu welcher Figur gehört. Das Setting der zweiten Verfilmung ist jedoch für die Verfilmung neu erdacht – ein Hinweis auf den Ort des Geschehens findet sich im Hintergrund des Filmplakats, das mit Theatersesseln und Scheinwerferspots auf eine Theaterinszenierung der Winterstein Schule verweist. Kinder, die die Bücher bereits kennen, können hier mit dem Hintergrund ins Rätseln und Vor-Besprechen des Films kommen, in etwa, wenn sie sich fragen, wo und wann in den Büchern denn ein Theater auftauche.
Wie auch im letzten Teil verhilft die Beziehung zu dem Tier, sich selbst besser zu verstehen, über seinen Schatten zu springen, Freundschaft und Liebe zu riskieren, eine Gemeinschaft zu werden und einen sozialen Reifeprozess einzugehen.
Das sind recht viele pädagogische Anforderungen an einen Film und deshalb überlagert die pädagogische Anrufung manchmal das Künstlerische. Die Figuren sind teilweise als Klischee ihrer selbst gezeichnet, wie der etwas dümmliche und eitle Direktor und der etwas tollpatschige Hausmeister. Die Autorin hat zwar den Anspruch, dass die Figuren nicht schwarz-weiß gemalt werden (siehe Begleitmaterial), jedoch zeigt sich das als schwierig umsetzbar, weil typische Eigenschaften an den Figuren erkennbar sein sollen (siehe Unterrichtsmaterialien des Begleitmaterials).
Eine solche Zuschreibung ist manchmal enorm gut gelungen – wie bei Anna-Lena, deren Lied (wieder gibt es Lieder, die den Figuren zugeschrieben werden) eine starke ästhetische Empathie und ein Erkennen ihrer Gefühle ermöglicht. Schauspielerin und Text harmonieren hier so gut zusammen, dass beim Kinopublikum ein emotionales Wiedererkennen dieser Gefühle entsteht und sich das Handeln Anna-Lenas dadurch zum Probehandeln anbietet – in etwa: So könnte ich handeln, wenn ich so etwas fühle.
Manchmal misslingt diese Zuschreibung aber, wie bei Jo und seiner angeblichen Coolness. Die besteht nämlich eigentlich nur aus den schwarzen (Leder)-Sachen, die er trägt. Ansonsten erscheint die Figur als ein sehr empfindsamer, nachdenklicher und verunsicherter Junge. Das könnte nun eigentlich ein Bruch mit seiner Rolle als Cool-Man sein, leider wird dennoch immer wiederholt, wie cool er ist, ohne das näher zu bestimmen. Und hierin besteht eine Hauptschwäche des Films, die aber schon aus den Büchern stammt: Trotz sichtlich gewollter Bemühungen, Rollenbilder ins Wanken zu bringen und Diversität zu spiegeln, bleiben beide Male diese Bestrebungen auf die Oberfläche beschränkt. Zwar scheint es so, als sollten Mädchen und Jungen nicht typisch sein, aber ein Blick auf Jos Raum (der von den Kindern auch noch im Unterrichtsmaterial analysiert wird) erscheint als sehr „jungentypisch“, mit klaren Linien, viel Schwarz und Weiß und ein bisschen Unordnung. Die Räume der Mädchen hingegen sind sehr kreativ und bunt gestaltet – Kreativität und Klugheit sind ihre zugehörigen Charaktereigenschaften. Weitere Diversitätsfaktoren bleiben ebenso an der Oberfläche. Zwei Menschen mit dunkler Hautfarbe treten nur in zu vernachlässigenden Nebenrollen auf und die beiden Mitschülerinnen mit türkischen Namen fungieren wie Zwillinge als Kofferträgerinnen für die Klassenzicke (natürlich ein Mädchen) Helene. Als solche symbolisieren sie eine untrennbare Einheit, die durch ihr „Nicht-Deutsch-Sein“ unauflöslich zusammengehören – eine Konnotation, die deswegen schwierig ist, weil sie (ungewollt) eine Dichotomie von vereinheitlichten Gruppen impliziert. An dieser Stelle zeigt sich erneut, wie schwer es ist, künstlerisch und diskursive Erwartungen an gesellschaftliche Darstellung bzw. deren Kritik in einen publikumswirksamen Film zu platzieren.
Die Darstellung des Themas „Gemeinsamkeit finden“ bleibt aber auch über die oberflächliche Diversitätsdarstellung hinaus kritikabel, nämlich dann, wenn die „magische Gemeinschaft“ sich von der nicht-magischen absondert und sich ihrer selbst versichert. Als gelungen wird die Darstellung von Gemeinschaft dort sichtbar, wenn sie sich mit der Selbstermächtigung verbindet, wie etwa, wenn Anna-Lena Helene zu Hilfe eilt und dann dennoch selbstbewusst wird. Wenn aber alle Kinder geschlossen im Raum aus ihren Bänken aufstehen und mit geradem, hellen Blick einen Gemeinschaftsschwur leisten, dann wird dieses Bild gelinde gesagt schwierig. Denn die Kinder stehen und reden aus einer Stimme, ihre Körper sind unbeweglich gerade, wie bei einem Fahnenappell und das Leuchten in den Augen lässt (bei der Erwachsenen) eine ungute Erinnerung an Gemeinschaftsschwüre der deutschen Geschichte denken.
Positiv zu betonen ist jedoch der Verweis auf die historische Gemachtheit von männlichen Vorbildern, wie sie im Nebenstrang erzählt wird. Dort entsteht nämlich eine Konkurrenz zwischen Direktor und Miss Cornfield, ob die Tradition der Schule auf eine weibliche oder männliche Linie zurückzuführen sei. Als das Rätsel gelüftet ist, wird offenbar, dass der Gründer der Wintersteinschule seine Schwester um ihren Erfolg beraubt hat. Dieser Erzählstrang ist ein guter Anlass, um über die Gemachtheit von Traditionen und von Geschichtsschreibung zu sprechen, was auch im Begleitmaterial angesprochen wird.
Über die Gemachtheit von Filmen zu sprechen, ermöglicht sich auch mittels einer Betrachtung der Geschichte im Medienverbund. „Die Schule der magischen Tiere 2“ weicht in einigen Aspekten von der Buchvorlage ab. So haben die merkwürdigen Löcher auf dem Schulhof nichts mit dem Opa und seinen Kaninchen zu tun, sondern runden im Nebenstrang die Erzählung um die „weibliche“ Tradition der Schule ab. Weil dieser Nebenstrang als Battle zwischen Schülerschaft und Lehrerin gegen den Direktor angelegt ist, erfüllt er cinematische Ansprüche an das Familien-Entertainment. Die Konkurrenz und die Löcher verbinden sich zu einer spannungsgeladenen Schatzsuche, die mit dunklem Raum und Fallen und einer gefangenen Helene für die Action-Einspeisung fungiert. Als Vergleich dieses Nebenstrangs im Medienverbund könnte im Unterricht über die (vermeintlichen) Seh-Erwartungen des Kinos oder Fernsehens gesprochen werden – mit der Frage, warum Action im Kino wichtiger scheint als im Buch.
Zusammenfassend lässt sich die Geschichte als pädagogische Ansprache an Kinder lesen, die manchmal auch gutes künstlerisches Gelingen zeigt. Die Tiere sind wundervoll umgesetzt und besprochen und die Lieder komplex und ästhetisch (das Einspiellied mit seinem Wiedererkennungsfaktor ausgenommen). Die meisten Schauspieler führen ihre Figuren mit viel Gefühl, Empathie und Leichtigkeit durch die Geschichte. Und die Lieder eigenen sich hervorragend für einen Medienverbunds-Vergleich und zur literarischen Analyse der Figuren und der literarischen Sprache. Hier könnte z. B. Anna-Lenas Lied als Text aus dem Buch vorliegen und dann die beiden Interpretationen von Helene und Anna-Lena hinzugezogen werden. Die Kinder sprechen über die jeweiligen Wirkungen der Interpretationen und suchen, welche Wörter und Betonungen zu der unterschiedlichen Wirkung führt. Über diese Vorschläge hinaus bietet ein mitgeliefertes Unterrichtsmaterial curriculare Einsatzmöglichkeiten, die aber – vor allem wegen der mangelnden kritischen Sicht auf den Film – m. E. als Ergänzungen angenommen werden sollten. In etwa dann, wenn es um eine ethische Debatte um den Gehalt von Freundschaften geht oder das Textverständnis erkundet wird. Die Aufgaben um die Eigenschaften der Kinder und Tiere müsste zumindest um eine Auseinandersetzung ergänzt werden, in der die Gefahr solcher Zuschreibungen besprochen wird.
Der Film ist keineswegs das einzige Material, welches sich für eine solche Unterrichtsbearbeitung eignet – aufgrund seines hohen Popularitätscharakters ist es jedoch wahrscheinlich, dass ein hohes Interesse der Kinder an einer medien- und textanalytischen Auseinandersetzung mit ihm entstehen kann.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von Astrid Henning-Mohr; Landesstelle: Hamburg.
Veröffentlicht am 12.10.2022

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