Die Scanner

Autor*in
Sonntag, Robert M.
ISBN
978-3-596-85537-7
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Seitenanzahl
189
Verlag
FISCHER Schatzinsel
Gattung
Dystopie
Ort
Frankfurt
Jahr
2013
Lesealter
14-15 Jahre16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
12,99 €
Bewertung
empfehlenswert

Teaser

“Ein alter Mann, der um die letzten Bücher kämpft. Ein junger Mann, der sie zerstört. Eine schöne Frau, die ein Geheimnis hat. Und ein Konzern, der alles kontrolliert. Das sind die Zutaten eines hochaktuellen Zukunftsthrillers, der sich die Frage stellt: Was wäre, wenn wir nur einen winzigen Schritt weitergehen?” (Aus dem Klappentext.)

Beurteilungstext

“Die Scanner” von Robert M. Sonntag (alias Martin Schäuble) ist ein anspielungsreiches Zukunftsabenteuer, das Leserinnen und Leser ab 14 Jahren in eine Welt mitnimmt, in der Texte nur noch digital und Menschen nur noch 24 Stunden online existieren dürfen.

Literarische Rückgriffe auf Klassiker des dystopischen Romans sind dabei gut zu erkennen. Beginnend beim Pseudonym des Autors - Sonntag, in Anspielung auf Guy Montag - ist weiterhin auch die gezielte Vernichtung gedruckten Wissens zentraler Gegenstand in Ray Bradburys “Fahrenheit 451” (1953). Ebenso das Ruhigstellen und Gleichschalten von Menschen mittels Drogen und zentralgesteuerter Unterhaltungselektronik. Ein Motiv übrigens, das auch schon Aldous Huxley mit dem Medikament Soma in seinem Roman “Schöne neue Welt” (1932) zum Tragen brachte. Bei Huxley findet sich auch die Determination des Menschen in unveränderliche Klassen (Alpha plus bis Epsilon minus), die in “Die Scanner” ihr Pendant in den einzelnen Wohnortzonen (A, B, C) finden. Ernährung durch künstliche Aromen ist spätestens seit Harry Harrisons Soylent Grün in “New York 1999” (1966) bekannt, und die permanente Überwachung des Menschen durch ein totalitäres System verwob kaum jemand so anspruchsvoll wie George Orwell in seinem “Neunzehnvierundachtzig” (1949).

Dennoch ist Schäubles Roman keine bloße Aneinanderreihung intertextueller Bezüge. In vielem mehr gelingt es ihm, die düsteren Zukunftsvisionen seiner Referenzgeber zu aktualisieren und für heutige Leserinnen und Leser der Generation “Facebook” aufzubereiten. Eine Generation, in der gegenseitige soziale Kontrolle schwerer wiegt als der vermeintliche Einfluss einer äußeren Herrschaftsstruktur. So ist es für die Menschen in Schäubles Welt von morgen auch von elementarer Bedeutung, dauerhaft im virtuellen Raum unterwegs zu sein. Lebensmomente - allesamt ins Netz transportiert über eine besondere Brille - werden von anderen Nutzern verfolgt, bewertet, verlinkt. Dauerhaft. Unauflöslich. Von der Wiege bis zur Bahre. Wer sich dem entziehen will, steigt sozial ab. Und er macht sich verdächtig.

Das passiert dem Ich-Erzähler und Bücherjäger Rob, der im Auftrag der Scan AG, gedruckte Bücher ihren Besitzern abkauft, um diese zu digitalisieren und danach das Original zu vernichten. Die AG begründet diesen Schritt damit, alles Wissen rund um die Uhr und jederzeit verfügbar für jedermann zu machen. Tatsächlich verfolgt sie aber nicht das Ziel Wissen zu archivieren, sondern es nach dem Abschluss der Sammelaktion zu manipulieren, um damit die Menschen zu kontrollieren.

Zweifel an der Integrität seiner Tätigkeit weckt bei Rob deshalb auch ein alter Büchersammler, der der geheimnisvollen Büchergilde vorsteht; laut Scan AG eine Terrororganisation. Rob begibt sich auf die Spur der Büchergilde und verzichtet immer häufiger auf seine elektronische Brille, zahlt bar statt mit Karte und ernährt sich von echtem Essen statt Aromen. Der damit verbundene Rückzug aus dem überwachten System bleibt nicht ohne Folgen. Rob wird zum Terroristen erklärt - und gejagt.

“Die Scanner” sind die Aufzeichnungen der Flucht Robert M. Sonntags, die den S. Fischer Verlag nach eigenen Angaben “auf bisher ungeklärten Wegen” erreichten. Der Autor, der, erst 2010 geboren wurde, “lebte nach dem letzten der großen Kriege in der A-Zone” und arbeitete “für den Ultranetz-Konzern. Seit 2035 liegen keine Einträge mehr über ihn vor. Sein Ultranetz-Profil ist gelöscht.” (Aus dem Klappentext.) Sonntags Text ist dabei keine Datei, sondern im Druck erschienen. Eine literarischere Absage an das E-Book konnte es nicht geben.

Empfehlung: “Die Scanner” ist ein Jugendroman, der das dystopische Genre weiterentwickelt und Genre-Klassiker durch kluge Bezugnahme aktualisiert. Der Text bietet sich daher für die Einbindung in den Literaturunterricht an, was vom Verlag auch beabsichtigt ist. Ein eigenes Unterrichtsmodell zum Buch für die Verwendung in der Schule findet sich unter www.lehrer.fischerverlage.de.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von HSM.
Veröffentlicht am 01.01.2010

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