Die Rache

Autor*in
Wahl, Mats
ISBN
978-3-446-20906-0
Übersetzer*in
Kutsch, Angelika
Ori. Sprache
Schwedisch
Illustrator*in
Seitenanzahl
288
Verlag
Hanser
Gattung
Krimi
Ort
München
Jahr
2007
Lesealter
12-13 Jahre14-15 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
16,90 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Die rechtskonservative Politikerin Anneli Tullgren wird überfallen und schwer verletzt. Kommissar Fors sucht den Täter des Mordanschlags. Die 13-jährige Tove gibt vor, aus Rache Tullgren ermordet zu haben, weil diese vor 13 Jahren Toves Vater umgebracht hat. Doch Fors verfolgt die Spur eines rechtsradikalen Geheimbundes, der laut Tullgren einen terroristischen Anschlag plant. Und welchen Zusammenhang gibt es mit dem brutalen Überfall auf den griechischischen Restaurantbesitzer?

Beurteilungstext

Wind bringt Unruhe in die schlummernde Kleinstadt in der Nähe von Stockholm. Er zerrt nicht nur an den Mänteln und Jacken der Menschen, sondern auch an längst Vergangenem. Er wirbelt nicht nur den Unrat von der Straße auf, sondern auch alles Gift in den verletzten Seelen.
Immer wenn Wind aufkommt, hört die 13-jährige Tove die Stimme ihres ermordeten Vaters. Wind entwickelt sich zu einem Sturm, als drei griechische Brüder den brutalen Überfall auf ihren Vater sühnen. Als einer der Rechtsradikalen, die einen Anschlag in Stockholm planen, festgenommen werden soll, pfeift ein stürmischer Wind durch die Straßen.
In allen drei Fällen hat Rache den Geist der Menschen vergiftet. Sie ist das Motiv in Mats Wahls viertem Krimi um den beliebten Kommissar Harald Fors. Die Rache zeigt sich sehr vielfältig - konkret in Toves schmerzerfüllter Trauer um ihren toten Vater, in der unbändigen Wut der drei Brüder, und allgemein in der Manipulation der Menschen durch rassistische Ideologien. Sie übt auf die Täter einen schweren psychischen Druck aus und zwingt sie zu folgenschweren Handlungen.
Der schwedische Autor hat in seinem Roman verschiedene Handlungsstränge ineinander verflochten. Zum einen muss der sympathische Kommissar Fors den Mordanschlag auf die rechtskonservative Politikerin Anneli Tullgren aufklären, damit knüpft der Autor an die Geschichte seines ersten Bandes "Der Unsichtbare" an. Zum anderen hat Fors die Täter des brutalen Überfalls auf einen griechischen Restaurantbesitzer zu finden. Keine leichte Aufgabe für den Kommissar, dessen Fall ihn mit Tove zusammenbringt. Das 13-jährige Mädchen behauptet, sie sei die Täterin des Mordanschlags, damit wolle sie ihren Vater rächen, den diese Politikerin vor 13 Jahren umgebracht hat. Doch Fors ist Experte und feinfühlig genug, um das nicht zu glauben. Er verfolgt eine andere Spur und stößt auf einen rechtsradikalen Geheimbund, der einen Anschlag plant. Tullgren ist zwar Mitglied des Geheimbundes, unterstützt aber dessen Pläne nicht, deshalb warnt sie den Kommissar.
Bei ihren Ermittlungen werden die Polizeibeamten mit moralisch-ethischen und psychologischen Fragen konfrontiert: Kann ein schwer zu ertragendes Leid oder die Trauer um einen Menschen es rechtfertigen, Rache an den Tätern auszuüben? Lindert Rache wirklich den Schmerz? Und verstößt der Rächer nicht selbst gegen jegliche moralische Grundregeln des Zusammenlebens der Menschen?
Mats Wahl gelingt es ausgezeichnet, ein vielschichtiges Spektrum von Gut und Böse aufzuzeigen, dessen Grenzen ineinander verschwimmen: Was gut war, wird böse, das Opfer wird zum Täter, der Täter zum Opfer.
Der Roman erhält seinen besonderen Reiz aus der Raffinesse, mit der der Autor die einzelnen Handlungsstränge souverän zu einem Ganzen zusammenführt, wobei sich das Motiv der Rache wie ein roter Faden durch die Handlung zieht.
Kurz aber brillant skizziert er Portraits seiner Figuren: Tove und Lydia, die charakterlich so verschiedenen Zwillingsschwestern, ihre Oma, die Pastorin, die im Stillen vor Kummer weint, doch nach außen hin viel mehr Stärke als ihre Tochter beweist. Kommissar Fors, der sein Handwerk nicht nur als Kriminalist versteht, sondern auch eine Menge über die Menschen weiß. Im Fall Tove liegt der sensible Fors allerdings falsch: Er unterschätzt den Hass des Mädchens, so dass sie einen zweiten Racheakt planen kann. Heimlich geht sie zu Tullgren ins Krankenhaus ...
Mats Wahl verschafft dem Leser Einblick in das Privatleben und den Berufsalltag der Ermittler. In spritzigen und kurzen Dialogen, die an das Drehbuch eines Kriminalfilms erinnern, legt er typische Charaktere frei, die durch ihre Lebendigkeit und ihren Humor die Handlung auflockern. Nebenbei versäumt er es nicht, Missstände innerhalb der Polizeibehörde zu kritisieren. Sein Kommissar spricht in diesem Zusammenhang von einem "moralischen Sumpf", der unmöglich trockengelegt werden kann.
Das Ende des Romans stimmt den Leser etwas wehmütig. Die Kriminalfälle sind gelöst, der Täter des Mordanschlags und der Drahtzieher des Überfalls auf den Restaurantbesitzer gefasst. Doch von Gerechtigkeit kann keine Rede sein. Es gibt ein unschuldiges Opfer und dessen schuldige Täter, denen kein Verbrechen nachgewiesen werden konnte. Tove befindet sich weiterhin in psychologischer Behandlung, die ihr helfen soll, sich von ihren Schuld- und Rachegefühle zu befreien.
Die Rechtspopulistin Tullgren erhält eine viel zu milde Strafe und die Medien verhelfen ihr zu noch größerer Popularität.
Der Sturm in der schwedischen Stadt hat sich gelegt - doch nur vorübergehend. Ein kalter, stürmischer Frühling kündigt sich an.



Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von gsh.
Veröffentlicht am 01.01.2010

Weitere Rezensionen zu Büchern von Wahl, Mats

Wahl, Mats

Sturmland - die Lebendigen

Weiterlesen
Wahl, Mats

Sturmland die Reiter

Weiterlesen
Wahl, Mats

Sturmland - Die Gesetzgeber

Weiterlesen
Wahl, Mats

Sturmland- Die Kämpferin

Weiterlesen
Wahl, Mats

Sturmland die Reiter

Weiterlesen
Wahl, Mats

Die Reiter

Weiterlesen