Die Präsidentin
- Autor*in
- Durpaire, François
- ISBN
- 978-3-946593-12-6
- Übersetzer*in
- Jacoby, Edmund
- Ori. Sprache
- Französisch
- Illustrator*in
- Boudjellal, Farid
- Seitenanzahl
- 160
- Verlag
- Jacoby & Stuart
- Gattung
- Comic
- Ort
- Berlin
- Jahr
- 2016
- Lesealter
- 16-17 Jahreab 18 Jahre
- Einsatzmöglichkeiten
- Fachliteratur
- Preis
- 19,95 €
- Bewertung
Schlagwörter
Teaser
Marine Le Pen gewinnt die französischen Präsidentschaftswahlen 2017. Schon in den ersten 100 Tagen ihrer Amtszeit stürzt sie das Land ins Chaos.
Beurteilungstext
Marine Le Pen vom nationalistischen Front National werden realistische Siegchancen bei der 2017 anstehenden Präsidentschaftswahl in Frankreich ausgerechnet. Die Autoren haben nach der Analyse des Parteiprogramms und mit Unterstützung durch Spezialisten aus Wirtschaft und Politik ein Szenario entworfen, wie Marine Le Pens erste hundert Tage im Amt verlaufen könnten und welche Folgen das für Frankreich hätte.
Gewalttätige Ausschreitungen noch am Wahlabend und ein Affront gegen Angela Merkel begleiten Le Pens Einzug in den Elysée-Palast. Eine rechte Gesinnung wird salonfähig in Frankreich, die breite Solidarisierung mit den Mitbürgern ohne französischen Pass bleibt aus. Massenausweisungen von Ausländern, Einflussnahme auf die Medien, Installierung eines Überwachungsstaates, Aushöhlung der Gewaltenteilung, Austritt aus EU und NATO - Marine Le Pen zaudert nicht, ihre Wahlversprechen in die Tat umzusetzen. Es folgt die Kapitalflucht, der Arbeitsmarkt kippt. Französische Werte fallen an den Aktienmärkten ins Bodenlose, blutig niedergeschlagene Demonstrationen sind an der Tagesordnung. Außenpolitisch ist das Land isoliert. Le Pen weiß nicht mehr weiter.
Die Identifikationsfiguren in der Graphic Novel sind die 94-jährige ehemalige Résistancekämpferin Antoinette, deren Enkel Stéphane und dessen Freunde Tariq und Fati. Stéphane und Tariq arbeiten mit einem Blog im politischen Widerstand; Fati und Stéphane werden ein Paar. Das persönliche Schicksal dieser vier Menschen gibt den radikalen Veränderungen in Frankreich ein Gesicht und ist einer der drei Hauptstränge der Handlung. Die anderen beiden beschäftigen sich mit dem politischen Umfeld von Le Pen und dem Echo der Medien. Eine Vielzahl von Protagonisten lassen die Leser dabei leicht die Übersicht verlieren, v.a. solche, die sich in der französischen Politik- und Medienlandschaft nicht so gut auskennen. Auch die Fakten- und Handlungsdichte im Buch ist sehr hoch, gepaart mit schnellen Szenenwechseln. Man muss sehr genau hinschauen und sorgfältig lesen, um nicht den Faden zu verlieren. Das Buch richtet sich an überdurchschnittlich an Politik und Geschichte interessierte Leser.
Die zeichnerische Umsetzung der Handlung ist sehr gut gelungen. Die Charaktere und ihre Mimik sind hervorragend ausgearbeitet, Stimmungen werden gekonnt transportiert. Perspektivwechsel und wechselnde Seitenaufteilung sowie die Einarbeitung von Fotos sorgen für Abwechslung. Ein ganz dicker Minuspunkt für die grafische Gestaltung des Buches ist allerdings der Verzicht auf Farbe. Flächen sind ausschließlich schwarz, weiß oder im immerselben Grau gefüllt. Dadurch kommt es regelmäßig vor, dass in einem Einzelbild graue Gesichter vor einem grauen Hintergrund platziert sind oder bis auf einige weiße Spitzlichter nur Grau und Schwarz verwendet werden. Das Erfassen der Bildinhalte wird dadurch regelrecht mühsam. Die hervorragende zeichnerische Leistung von Farid Boudjellal kommt so kaum zur Geltung.
“Die Präsidentin” ist eine inhaltlich und zeichnerisch hochkarätige Graphic Novel.