Die Piratin - Das Leben der Grania O’Malley

Autor*in
Dillner, Sabine
ISBN
978-3-570-30492-1
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Seitenanzahl
303
Verlag
Gattung
Ort
München
Jahr
2009
Lesealter
12-13 Jahre14-15 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
7,95 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Die legendenumwobene, historisch verbürgte irische Piratin Grania O'Malley wächst an der englischen Westküste als Tochter eines Clanführers auf. Da er keinen Sohn als Erben hat, steht er dem ungewöhnlichen Interesse und Talent seiner Tochter für die Seefahrt positiv und voller Stolz gegenüber. Dennoch soll sie die Seefahrt aufgeben und heiraten, doch durch Intrigen, Hass und Neid in der eigenen Familie und in den Clans gerät sie zunächst in die Gefangenschaft der feindlichen Engländer.

Beurteilungstext

Ein erst zehn Wochen altes Kätzchen stellt sich mutig dem aussichtslosen Kampf gegen einen Fuchs, beobachtet von zwei vierzehnjährigen Jungen in sadistischer Lust an dem bevorstehenden Leid. Doch ein neunjähriges Mädchen, Grania, vertreibt den Fuchs und begibt sich zur Rettung des Kätzchens in den ebenfalls aussichtslosen Kampf mit dem größeren und kräftigeren Donal O'Flaherty, über deren spätere Heirat die Väter zur selben Zeit verhandeln.

Damit gelingt Dillner ein spannender Einstieg, in dem zudem zentrale Themen des Romans umrissen werden: Wie haben sich kleine Mädchen zu verhalten? Wer entscheidet über ihre Zukunft? Wie reagieren Jungen und Männer auf Mädchen und Frauen, die sich nicht erwartungsgemäß unterwürfig verhalten, sondern sich wehren und so brutal kämpfen können wie sonst nur Jungs in dieser Zeit? Im weiteren spannenden Handlungsaufbau kann der Leser verfolgen, wie Grania sich in ihrer Kindheit und Jugend immer öfter diesen Fragen stellen muss, sich dabei den traditionellen Rollenerwartungen widersetzt, sich in der Männerwelt der Seefahrer durchsetzt und dennoch nicht völlig ausbrechen kann: Den ungeliebten Donal O'Flaherty muss sie heiraten und ihre Seefahrt zunächst aufgeben. Anders als Franjo Terhart in seiner erstmals 1991 erschienenen Jugendbuchbearbeitung dieses Stoffes stellt Dillner die Kindheit und Jugend in den Mittelpunkt ihres Romans bis zur Zwangsheirat und gibt in einem Jahrzehnte später spielenden Epilog Einblick in den weiteren Lebenslauf der erfolgreichen Piratin und Clanfürstin. Mit dieser Konzentration auf die psychologisch so wichtigen Entwicklungsjahre kann sie für den Leser schrittweise den Emanzipationsprozess Granias nachvollziehbar machen. Deren Perspektive erweitert sich, so dass sie sowohl Frauenrollen als auch die eigene irische Kultur und das Wertesystem relativieren kann, wodurch sie den Wert von Bildung und Wissen wie zum Beispiel Fremdsprachen erkennt, was unter anderem zu ihren späteren Erfolgen beiträgt. Anschaulich, spannend, historisch genau und detailreich vermittelt die Autorin die Seefahrt dieser Zeit, wobei sie auch weniger idyllische Themen wie die strenge Hierarchie an Bord und den harten Wertekanon nicht ausblendet, dem sich Grania nicht entziehen kann und will. Dieses Nachdenken über Werte und Rollen wird für den jugendlichen Leser durch die Figurenkonstellation lebendig gestaltet. Granias Charakter steht vor allem in Kontrast zu dem ihrer Halbschwester Marian, die für Donal schwärmt, mit Feuereifer allen typischen Frauentätigkeiten nachkommt und nach außen hin zur Begeisterung ihrer Stiefmutter Schönheit und Sanftmut verkörpert. Darin, dass dieses zarte Wesen fähig ist, den Mord an ihrer Halbschwester aus Eifersucht zu planen, kann man eine gewisse Kritik an diesem auf Äußerlichkeiten, Oberflächlichkeiten und schönen Schein ausgerichteten Rollenverständnis sehen. Im Vergleich mit Terhart fällt in diesem Zusammenhang auf, dass Dillner nicht aus der Ich-Perspektive, sondern in personaler Erzählsituation erzählt und mit erlebter Rede den Leser sehr nah an die jeweiligen Personen heranführt. So werden zum Beispiel die gegensätzlichen Charaktere der Halbschwestern noch deutlicher. Auch eine unsentimental, doch berührend beschriebene Liebesgeschichte ohne Happy End zwischen Grania und einem bei ihr in Gefangenschaft geratenen Engländer gehört zu den Stärken des Romans. Neugier und Offenheit überwinden auf der persönlich-individuellen Ebene die politischen und kulturellen Differenzen zwischen Iren und Engländern. Statt kitschiger Liebe auf den ersten Blick zählen allmähliches, genaues Kennenlernen und Wahrhaftigkeit.
Ein Roman, der es vermag, vielfältigen Leseinteressen nicht nur von Leserinnen gerecht zu werden: Eintauchen in das historische Irland des 16. Jahrhunderts, Mitfiebern bei Abenteuer und Spannung und Liebesgeschichte mit erzähltechnischem Anspruch, zeitloses Suchen und Finden der eigenen Identität und Werte, insbesondere natürlich in der kritischen Auseinandersetzung mit weiblichen Rollenbildern.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von KH.
Veröffentlicht am 01.01.2010

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