Die Piraten von Libertalia

Autor*in
Siege, Nasrin
ISBN
978-3-8270-5290-2
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Seitenanzahl
299
Verlag
bloomsbury
Gattung
Ort
Berlin Berlin
Jahr
2009
Lesealter
12-13 Jahre16-17 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
14,90 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Muro wird irgendwann im 17. Jahrhundert in seinem Dorf überfallen und kommt als Sklave nach Sansibar. Dort wird er verkauft und weiter transportiert. Sein Schiff wird überfallen und er gerät in die Hände von Piraten - die ihn sofort frei lassen. Gemeinsam zieht er mit ihnen weiter und erlebt wirkliche “Likedeeler” im Sinne Störtebeckers. Die Piraten gründen im Norden Madagaskars eine prädemokratische Republik. Das Leben ist schön. Neue Piraten zerstören aber die Idylle.

Beurteilungstext

Die Utopie der Republik lange vor der Französischen Revolution stammt, so die Autorin, von Defoe. Nach meinen Unterlagen hat aber schon 1724 ein Charles Johnson davon berichtet. Ob der nun alles erfunden hat oder nicht - nichts Genaues weiß man nicht.
Jedenfalls beschreibt die Autorin schlüssig, wie ein paar Menschen, die eine Idee begeistert, die weit über das bisher Gedachte hinaus geht, eine immer größer werdende Gruppe von Gleichgesinnten um sich scharen können, die mit aller Energie versuchen, ihre Ideen zu verwirklichen.
Im 18. Jahrhundert gab es auch noch Gegenden, in denen Raum genug dafür war.
Der Ich-Erzähler Muro ist jung genug, um sofort begeistert zu sein. Der junge Afrikaner lernt die Sprache der Weißen, versucht auch Lesen und Schreiben zu lernen, aber da kommen ihm die Liebe und die Ereignisse in die Quere. Die Welt der Piraten wird ein wenig verklärt beschrieben, aber Madagaskar bietet seinerzeit auch eine paradiesische Welt ohne Einwohner - anfangs jedenfalls. Denn bald entdecken die Neusiedler im Landesinneren einen Stamm, mit dem sie sich befreunden. Und bald taucht auch ein Stamm auf, mit dem sie sich gar nicht befreunden können. Zudem wird der legendäre Freibeuter Thomas Tew (+1695) mit seiner Mannschaft aufgenommen, und das ist der Anfang vom Ende. Denn seine Männer sind keine Idealisten, sondern Seeräuber, wie wir sie aus der “Schatzinsel”et.al kennen.
Libertalia erweist sich als Utopia: Solange die Menschen daran glauben, dass alle gleich sind, funktioniert das. Wenn aber Zweifler und Gegner mitmachen wollen, muss die Idee scheitern. Für das 17. Jahrhundert ist die Idee auch geradezu grotesk: nicht nur alle Menschen, ob Schwarze oder Weiße, ob Engländer oder Franzose, ob jung oder alt sind gleichberechtigt, sondern auch noch die Frauen! Und die sollen auch noch sagen können, mit welchem Mann sie zusammen sein wollen! Ein guter Pirat kann so etwas einfach nicht verstehen.
Und nicht nur die Piraten nicht: Die Einheimischen haben für derlei Gedanken keinen Raum. Anfangs meinen die Helden auf der Insel St. Marie im Paradies zu leben: alles ist friedlich, das Essen wächst einem geradezu in den Mund. Dann aber tauchen unvermittelt tödliche Aggressionen auf und die Utopier verstehen die Welt nicht mehr. So suchen sie in der Nähe einen eigenen Platz, eben Libertalia.

Beim Leser bleibt aber dennoch hängen: Die Utopie Demokratie war damals eine, wie weit sind wir dagegen heute - und dennoch, wie weit sind wir noch vom Ziel entfernt. Es bleibt noch einiges zu tun. Denn Feinde der beschriebenen Art gibt es heute nicht mehr, jedenfalls nicht für uns, nicht hier. Wir brauchen nur in die Zeitung zu blicken um zu sehen, dass die paradiesische Idylle Madagaskar heute nicht mehr das Paradies von vor 300 Jahren ist.

Nasrin Siege hat sich Madagaskar, seine Landschaft, seine Pflanzen und Tiere, seine Mythen genau angesehen und so beschrieben, dass sich dieses Buch zu einem idealen Reiseziel an die Ursprünge der Utopie entwickeln könnte. Vielleicht findet man doch noch etwas von Libertalia?

Die Stärke Sieges liegt aber nicht in der Beschreibung, das ist manchmal etwas steif, etwas zu lehrreich. Lebendig und spannend wird ihr Roman im Dialog.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von cjh.
Veröffentlicht am 01.01.2010

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