Die Liga der Guten

Autor*in
Bertram, Rüdiger
ISBN
978-3-499-21506-3
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Seitenanzahl
204
Verlag
Rowohlt
Gattung
Ort
Hamburg
Jahr
2013
Lesealter
12-13 Jahre14-15 Jahre16-17 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
9,99 €
Bewertung
empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Weil Jan, Mats und Andy als Kleinste ihres Jahrgangs oft schikaniert werden, verlassen sie Schule und Elternhaus und besiedeln eine Fabrikbrache. Unter Jans Führung gründen sie DIE LIGA DER GUTEN, der sich immer mehr Jugendliche anschließen. Diese Aussteiger schwören allen Kompromissen ab, verabsolutieren das Prinzip von gut oder böse in ihrem Alltag, den sie als Anhänger der Fairtrade- und Do-it yourself - Bewegung organisieren. Dieses Vorhaben misslingt und endet tragisch.

Beurteilungstext

Mats soll alles aufschreiben, “...damit später keiner die Geschichte falsch erzählt.” Mit diesem Auftrag erhalten die teilweise surrealen Begebenheiten in der Geschichte einen authentischen Anstrich. Der Autor überlässt einem 14-jährigen Ich - Erzähler die Darstellung der Ereignisse, in der Heranwachsende gegen Schule und Elternhaus opponieren und in einer Art Kommune den Versuch starten, ein Leben ohne Kompromisse zu führen. Mats erweist sich als ein mehr und mehr zweifelnder Ich - Erzähler, der seine Erlebnisse aber sprachlich und inhaltlich aus der Sicht eines unerfahrenen Jugendlichen darstellt, dem fundierte Kenntnisse über globale gesellschaftliche Zusammenhänge fehlen. Unter Verzicht auf Belehrung durch erwachsene Handlungsträger werden die jugendlichen Leser auf diese Weise zum selbständigen Denken über gesellschaftliche Probleme angeregt.
Die linear erzählte Geschichte ist in 22 kurze, betitelte Kapitel untergliedert und liest sich unterhaltsam. Veranschaulicht wird episodenhaft die unbefriedigende Situation in Schule und Elternhaus. Dabei geht es weniger um Charaktere und Konflikte einzelner, mehr um Peer- groups, die mit Humor und Ironie beschrieben werden:
die Mädchen ( unterteilt in “Models und Unscheinbare”), den “Durchschnitt”, die “Freaks mit Exotenstatus”, die Sportler, (“die auch im normalen Leben mitunter den Fair-Play- Gedanken gelten ließen”), die Bösen und schließlich die Schwächsten wie Jan, Andy und Mats, “die nur deshalb Freunde waren, weil kein anderer mit ihnen befreundet sein wollte”. Erzähltechnisch gut in die Handlung integriert ist Mats heimliche Liebe zu Paula. Die aus der Sicht eines Jungen erzählte Liebesgeschichte berührt emotional und durchzieht das Buch wie ein roter Faden. Alle in dem Roman agierenden Erwachsenen versagen im Umgang mit den Jugendlichen. Sie sehen bei Konflikten weg, wie z.B. der Ethiklehrer der Schule. Mit sich selbst beschäftigte Eltern wissen mit der pubertierenden Aggressivität ihrer Kinder nicht umzugehen. Ein Feindbild entwickelt sich gegenüber staatlichen Behörden, als diese die Kommune auflösen wollen. In einer nächtlichen Aktion werden von inzwischen kriminalisierten Jugendlichen Feuerfallen gelegt und Autos abgefackelt. Die Presse berichtet reißerisch über das “Paradies der Tagträumer” - “Pubertierende Moraltaliban” - “naive, verwirrte Kinder” - “idealistische Jugendliche”, die bereit waren, für ihre Überzeugungen auch Entbehrungen auf sich zu nehmen.” Das sorgt für Zulauf.
Die persönlichen Motive der Neuzugänge bleiben zu unkonkret. Plakativ wird Bezug genommen auf Katastrophen - Websides , die politisch interessierte Jugendliche mit einer Überfülle ethischer und moralischer Probleme konfrontieren (S. 46ff..). Jedoch “... die meisten fanden es toll, endlich etwas Sinnvolles zu tun, anstatt den ganzen Tag in der Schule dumpf die Tafel anzustarren” (S. 123).
Die Jugendlichen leben bei ihrem Aufenthalt im Lager einerseits ihre Abenteuerlust aus, andererseits bereitet ihnen die Bewältigung des Alltags zunehmend Schwierigkeiten. Im Fokus aller Ereignisse steht Jan als Initiator der Rebellion. Der Leser muss sich zwingend - identifizierend oder distanzierend- mit der Perrsönlichkeit dieses Jungen auseinandersetzen.
Mit Hilfe der Kreditkarte seines Vaters hat Jan zunächst für “Startkapital” gesorgt: “Bio - Öko - Fairtrade - Klamotten”- sackartige Baumwollkapuzenshirts als Uniform für alle, dazu Werkzeuge, Decken, Medikamente, Saatgut...
Jedes neue Mitglied muss sich mit Lebensmitteln einkaufen, einen Eid auf die Charta der Liga leisten und sich in ein strenges, fast paramilitärisches Regime unter Jans Führung einordnen.
Neben der “Charta über Kompromisse” gibt es lange Verbotslisten (Geld, Computer, Handys, Fleisch,Alufolie...) sowie streng kontrollierte Arbeitsaufträge (Ackergruppe, Müllgruppe, Flaggenpflegegruppe...).
Doch die desolaten Zustände im Lager bedingen viele Verstöße. Die Euphorie verfliegt allmählich. Als der eifersüchtige Mats bemerkt, dass selbst Jan und Paula, die inzwischen ein Paar sind, korrumpierbar sind, sich selbst heimlich Vorteile verschaffen, macht er das öffentlich. Er provoziert damit eine Revolte: “Die Meute stürzte sich auf Jan, der in einer Masse von Leibern unterging wie ein Ertrinkender im Wasser...”
Damit endet die Geschichte abrupt und pessimistisch: Mats besucht den im Koma liegenden Jan am Krankenbett und liest ihm Liebesbriefe von Paula vor, die inzwischen eine Internatsschule besucht. In Mats Schule ist alles wie vorher, nichts hat sich verändert...
In diesem Jugendbuch sind viele, zu viele moralische, soziale, gesellschaftspolitische, philosophische Probleme verortet und verknotet, ohne Lösungsansätze zu vermitteln. Das überfordert manchen jugendlichen Leser. Das Thema ist zu brisant, um als reine Unterhaltungslektüre abgehakt zu werden.






Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von kra.
Veröffentlicht am 01.01.2010

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