Die letzte Kosmonautin

Autor*in
Morris, Brandon Q.
ISBN
978-3-596-70675-4
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Seitenanzahl
416
Verlag
FISCHER Tor
Gattung
Science FictionTaschenbuch
Ort
Frankfurt am Main
Jahr
2022
Lesealter
16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
16,99 €
Bewertung
empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Kosmonautin Mandy Neumann befindet sich auf einem Alleinflug im Orbit. Zum 80. Jahrestag der DDR soll ihre Raumstation „Völkerfreundschaft“ als leuchtender Stern am Himmel. Doch dann geschehen unerklärliche Unfälle, die Mandy mit dem Schlimmsten rechnen lassen. Während dessen soll der Dresdner Volkspolizist Tobias Wagner einen verschwundenen Physiker ausfindig machen, der eine Spezialkamera für die Raumkapsel entwickelt hat. Ob er im militärischen Sperrgebiet in der Lausitz untergetaucht ist?

Beurteilungstext

Der deutsche Physiker und Autor Brandon Q. Morris (eigentlich: Matthias Matting) hat mit „Die letzte Kosmonautin“ einen neuen Science-Fiction-Roman vorgelegt, dessen Handlung sich zeitlich um den fiktiven 80. Jahrestag der DDR im Oktober 2029 dreht. Der zweite deutsche Staat hat eine kleine Raumstation im Orbit, die mit einer speziellen, neu entwickelten Kamera bestückt ist, mit der extreme Bildauflösungen der Erdoberfläche sichtbar gemacht werden können. Kosmonautin Mandy ist auf dem Flug immer wieder irritiert von merkwürdigen Zwischenfällen, die aber von ihrem mittels künstlicher Intelligenz agierenden Roboter-„Kollegen“ einigermaßen stimmig erklärt werden. Doch dann spitzt sich die Lage für Mandy extrem zu: Die Kommunikation mit der Erde ist unterbrochen, der Sauerstoffvorrat in der Station geht zur Neige.
Derweil wird der Dresdner Volkspolizist Tobias von Miriam, für die er als Schüler so geschwärmt hat, gebeten, nach deren Mann zu forschen, der an der Entwicklung einer Spezialkamera entscheidend beteiligt war. Die Angelegenheit wird für Tobias schnell lebensgefährlich, als er sich auf ein verbotenes Terrain begibt, wo sich die Forschungsstation des verschwundenen Professors befinden soll. Was er dort vorfindet, hätte er sich in seinen schlimmsten Alpträumen nicht vorstellen können. Und dann ist da noch Mandys verzweifelter Hilferuf aus dem All, nachdem sie realisiert hat, dass die Bodenstation offenbar ihren Tod beschlossen hat. Aufzugeben ist keine Option; Mandy will unbedingt ihre beiden Zwillingstöchter wiedersehen. Für Tobias geht es indes unvermutet nicht nur darum, zwei Frauen Hilfe zu leisten, sondern gleich die ganze Welt vor einem akut drohenden Untergang zu bewahren.
Oktober 2029 liegt als Handlungszeitraum in nicht allzu weiter Ferne. Was der Autor über die technischen Verhältnisse der Raumkapsel beschreibt, ist problemlos vorstellbar, wenngleich der Intelligenzgrad des Begleit-Roboters deutlich höher liegt als bei derzeitigen Robotern. Ein amerikanisches Raumschiff, das Touristen vorbehalten ist, ist ebenfalls keine Fiction mehr. Der Autor kennt sich auch bestens aus in typischer Sprache und Gebaren von DDR-Sicherheitsorganen, die alles und jedes unter Kontrolle haben wollen.
Fiktional wird der Plot nach kontinuierlichem Spannungsaufbau erst, als darum geht, eine Erklärung für eine sonderbare geometrische Landformation zu finden, die sich in militärischem ostdeutschem Sperrgebiet befindet, aber eigentlich auf den Aufnahmen der Spezialkamera als streng geheim ausgeblendet sein soll. Genau hier erlebt Tobias fantastisch anmutende physikalische Phänomene, deren Erklärung erst nach und nach erfolgt.
Morris zeichnet im Buch ein Szenario, dessen Realisierung aus seiner Sicht als Physiker durchaus einen gewissen Wahrscheinlichkeitsgrad besitzt. Zum besseren Verständnis äußert er sich im Nachwort „Biographie des Nichts“ zu philosophischen und physikalischen Ansichten zum Thema Nichts. Er betont zudem, dass er als gebürtiger Brandenburger zwar in der DDR groß geworden ist, mit den ehemals dort herrschenden gesellschaftlichen Belangen bestens vertraut ist, aber diesem Regime keineswegs hinterher trauert.
„Die letzte Kosmonautin“ wird nicht explizit als Jugendbuch ausgewiesen, ist aber uneingeschränkt als solches geeignet für Leserinnen und Leser ab etwa 16 Jahren. Allerdings dürften für viele Heranwachsende im Hinblick auf die Schilderung der Verhältnisse der DDR die dort übliche Doppelzüngigkeit (S. 401) im gesellschaftlichen Miteinander wie auch die in diesem Zusammenhang bisweilen unterschwellige Ironie des Autors nicht immer durchschaubar sein.

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Diese Rezension wurde verfasst von Gerd Klingeberg; Landesstelle: Rheinland-Pfalz.
Veröffentlicht am 01.06.2022