Die Judaspapiere

Autor*in
Schröder, Rainer M.
ISBN
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Behringer, Georg
Seitenanzahl
673
Verlag
Arena
Gattung
Ort
Würzburg
Jahr
2008
Lesealter
14-15 Jahre16-17 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
19,95 €
Bewertung
eingeschränkt empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Drei Männer und eine Frau begeben sich auf die Suche nach den Judas-Papyri. Einziger Hinweis zu deren Auffindungsort ist ein Notizbuch voll kryptischer Rätsel. Eine abenteuerliche Reise führt sie in verschiedene Teile der Welt. Dabei gilt es, die versteckten Hinweise zu finden, Gefahren zu meistern und als Gruppe zusammenzuarbeiten. Und allem Anschein nach gibt es noch andere Parteien, die großes Interesse an den Papyri haben.

Beurteilungstext

"Die Judaspapiere" erinnern zunächst von Titel und Aufmachung an Dan Browns Romane. Der Roman selbst wirkt jedoch wie ein willkürlicher Zusammenschnitt verschiedener Genres und lässt sich schwer einordnen.
Der Anfang ist recht vielversprechend, die Einführung der Charaktere spannend. Drei Männer und eine Frau werden im Jahre 1899 vom gichtgeplagten Lord Arthur Pembroke beauftragt, die Notizen seines verstorbenen Bruders Mortimer zu entschlüsseln und das Versteck des Judas-Evangeliums zu finden. Mortimer hatte es gefunden, dann aber versteckt und nur ein Notizbuch voll wüster und verwirrender Zeichen, Bilder und Wörter hinterlassen. Dessen kryptische Texte bestimmen die Geschichte. Während der gelehrte Gentleman Byron Bourke für deren Decodierung zuständig ist, wird er von Horatio Slade, einem Einbrecher und begabten Kunstfälscher, dem Berufsspieler Alistair McLean sowie der Akrobatin Harriet Chamberlain unterstützt. Dabei erscheint die Auswahl der vier Protagonisten recht eigentümlich. Byron beispielsweise ist der klassische Gentleman: gebildet, untadelig und irgendwie langweilig. Auf sein Wort ist Verlass. Tiefe gewinnen die Figuren leider nicht im Laufe der Geschichte. Die Charaktere bleiben blass. Spannend bleibt es dennoch einen Großteil des Buches hindurch. Leider werden Erwartungen nicht zufriedenstellend erfüllt und viele Fragen bleiben offen. Man fragt sich vielleicht, wozu ein Kartenspieler bei der Suche von Nutzen wäre. Zwei weitere Gruppen interessieren sich ebenfalls für die Papyri.
Die Notizen und Lösungshilfen erscheinen als handschriftliche Hinweise deutlich hervorgehoben im Text. Die Rätsel werden sehr anschaulich und leicht nachvollziehbar gelöst. Während man beim ersten Rätsel noch Chancen hat, kann man ansonsten leider nicht wirklich mit raten. Und am Ende fehlt dann wiederum die Geduld, da die Erklärung schon auf der nächsten Seite folgt. Positiv ist hingegen, dass die Codes als vollständiges Alphabet angegeben werden und man viel darüber erfährt.
Byrons Gelehrsamkeit ermöglicht es dem Autor ,alle ihm wichtigen Informationen einfließen zu lassen. Es erscheint aber oft wie eine Vorlesung, was auch die Mitreisenden bemängeln. Das Erstaunlichste ist jedoch, dass diese mitreden können. Während Alistair stets auf Nietzsche verweist, kann Horatio mit Zitaten und Informationen punkten. Zudem kommt es immer wieder zu theologischen Diskussionen. Kleinere Fehler in der Rechtschreibung kann man getrost überlesen, befremdlich wirken jedoch einige Ausdrücke (wie City anstelle von Stadt), die nicht in die Zeit passen, aber auch die fallen bald nicht weiter auf. Schröder hat eine klare Sprache, so dass man ihm leicht folgen kann. Seine Beschreibungen sind sehr anschaulich und reich an Details. Länder und Leute werden sehr plastisch beschrieben. Zudem erscheinen viele geschichtlichen Daten und Erklärungen neben biblischen Zitaten und Anspielungen. Wer die Bibel kennt, wird beispielsweise sofort wissen, worauf sich an einer Stelle der Vergleich Alistairs mit dem ungläubigen Thomas (Joh 20,24-31) bezieht, alle anderen tappen jedoch im Dunkeln. Den Zeitgeist fängt Schröder gut ein. Teilweise werden aber auch Klischees bedient. Das vermittelte Wissen spiegelt sich auch im dreiseitigen Quellenverzeichnis (für einen Roman!) wieder. Im Nachwort weist Schröder auf die Vermischung von reiner Fiktion mit historischen Tatsachen sowie auf viele Anspielungen hin. Neben Dracula tauchen beispielsweise im Orientexpress Poirot aus Belgien oder der U-Boot-Kapitän Jules Revén auf. Zudem erläutert er die echte Geschichte um die Judaspapiere.
Das empfohlene Alter von 12 Jahren kann ich an dieser Stelle nicht unterstützen. Möglich wäre es, da man dem roten Faden der Abenteuergeschichte leicht folgen kann Auch Dracula dürfte aus dem Fernsehen bereits bekannt sein. Die literarischen Vorlagen, der Roman "Der Dritte Mann" oder anderes dürfen aber nicht als bekannt vorausgesetzt werden. Mit Nietzsche, den theologischen Diskussionen, Begriffen wie Gnosis oder der Theorie eines Markion sind Zwölfjährige vermutlich überfordert. Auch fragt sich, ob man sich hier nicht etwas kürzer hätte fassen können.
Zwischen den vier Reisegefährten entwickelt sich langsam Freundschaft. Zunächst können alle nicht viel miteinander anfangen. Auf der Reise kommt es allmählich zu einer Annäherung bis hin zu echter Sympathie füreinander. Die Liebesgeschichte hingegen erscheint doch etwas unbeholfen. Kaum Indizien und dann gleich die "ganz große Liebe". Aber wenn schon eine Frau bei der Suche dabei ist... Schade, ohne dies wäre es wohl auch etwas glaubwürdiger geworden. Warum Schröder aber so die Genres mischt, ist leider nicht ersichtlich. Dracula hätte er sich wahrlich sparen können. Dieser lebt auf Burg Negoi. Es ist der Zwillingsbruder des schon in London aufgetauchten Dracula. Warum beide denselben Namen tragen, ist nicht ersichtlich. Bereits das Verhalten der Dorfbevölkerung hatte genug Hinweise auf einen Vampir geliefert, obwohl man zunächst hofft, es wäre eine komische Pointe damit verbunden, statt des platten Grusels. Schnell wird dann alles gelöst. Harriet findet einen Fluchtweg, der Graf wird geköpft, die Burg dramatisch in die Luft gesprengt - und der Leser fragt sich, warum eigentlich. Und während alles um sie zusammenstürzt, findet sich noch schnell der zweite Hinweis. Wirklich realistisch! Dieser Reiseabschnitt passt überhaupt nicht in die Geschichte. In sich ist der Roman leider nicht schlüssig, liest sich aber trotzdem sehr gut. Besonders die Hintergrundinformationen überzeugen.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von DaGO.
Veröffentlicht am 01.01.2010

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