Die große Märchenreise

Autor*in
Jooß, Erich
ISBN
978-3-629-01435-1
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Boddin, Heidrun
Seitenanzahl
125
Verlag
Pattloch bei Droemer
Gattung
Ort
München
Jahr
2009
Lesealter
6-7 Jahre8-9 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
14,95 €
Bewertung
empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Diese Sammlung neu getexteter und nacherzählter Märchen basiert auf verschiedenen Märchensammlungen aus aller Welt. In alle Geschichten sind die „Ur-Motive“ der Märchenerzählung verwoben.

Beurteilungstext

Die Märchen der “Märchenreise” sind teilweise frei erfunden, teilweise basieren sie auf gekürzten oder neu erzählten Überlieferungen. Den Autoren geht es nicht um Text-Treue zu den „Originalen“, sondern um „schöpferisches Weitererzählen“.
So mag einem in den Märchen einiges bekannt vorkommen, auch wenn die „Märchenreise“ nicht die typischen, alt bekannten Märchen zusammenstellt. Das dankbare Tier, das seinen Retter beschenkt, ein reines und heilendes Einhorn, der Tod, der durch eine List besiegt wird – das alles sind Ur-Motive, die in vielen Märchen wiederkehren und auch in diese Geschichten Eingang gefunden haben.
Besonders deutlich wird in allen Geschichten das Verhalten der Menschen unter einem moralischen Gesichtspunkt beleuchtet. Da wird der Habsüchtige mit einem Fluch belegt, bis er sich zu einem Weisen wandelt und seine Schuld erkennt, der Gerechte, Edle für seine Nächstenliebe belohnt und der Neugierige verliert durch seine Neugier das nahe Glück. In manchen Märchen klingen auch ganz deutlich biblische Inhalte an. Im „Märchen von der großen Flut“ überlebt nur ein Mensch, der in der Gunst der „Erdmutter“ steht, in einer Holzkiste eine große Flut. In einem anderen Märchen wird ein fleißiger und gerechter Mann von seinem neidischen und boshaften Bruder beinahe um sein Leben, aber nicht um sein Glück gebracht.
Da die Märchen alle in unterschiedlichen Kulturkreisen angesiedelt sind, auch wenn sie nicht ausdrücklich einem Herkunftsland zugeordnet werden, ist die Botschaft deutlich: das Zusammenleben der Menschen wird von ganz ähnlichen Geboten geregelt, egal wo sie leben. Wo Zusammenleben möglich ist, wird geteilt mit denen, die wenig haben, werden Natur und Tiere geachtet, wird den Mitmenschen kein Schmerz zugefügt. Die Märchen stellen den paradiesischen Zustand dar, sie zeigen, wie das Gleichgewicht ins Wanken gerät und wie es wieder hergestellt wird.

Die Geschichten können im Religions- oder Ethikunterricht Anlass sein, das Zusammenleben in einer Gemeinschaft zu thematisieren. Wie das in Märchen oft der Fall ist, haben die Geschichten einen starken Hang zum moralischen Zeigefinger und können möglicherweise auch verstörend wirken. Daher sollte ein begleitendes, klärendes Gespräch dem Kind helfen, die Botschaften der Geschichten einzuordnen.

Genau dieser moralische Zeigefinger ist heute aber auch das Problem von Märchenerzählungen. In einer Zeit, in der Kinder nicht mehr belehrt werden und Erziehende nicht mehr belehren wollen, werden solche Märchen immer unpopulärer. Wie gut täte den Märchen ein wenig Augenzwinkern, wie sehr sehnt man sich nach den liebenswürdigen Schlawinern und den verschmitzten Gaunern, von denen die aktuelle Kinderliteratur lebt. Unfehlbare „Gutmenschen“ und böse Prügelknaben à la Struwwelpeter haben spätestens seit Pipi Langstrumpf und Pumukel ausgedient. Diese modernen Charaktere passen nicht zum klassischen Märchengenre? Vielleicht. Wenn es aber darum geht, die Stoffe mit schöpferischer Kraft wiederzubeleben, dann könnte man versuchen diesen Bedürfnisse unserer Zeit gerecht zu werden und die Grenzen zwischen gut und böse weich zu zeichnen. Heute ist es wichtiger denn je, Wert(vor)urteile relativieren zu lernen: Zu erkennen, dass im „Bösen“ ein Mensch steckt und der „Gute“ seine Schattenseiten hat. Dies ist dem Autor nur ansatzweise gelungen.

Der Autor erzählt die Märchen in klarer und einfacher Sprache, so dass sie für Kinder ab dem Grundschulalter gut verständlich sind. Mit vielen collageartigen Illustrationen und in Leinenbindung ist das Buch besonders schön gestaltet und daher auch ein schönes Geschenk.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von stef.
Veröffentlicht am 01.01.2010

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