Die Geschwister Apraksin. Das Abenteuer einer unfreiwilligen Reise

Autor*in
Schneider, Karla
ISBN
978-3-446-20703-5
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Seitenanzahl
587
Verlag
Hanser
Gattung
Ort
München
Jahr
2006
Lesealter
12-13 Jahre14-15 Jahre16-17 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
19,90 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Nachdem sie zu Waisen geworden sind und ihnen die Einweisung in staatliche Heime droht, fliehen die fünf Geschwister in den Wirren der Russischen Revolution. Ihre “Reise” führt sie durch wochenlange Zugfahrten über Rostow am Don und die Krim schließlich nach Moskau. Dabei steht immer das nackte Überleben, die Suche nach Essbarem, der Schutz vor Kälte und Typhus im Vordergrund. Obwohl nicht alle Geschwister zusammenbleiben, deutet sich am Ende eine positive Wendung an.

Beurteilungstext

Die Autorin erzählt mit langem Atem und verlangt diesen auch von ihren Lesern, die den Geschwistern auf 580 Seiten durch ganz Russland folgen sollen. Die einzelnen Stationen der Flucht sind sehr ausführlich geschildert - die alltägliche Not wird so bedrückend nachvollziehbar. Dabei wird dem Leser auch das Aushalten von emotional Belastendem “zugemutet” und erst nach mehreren hundert Seiten ein kleiner Hoffnungsschimmer geweckt - so, wenn das jüngste der Geschwister scheinbar im Krankenhaus an Typhus stirbt, sich dann später jedoch herausstellt, dass sie von einer Familie adoptiert worden ist. Oder wenn Klascha, die Älteste, die Geschwister verlässt und ihr Schicksal im Dunklen bleibt, bis sie ganz zum Schluss wieder auftaucht. Beide Male ist es Polly, die heimliche Hauptfigur, die ihre Schwestern wiederfindet - aber weder ihr noch dem Leser wird ein richtiges Happy End gegönnt: Dillotschka, die Jüngste, erinnert sich kaum noch an ihre Geschwister und will bei der neuen Familie bleiben, und wie es kommt, dass auch Klascha in Moskau auftaucht, wird offen gelassen.
So kreuzen sich die Wege der Geschwister, die sich am Beginn ihrer Flucht geschworen hatten, zusammenzubleiben, in Moskau wieder, aber sie werden nicht wiedervereint. Doch in diesen Zeiten ist es wohl schon ein kleines Glück, dass sie alle überlebt haben.
Bedrückend ist oft die Gewalt, die den Kindern auf ihrer Flucht begegnet - in Gestalt von marodierenden Banden, betrunkenen Soldaten beider Fronten, willkürlich mordenden Regierungsvertretern oder kaltherzigen, nur auf ihren Vorteil bedachten Menschen. Doch es gibt auch immer wieder Menschen, die sich ihre Menschlichkeit bewahrt haben und den Kindern helfen. Da sind z.B. die beiden jungen Tanzlehrerinnen, die die Geschwister in Rostow kennen lernen und die sie mit auf die Reise auf die Krim nehmen, wo sie ihre Schule eröffnen. Doch die herrlichen Sommertage dort, das kleine Glück einer behüteten Gemeinschaft währt nur so lange, bis die Kämpfe auch die Krim erreichen und die Geschwister sich allein auf den Weg nach Moskau machen.
Das Buch ist immer spannend zu lesen, auch wenn ihm zuweilen eine leichte Straffung der sehr ausführlichen, immer wiederkehrenden Schilderungen des alltäglichen Überlebens gut getan hätte. Nicht ganz einfach ist das Durchschauen der vielen Koseformen der russischen Namen; ein Personenverzeichnis am Ende hilft bei der Einordnung der vielen Figuren. Ebenso sinnvoll sind die Worterklärungen typisch russischer Bezeichnungen oder französischer Aussprüche sowie eine Karte, auf der die Fluchtroute eingezeichnet ist.
Insgesamt ein spannendes, dabei nicht leichtes Buch, das einem noch lange nachgeht.

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Diese Rezension wurde verfasst von sr.
Veröffentlicht am 01.01.2010

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