Die Geschichte vom Löwen, der nicht schreiben konnte
- Autor*in
- Baltscheit, Martin
- ISBN
- 978-3-907588-36-9
- Übersetzer*in
- –
- Ori. Sprache
- –
- Illustrator*in
- Baltscheit, Martin
- Seitenanzahl
- 36
- Verlag
- Bajazzo
- Gattung
- BilderbuchMärchen/Fabel/SageSachliteratur
- Ort
- Zürich
- Jahr
- 2006
- Preis
- 13,00 €
- Bewertung
Schlagwörter
Teaser
Der Löwe konnte nicht schreiben, aber das störte den Löwen nicht, denn der Löwe konnte brüllen und Zähne zeigen und mehr brauchte der Löwe nicht. Eines Tages aber traf er eine Löwin und verliebte sich. Jetzt brauchte er einen Liebesbriefschreiber, doch was auch die anderen Tiere schrieben, es passte nie zum Löwen. Und da half auch alles Brüllen nicht. (unter Verwendung des Verlagstextes)
Beurteilungstext
Was kann er eigentlich nicht, dieser Martin Baltscheit? Er schreibt wundervolle Geschichten in äußerst plastischer und lebendiger Sprache, er illustriert verschwenderisch und einfallsreich seine eigenen Bücher und sorgt dazu noch für eine interessante und lesefreundliche grafische Gestaltung. Ein Tausendsassa also.
Hier geht es um den Sinn und Zweck des Schreibenkönnens, verdeutlicht anhand einer Fabel um einen verliebten Löwen. Der glaubt (und viele Kinder glauben es mit ihm), dass man nicht schreiben können muss: Wenn man stark und wild ist, da reicht auch schon ein heftiges Brüllen. Und für den Kampf ums Überleben mag das ja auch stimmen, da schreibt man keine Briefe, noch nicht einmal SMS. Doch dieser Löwe verliebt sich auf ganz altmodische Art und Weise, schüchtern möchte er seiner Angebeteten so vieles sagen, das nur von ferne, per Post sagbar ist. Zwar möchten ihm viele andere Tiere behilflich sein, sie schreiben wundervolle Liebesbriefe, aber eben nicht passend für einen Löwen. Und von Mal zu Mal brüllt der Löwe vor Enttäuschung lauter und lauter: “Aber neiiiiiin! So etwas hätte ich doch nie geschrieben!” Nur gut, dass Frauen auch die Unzulänglichkeiten verstehen wie diese Löwendame.
Die Botschaft geht also nicht nur um die Notwendigkeit des Schreibens, sondern auch um den Ausdruck der eigenen Persönlichkeit in den schriftlichen Äußerungen. Lohnschreiber und Liebesbriefvorschläge per Buch oder Internet kriegen in einem gleich mit ihr Fett weg.
Baltscheit nutzt zur Verdeutlichung die uralte Technik steter Wiederholung, immer wieder gibt es einen neuen Versuch, den der Löwe mit immer den gleichen Worten als gescheitert erklären muss. Das Layout steigert dabei von Mal zu Mal die Schriftgröße, so dass das Brüllen förmlich zu hören ist. Das der Leser gleichzeitig manches aus dem Leben verschiedener Tiere erfährt, geschieht ganz nebenbei, macht die Sache aber nur noch interessanter.
Den stärksten Eindruck hinterlassen aber die Illustrationen, große und kleine fröhlich bunte Tierbilder, die mit ihren stabilen schwarzen Konturen an kolorierte Holzschnitte erinnern. Witzige Details und optische Überhöhungen reizen dabei genauso zum Lachen wie der überschaubar kurzsätzige Text. Beides ist schon für Kindergartenkinder fassbar und verstärkt sicher den Wunsch, die Kunst des Schreibens endlich auch selber zu erlernen.
Nicht vergessen werden soll die besonders einfallsreiche und liebevolle Ausgestaltung der inneren und äußeren Buchdeckel, die einem Briefkuvert mit zahlreichen Briefmarkenkleinodien ähneln, von denen so manche Postverwaltung etwas lernen könnte. Lasst Martin Baltscheit endlich “richtige” Briefmarken entwerfen! Oder macht wenigstens noch viel mehr von diesen wunderschönen Büchern!