Die ewige Helena

Autor*in
Lochner, Reinhard
ISBN
978-3-942929-18-9
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Sven, Lychatz
Seitenanzahl
181
Verlag
Lychatz
Gattung
Ort
Leipzig
Jahr
2012
Lesealter
14-15 Jahre16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
19,95 €
Bewertung
empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Das Buch enthält “Mytho-Logische Miniaturen”, wie es im Untertitel lautet. Dabei werden vom Autor sowohl die Sagen der griechischen Antike von Homer und Ilias auf ihre Wahrheit hinterfragt, es werden die dort handelnden Götter und Halbgötter beleuchtet und es wird deren Wirken damals eingeschätzt und gefragt, ob es auf die heutige Situation übertragbar oder gar anwendbar sei.

Beurteilungstext

Lochner geht den offensichtlichen Widersprüchen nach, die sich in den Texten der großen griechischen Meister massenhaft nachweisen lassen. Er bürstet, wie er eingangs anmerkt, diese weltbekannten Sagen, einzelne Figuren daraus und verschiedene Weisheiten, die sich mit dem Wirken der griechischen Philosophen und Helden verbinden, sozusagen gegen den Strich, um kritisches Bewusstsein zur Sagenwelt Homers ausprägen zu helfen. So werden die Legenden, ob dieser die Texte ""Odyssee"" und ""Ilias"" je schrieb, lakonisch hinterfragt.
Der Kampf um Troja, die vermeintlichen Heldentaten einzelner Recken wie Achilleus, Priamus, Hektor u.a., der Raub der schönen Helena werden mit spitzer Zunge episodisch angedeutet, um dann Fragen zu stellen, wie derartige Sachverhalte heutzutage wohl aussehen oder interpretiert würden. Dabei ist die Schärfe der Pointen Lochners mitunter derb und eindeutig. Meist sind es die moralischen Lehren, die aus jenen vergangenen Vorfällen gezogen werden können, die den Blick für heute weiten: die Apotheose des Tötens hat weltweit kaum nachgelassen; wer vor dem Verderben warnt, macht sich unbeliebt; Skrupellosigkeit gehört wohl heute zu den Genen mancher Politiker; seinerzeit war Achilleus der Held schlechthin, heute sind es die ""kollektiven"" Achilleus, die in den arabischen Ländern zu Helden mutieren etc.
Im Zweiten Kapitel geht es um die Götter. Wiederum werden von einzelnen Figuren aus Schlüsse auf die heutige Weltlage abgeleitet. Neben den Weltreligionen, die beim Rat der Götter entstanden, kommen heute Geld, Politik, Mode, Medien und Fußball als Fetische hinzu. Der Sonnengott Helios zwang seinen ungestümen Sohn Phaeton durch einen Blitz, den Zeus sandte, den Sonnenwagen anzuhalten; heute ist Zeus tot und Phaeton rast durch die Welt. Demeter hieß seinerzeit die Göttin des Wachstums, heute nennt sie sich Geneter. Hebe, Tochter von Zeus und Hera, könnte heute verantwortlich sein für Ernährungstheorien, Kosmetik, Hormonsteuerung usw.
Früher jagten die Helden alle möglichen Ungeheuer, aber heute sind die Helden ausgerottet. Früher lehrte Prometheus, alle Schätze der Welt zu achten, heute ist es die höchste Lust, dem Geld nachzujagen, und die Mächtigen machen noch aus Scheiße Geld. Früher schlug der Herakles der Hydra die Köpfe ab, heute ist schon eine erklärte Absicht mit einer Lüge verbunden.
Einige dieser Sentenzen Lochners benötigen keine Pointe. Der geneigte Leser ist aufgefordert, selbst seine gewonnenen Einsichten aus der Lektüre jener Prosa hinzuzufügen. Alle kurzen Texte sind auf einer Seite untergebracht, und daneben sind die vom Verleger beigefügten Fotos, die Relikte aus jener Zeit zeigen, Teile von Bauwerken, Säulen, Reste von Mosaiken, Fresken usw., die farblich eindrucksvoll zum Inhalt der Prosa passen. Besonders für Schüler und Lehrer höherer Klassen dürften Texte und Bilder zum Diskurs herausfordern.

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Diese Rezension wurde verfasst von rene.
Veröffentlicht am 01.01.2010