Der Wörterhimmel des Fräulein Dill

Autor*in
Karimé, Andrea
ISBN
978-3-85452-173-0
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Bodecker-Büttner von, Annette
Seitenanzahl
93
Verlag
Picus
Gattung
Erzählung/Roman
Ort
Wien
Jahr
2013
Lesealter
6-7 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
13,90 €
Bewertung
empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Der siebenjährige Dennis hat Sehnsucht nach seiner Mama, schon seit 30 Tagen ist sie in der Türkei. Weil er sich schrecklich langweilt, spielt er sein Lieblingsspiel: Aus Quatschwörtern Reime und Lieder erfinden. Ganz unverhofft macht er die Bekanntschaft einer mürrischen alten Frau. Es zeigt sich, dass sie dringend seine Hilfe braucht, indem er Wörter für ihren Wörterhimmel erfindet.

Beurteilungstext

Gibt es einen Wörterhimmel? Für Dennis und Fräulein Dill ganz sicherlich. Sie verliert immer mehr Wörter, so dass sie Dennis um Hilfe bittet. Die alte Frau ist eine Türkin, die in Deutschland ihre Tochter besucht. So kommt zur Gebrechlichkeit des Alters noch die demente Sprachholprigkeit hinzu. Sie spricht Deutsch und Türkisch, doch immer öfter wollen ihr bestimmte Wörter nicht einfallen. Hier mischen sich Demenz und die üblichen mehrsprachigen Sprachbarrieren. Da “dil” auf Türkisch Sprache oder Zunge bedeutet, meint Dennis, dass die alte Frau ein lösbares Dillproblem hat. Da kommt Mamas Buch-Geschenk gerade recht. Damit fordert sie ihn liebevoll auf, das dicke Buch mit Wörtern aus dem Wörterhimmel und mit Quatschliedern zu füllen. Und mit Wörtererfinden kennt sich Dennis bestens aus. Jetzt beginnt ein wundersames Sprachabenteuer.
Fräulein Dill schreibt sich die neuen Wörter auf kleine Zettel und stopft sie in ihre Handtasche, die Handtasche verschwindet und zum Wörterverlust kommt jetzt noch die falsche Wortstellung. Dennis wird zunehmend ratlos. Überraschend ist Fräulein Dill verschwunden, sie ist plötzlich wieder in Istanbul und über Dennis schlägt eine Heimwehwelle zusammen. Schlussendlich fliegt er allein zu seiner Mama und zum Fräulein Dill nach Istanbul. Im zweiten Teil der Erzählung erkundet ein glücklicher Dennis die Besonderheiten Istanbuls. Solch ein Sprachenwirrwarr ist ihm gerade recht, die Doppeldeutigkeit aus dem deutschen und türkischen Wortschatz regen ihn zu immer neuen Quatschliedern und Worterfindungen an. Dennis kundschaftet Fräulein Dills und Herrn Tümians geheimnisvolles Haus heimlich aus und bleibt in seiner Erkundung immer auch ein erstaunter siebenjähriger Junge. Mit der Entdeckung des Dachstübchens werden dann auch die Erinnerungen des Fräuleins lebendig. Der Vogel Kusch spielt dabei eine beinahe märchenhafte Rolle. Letztlich geben Dennis Wörter, aufgehängt auf dem ""Wörterdach"" des renovierten Dachstübchens, Fräulein Dill Zuversicht und die Lebensfreude zurück.

Die Sprache und das Erzählen stehen in allen Büchern der vielbepreisten Autorin Andrea Karimé im Mittelpunkt (als Blanka Beirut schreibt sie poetische Texte bei Fixpoetry ). In ihrem neuen Buch steht die Sprache jedoch auch im Zentrum der Handlung. Karimé bettet die vortrefflichen Wortspielereien, Worterfindungen und fantasievollen Umdeutungen in eine kleine Geschichte ein. Sie trifft den richtigen Ton - und die richtigen Worte, um das Zusammenleben zwischen Dennis und Papa in Stimmungen einzufangen. Mit dem Fräulein Dill findet Dennis nicht nur eine energische Verteidigerin seiner kindlichen Sprachspäße, sondern auch eine empathische Herausforderung in der Begegnung mit alten Menschen und Nationalitäten.
Die Phantasiewörter machen Spaß beim Lesen und in der kursiven Schrift sind sie schnell aufzufinden. Im Anhang findet sich in kindlicher Handschrift eine Übersicht zu Dennis' lieblingstürkischen Wörtern mit deutscher Bedeutung. Eine Sammlung dieser Wörter in einem Quatschheftchen ist eine Anregung für Pädagogen, um Sprache einmal anders zu betrachten.
Annette von Bodecker-Büttner illustriert die sprachlich sehr ausgereifte Geschichte mit heiteren schwarz-weißen Tuschezeichnungen. Dabei fängt sie mit wenigen Strichen gekonnt Mimik und Gestik der Figuren ein.
Eine einfallsreiche und herrliche Wortakrobatik machen dieses Buch zu einem großen Vorlesegenuss für 6-8-jährige Kinder. Themen wie Mehrsprachigkeit, Einsamkeit und Altern sind behutsam in die Geschichte eingebettet. Zum Lesen ist das Buch auf Grund der kleinen Schrift und des anspruchsvollen Wortschatzes erst ab ca. 8 Jahren ratsam. Für ältere Leser ist die Handlung nicht ansprechend und spannend genug.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von Han.
Veröffentlicht am 30.05.2022

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