Der Türke - Das Original

Autor*in
Acar, Ihsan
ISBN
978-3-423-20961-8
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Seitenanzahl
110
Verlag
dtv
Gattung
Ort
München
Jahr
2007
Lesealter
14-15 Jahre16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
7,90 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Eine amüsante Auseinandersetzung mit dem Bild der Deutschen von den Türken und umgekehrt.

Beurteilungstext

Ein vielseitiges und vielschichtiges Buch: tiefsinnig, spöttisch, ernsthaft, lustig, ironisch - von jedem ein bisschen und genau in der richtigen Portion, geschrieben von einem "Deutschländer", d.h. einem Türken, in der zweiten Generation in Deutschland geboren. Und wer hätte wohl besser, toleranter, verständnisvoller die oft schwierige Annäherung der beiden so verschiedenen Völker aufarbeiten können?
Ihsan Acar gehört zu beiden Ländern, versteht sie beide, kennt ihr Schwächen und Stärken, weiß um die jeweils landestypischen Verhaltensweisen, die er in 23 Einzelkapiteln beschreibt. Ausgangspunkt ist immer eine konkrete Situation, eine kleine Episode mit ein paar Menschen, die beispielhaft für das dahinter stehende Problem ist. Humorvoll und ohne jede Wertung für oder gegen den einen oder anderen gelingt es Ihsan Acar gerade das aufzuzeigen, was der einen Partei an der anderen so abweichend und fremd vorkommt, egal ob es nun die Grillsucht des Türken oder das Nacktduschen des Deutschen ist, ob es Fußball, Einkaufen, Religion, Fernsehen, Fasten, Urlaub oder Arztbesuche betrifft. Alle Themen sind dem unmittelbaren Alltag entnommen, in dem beide Völker aufeinander treffen und sich oft mit Unverständnis begegnen.
Im Grunde ist es eine brillante Aufklärungsarbeit, die Ihsan Acar hier betreibt: Anhand seiner kleinen Geschichten erklärt er, warum der Türke sich so verhält und verhalten muss und warum der Deutsche so darauf reagiert und reagieren muss, aus ihren jeweiligen Kulturbegriffen heraus. Natürlich ist sich Acar dessen voll bewusst, dass es "den" Türken ebenso wenig gibt wie "den" Deutschen, aber im Spiel mit den Vorurteilen greift er bewusst diese so gängige Formulierung auf. Es gelingt ihm hervorragend, diese Vorurteile ad absurdum zu führen, indem er sie scheinbar gerade ernst nimmt und betont, um sie dadurch gezielt zu entschärfen und zwischen den Kulturen zu vermitteln.
Wen das Buch mehr anspricht, lässt sich nicht sagen. "Der Türke" wird es schätzen können, indem er sich selbst bestätigt sieht und doch zugleich erkennt, wo die Probleme bei seiner Akzeptanz liegen könnten; "der Deutschländer" wird über seine türkischen Wurzeln mehr erfahren, aber auch einsehen, was ihn auch in der zweiten Generation immer noch von den "echten" Deutschen unterscheidet; und "der Deutsche" wird erst einmal all seine Vorurteile bestätigt sehen - wie befriedigend - um plötzlich zu erkennen, warum "der Türke" sich so verhält und dass dieser vielleicht gar nicht so schlimm ist.
Was für ein unterhaltsam, herrlich zu lesender Brückenschlag zwischen zwei Kulturen! Einzelne Kapitel des Buches sind durchaus schon in den letzten Klassen weiterführender Schulen einsetzbar, vor allem, wenn der Ausländeranteil in den Klassen hoch ist. Und warum nicht mal eine Auflistung erarbeiten: Wie sehen uns unsere Nachbarn und wie sehen wir sie?
Es sind solche Bücher, die wir brauchen, wenn wir wirklich eines Tages zu einem gemeinsamen Europa zusammenwachsen wollen.

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Diese Rezension wurde verfasst von avn.
Veröffentlicht am 01.01.2010