Der Schnupfen

Autor*in
Lem, Stanislaw
ISBN
978-3-86615-261-8
Übersetzer*in
Staemmler, Klaus
Ori. Sprache
Polnisch
Illustrator*in
Seitenanzahl
157
Verlag
Süddeutsche Zeitung
Gattung
Krimi
Ort
München
Jahr
2006
Lesealter
16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
4,90 €
Bewertung
eingeschränkt empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

John erhält von der italienischen Polizei den Auftrag, den Mord an elf ausländischen Männern aufzuklären. Alle Opfer haben sich am gleichen Ort mit Kurbädern behandeln lassen und starben nach plötzlichen schweren Bewusstseinsstörungen. Da es den Ermittlern weder gelingt ein Motiv, noch einen erkennbaren Zusammenhang zwischen den Fällen herzustellen, soll John, der dem Opferprofil zu entsprechen scheint, nun die letzten Tage der Opfer nacherleben. Dabei gerät er gleich mehrfach in Todesgefahr.

Beurteilungstext

Stanislaw Lem führt seine Leser mit seinem Roman "Der Schnupfen" an der Nase herum.
Wer glaubt, einen spannenden Kriminalroman mit atemberaubendem Inhalt präsentiert zu bekommen, irrt und wird nach anfänglicher Lektüre bereits erkennen, dass das Motiv des Romans ein völlig anderes ist.
Der Autor beabsichtigt keinesfalls einen Kriminalroman zu schreiben, sondern präsentiert hier vielmehr einen philosophischen Diskurs über Zufall und Wahrscheinlichkeit.
Der Fall, den der Protagonist zu lösen versucht, dient allenfalls als Gerüst für den Argumentationsstrang des Autors. Somit sucht der Leser vergeblich nach einem Handlungsverlauf. Größtenteils besteht der Roman aus Dialogen und Monologen und folgt somit auch formal dem Diskursschema.
Die Mordfälle werden schließlich auch beinahe nicht aufgeklärt, vielmehr stößt der Protagonist rein zufällig und, zur Unterstützung der These des Zufallsprinzips, ohne sein Zutun auf die Lösung des Falls. Die Lösung, die somit unspektakulär und im Grunde nebensächlich zu Tage tritt, erhält hierdurch zum einen trivialen Charakter, zum anderen aber auch einen Beigeschmack völliger Gleichgültigkeit. Die Morde werden durch eine undurchdringliche, kaum rekonstruierbare Verkettung nebensächlicher Zufälle verursacht. Die geballte Unwahrscheinlichkeit, die der Zufallsverkettung zugrunde liegt und die Trivialität der Ereignisse erscheinen als das eigentlich interessante, unbegreifliche und damit als Kernstück des Romans.
So interessant die Gestaltung eines philosophischen Diskurses in Tarngestalt eines Kriminalromans auch ist, so schwierig gestaltet sich der Leseprozess für den Rezipienten. Die Handlungslosigkeit, die schwierigen, zum Teil langatmigen Diskussionen und die enttäuschte Erwartungshaltung können das Lesevergnügen trüben. Somit ist dieser Roman nur für diejenigen empfehlenswert, die ein gesteigertes Interesse an philosophischen Diskursen mitbringen und sich von einer verblüffenden Romankonstruktion beeindrucken lassen wollen.

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Diese Rezension wurde verfasst von SZ.
Veröffentlicht am 01.01.2010