Der rebellische Mönch, die entlaufene Nonne und der größte Bestseller aller Zeiten Martin Luther

Autor*in
ISBN
978-3-522-30419-1
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Schautz, Irmela
Seitenanzahl
208
Verlag
Thienemann
Gattung
Biografie
Ort
Stuttgart
Jahr
2016
Lesealter
12-13 Jahre14-15 Jahre16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
14,99 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Teaser

Pünktlich zum Lutherjahr 2017 - eine gut verständliche, interessante Nacherzählung von Luthers Leben für interessierte Jugendliche und Erwachsene. Martin Luthers Aufstieg vom braven Mönch bis zum reformatorischen Querulanten, der die Welt veränderte, bis heute.

Beurteilungstext

Inhalt: Der junge Martin Luder erfährt durch sein Gewittererlebnis 1505 eine Wende in seinem Leben und wird ein ängstlicher, peinlich um sein Seelenheil besorgter Mönch, ist aber dabei unglücklich. Durch das Bibelstudium stößt er auf die alles verändernde Entdeckung, dass Gott nämlich ein gnädiger ist, und der Mensch zu seiner Errettung keine eigenen Werke notwendig hat. Er entwickelt seine 95 Thesen und andere wichtige Schriften, die sich durch den neuen Buchdruck rasend schnell verbreiten. Zu spät entdecken Papst und Kaiser, dass ihnen dieser Mönch in Bezug auf Reichtum und Macht gefährlich werden kann: Die Reformation, wie es später heißen wird, ist nicht mehr aufzuhalten. Luther übersetzt die Bibel in ein von ihm maßgeblich geprägtes Deutsch, muss aber mit ansehen, wie seine Ideen teilweise anders wirken als gewollt, und auch - durch ihn selber gefördert - in Gewalt umschlagen. Seine Heirat mit Katharina von Bora, die Entstehung des deutschen Pfarrhaushaltes als Vorbild für das Bürgertum, folgen, bis er 1546 stirbt. Er hinterlässt ein Erbe, das bis heute weiterwirkt, was in einem letzten Kapitel noch ausführlich erläutert wird.

Bewertung: Das Gespann Nürnberger/Gerster legt ein weiteres ihrer Werke vor. Das Leben Martin Luthers wird von seinem Gewittererlebnis 1505 über sein Wirken als Theologe mit seiner Entdeckung des gnädigen Gottes, seinen Kämpfen mit der katholischen Kirche, Papst und Widersachern, seiner Hochzeit mit Katharina von Bora bis hin zu seinem Tod anschaulich geschildert, sodass auch jüngere, interessierte LeserInnen gut folgen können und das Wirken dieses außergewöhnlichen Mannes bis in die heutige Zeit verstehen können. Man erlangt einen plastischen Einblick in die damaligen geschichtlichen Verhältnisse, natürlich heruntergebrochen auf das Wesentliche, sodass einige Ereignisse nur gestreift, aber auch wiederholt werden, was aber den Gesamteindruck nicht trübt. Auch die dunklen Seiten Luthers werden nicht ausgespart, was von einem solchen Text zu erwarten ist, sie "beschämen das Erbe des Protestantismus bis heute." An wenigen Stellen werden junge Leser Schwierigkeiten im Verständnis haben, wenn z. B. da steht: "Die Ausbrüche des alten Luthers gegen die Juden stehen erratisch in seiner Vita."
Nur an einer Stelle biedert sich der Autor bei seinen (jungen?) Lesern an, wenn er den Vorschlag macht, die Thesen Luthers "zwischen zwei Staffeln einer US-Serie doch wenigstens einmal gelesen" zu haben.
Die im Titel groß angekündigte "entlaufene Nonne" kommt insgesamt viel zu kurz, wenn hier auch Quellen fehlen; der Verdacht liegt nahe, dass der Beitrag Gersters insgesamt in diesem Buch nicht groß ist.

Mit Luthers Tod ist nicht Schluss, es wird eine zugegeben sehr grobe Linie über den Westfälischen Frieden bis heute gezogen, die vielleicht aber Appetit auf mehr macht.
Interessant ist das letzte Kapitel, das, als persönliche Meinung des protestantischen Autors angekündigt, ein Loblied auf die "pragmatische Anpassungsfähigkeit des Protestantismus" singt und die Protestanten als bessere Gesprächspartner sieht, "während die anderen noch weit hinter Bultmann auf ihrem unhaltbaren, mytisch begründeten Dogmatismus verharren", was zu Diskussionen anregen wird.

Illustration: Die von Irmela Schautz angefertigten und den Text unterhaltsam auflockernden Bilder und Kollagen nehmen die inhaltlichen Ereignisse originell auf, sind aber von der Darstellung der Personen her letztlich Geschmackssache.

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Diese Rezension wurde verfasst von SD.
Veröffentlicht am 01.01.2017