Der Prediger von Fjällbacka

Autor*in
Läckberg, Camilla
ISBN
978-3-378-00669-0
Übersetzer*in
Kosubek, Gisela
Ori. Sprache
Schwedisch
Illustrator*in
Seitenanzahl
407
Verlag
Kiepenheuer
Gattung
Krimi
Ort
Berlin
Jahr
2006
Lesealter
16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
19,90 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Ein kleiner Junge findet beim Spielen in der Badebucht eine Tote - eine deutsche Urlauberin, stellt sich heraus. Das Makabere: Sie ist auf die Skelette zweier Toten gebettet, Frauen, die vor Jahrzehnten verschwunden sind. In der Hitze des Sommers geht Kommissar Patrik Hedström auf die Suche nach dem Mörder und gerät immer tiefer in eine Geschichte von Schuld und religiösem Fanatismus ...

Beurteilungstext

Monatelang hat dieser Roman auf der schwedischen Bestsellerliste gestanden, und unter den mir bekannten schwedischen Jugendlichen ist er viel diskutiert worden. 400.000 verkaufte Exemplare des Originals sprechen eine deutliche Sprache. Das verwundert auch nicht, denn von der ersten Seite an erweist sich der Kriminalroman als eine spannende, anspruchsvolle Lektüre. Dennoch ist es kein Roman, wie sich im Laufe der Lektüre immer deutlicher zeigt, den die Masse der deutschen Jugendlichen in gleichem Masse konsumieren würde.
Zu anspruchsvoll ist die Geschichte mit ihren vielen Handlungs-, Zeit- und Personenebenen, die sich nahtlos verschränken, so dass das Verständnis für den Gesamtzusammenhang erst mit der Zeit erwacht. In der Gegenwart findet ein Sechsjähriger die Leiche einer nackten Frau. Bald zeigt sich, dass diese auf zwei ausgegrabenen alten Frauenskeletten liegt, und der Verdacht, es könne sich um die vor 25 Jahren verschwundenen Mädchen aus dem Ort handeln, erhärtet sich schnell. Mit Gen-Analyse wird ein Täterprofil erstellt, und alles deutet auf eine bestimmte Familie. Doch keine DNA-Analyse stimmt überein - bis man sich eines Tages daran erinnert, dass der Verdächtige als Jugendlicher Leukämie und eine Knochenmarkspende erhalten hatte ...
Einzelne Passagen in dem auktorial erzählten Buch stammen - wie man ahnt - vom Täter, andere von den Opfern; erzählt wird grundlegend aus der Sicht des Kommissars und seiner hochschwangeren Freundin. Wie in den nordischen Kriminalromanen üblich, sind Kommissar und Opfer in feste gesellschaftliche und familiäre Situationen eingebunden, führen neben ihren Rolle als Täter, Opfer, Detektiv ein Privatleben mit eigenen, persönlichen Konflikten, die im Roman eine tragende Rolle spielen.
Was die Erzählung für ältere Jugendliche lesenswert macht, sind die unterschiedlichen Familienbilder, vor allem die zerrüttete Familie des Ephraim Hult und seiner Söhne Johannes und Gabriel mit ihren Familien. Den heutigen Jugendlichen dieser Familien treten in den Rückerinnerungen der heutigen Erwachsenen dieses als damalige Jugendliche auf, bieten ein differenziertes Bild der End-60er und 70er Jahre, reizvoll durch Varietät, weit von jeder Schwedenidylle entfernt, für die der exklusive Ort Fjällbacka hätte stehen können.
Camilla Läckberg entwirft in ihren Familienbildern ein Abbild der Gesellschaft und verbindet den spannenden Kriminalfall mit der Frage nach Schuld und Sühne und der Rolle eines unversöhnlichen Gottes der Rache.
Ein sehr zu empfehlender Roman für literarisch interessierte und erfahrene Leser, keinesfalls unter 16 Jahren, wegen Szenen von brutaler Gewalt, die sich mit religiösem Fanatismus verbinden; der Leser erlebt sie zwar nur andeutungsweise in den Gedankenfetzen der dahinsterbenden Opfer, aber das macht sie nicht weniger schrecklich.

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Diese Rezension wurde verfasst von avn.
Veröffentlicht am 01.01.2010