Der Pfad im Schnee

Autor*in
Hearn, Lian
ISBN
978-3-7335-0322-2
Übersetzer*in
Brender, Irmela
Ori. Sprache
Englisch
Illustrator*in
Seitenanzahl
400
Verlag
Gattung
Erzählung/RomanTaschenbuch
Ort
Frankfurt/Main
Jahr
2017
Lesealter
14-15 Jahre16-17 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
12,00 €
Bewertung
empfehlenswert

Teaser

Takeo Otori hat sich nach dem Tod Shigerus dem geheimnisvollen Stamm verpflichtet. Dies hat für ihn weitreichende Konsequenzen, denn er muss alle Dinge, die ihm früher wichtig waren, aufgeben. Dazu gehört auch seine große Liebe Kaede. Diese stellt sich neuen Herausforderungen.

Beurteilungstext

Beim Abschied von seiner Geliebten, Shirakawa Kaede, versenkt Takeo Otori diese in einen tiefen Schlaf, eine Fähigkeit, die den Angehörigen der Kikuta-Familie eigen ist. Als Kaede erwacht, ist Takeo schon längst unterwegs mit seinen beiden Gefährten, Mitgliedern des Stammes, in Richtung des Tempels von Terayama. Dort soll er mit allen Fertigkeiten der Stammesmitglieder ausgerüstet bzw. in diesen geübt werden. Er weiß, dass seine Entscheidung, sich dem Stamm anzuschließen, für ihn die Abkehr von all dem ist, was ihm in seiner Jugend, der Erziehung durch seine Mutter und in dem Zusammensein mit seinem Vormund, Otori Shigeru, wichtig war. Schon bald erkennt Takeo, dass Misstrauen und Neid, wenn nicht gar Hass, von Seiten seiner Ausbilder, insbesondere von Akio, ihm gegenüber bestehen. Yuki Kenji, die Tochter seines Gefährten und Vertrauten Muto Kenji, fordert ihn in jeglicher Hinsicht heraus – ihre Aufgabe ist es, Takeo durch ein Kind an den Stamm zu binden oder dessen genetische Eigenschaften und außergewöhnliche Fähigkeiten auf diese Weise für den Stamm zu erhalten. Takeo ahnt nichts davon und lässt sich in zuneh-mendem Maße auf Yukis geschicktes Werben ein. Akio, der mit Yuki liiert ist, fügt sich zwar dem Willen des Stammes, lässt aber keine Gelegenheit verstreichen, um den ‚Hund‘, so sein Spitzname für Takeo, zu quälen, zu provozieren und fertig zu machen. Takeo wird zunehmend instrumentalisiert, er ist für mehrere Morde sowie für das Aushungern eines Dorfes verantwortlich. Noch lange nicht auf dem Höhepunkt seines Weges zum blutrünstigen Monster entscheidet sich Takeo für den Ausstieg und flieht – wohl wissend, dass er dem Netzwerk des Stammes kaum entkommen kann.
Parallel zu Takeos Entwicklung verläuft die Rückkehr Kaedes in ihre Heimat, die völlig verarmt und zerstört ist. Ihr Vater ist psychisch krank, er geht davon aus, dass Kaede verflucht sei, denn sie hat allen Männern, mit denen sie liiert war, den Tod gebracht. Kaede, von Takeo schwanger, will die ihr zustehenden Reiche vereinen und muss sich gegen die Männermacht ihrer Umgebung durchsetzen. Unter schwierigsten Bedingung bringt sie ihren Vater dazu, ihr das Wissen zu vermitteln, das er einem Sohn als Nachfolger beigebracht hätte. Die Rollenverteilung ist klar geregelt, die Frau ist für den Haushalt zuständig – eine Regentin käme für ihn nicht infrage. Durch einen unglücklichen Zufall er-fährt ihr Vater, dass das Ungeborene nicht von ihrem vermeintlichen Ehemann ist, und er verliert jeglichen Anstand und Verstand. Kaedes Vertraute, Kondo und Shizurka, verhindern Kaedes Vergewaltigung, töten den Vater und täu-schen Selbstmord infolge seiner Wahnvorstellungen vor. Kaede verliert aufgrund des Schocks das Ungeborene und kämpft über Wochen mit dem Tod. Lord Fujiwara, Kunstmäzen und -kenner, hat an ihr bei dem ersten Zusammentref-fen noch zu Lebzeiten des Vaters Gefallen und Interesse gefunden. Er will sie heiraten, aber nicht aus Liebe, denn er ist jungen Männern zugetan, sondern will sie als weiteren Edelstein seiner Kunstsammlung hinzufügen. Ihm verdankt Kaede die notwendige ärztliche Versorgung, die ihr das Leben rettet.
Immer wieder wechseln sich die Episoden, die Kaede oder Takeo begleiten, ab, und zeigen auf der einen Seite die wachsende Emanzipation der Frau in der von Männern dominierten Gesellschaft, auf der anderen Seite Takeos An-passung an den Stamm sowie die abrupte Wiederbesinnung auf seine früheren Werte und auf sein ursprüngliches Ich. Da dieser Band der zweite in der Reihe ist, gibt es zahlreiche Rückverweise auf die dramatischen Geschehnisse des ersten Bandes, der Leser ist gefordert, in zahlreichen kleinen Versatzstücken die früheren Zusammenhänge her-zustellen, um das Aktuelle in seiner Tiefe zu verstehen. Viele Verhaltensmuster spiegeln japanische Traditionen im gesellschaftlichen Zusammensein wider, es gibt eine stark hierarchische Struktur – sowohl in Bezug auf die Ge-schlechterrollen als auch der Gesellschaftsstruktur. Die Christen leben als ‚Verborgene‘ im Untergrund, sind gewis-sermaßen vogelfrei, ausgestoßen und werden wiederholt Opfer der allgemeinen Willkür. Immer geht es um Macht, Reichtum und deren Vernetzung, der Einzelne bleibt auf der Strecke, wenn er sich nicht behaupten kann.
Um die Geschichte und ihre Botschaft zu verstehen, bedarf es eines ausgeprägten Interesses für Sitten, Kultur und Tradition des japanischen Volkes. Mit knapp 400 Seiten stellt das Buch eine gewisse Lese(-r)herausforderung dar, an manchen Stellen flacht die Spannung deutlich ab, dies gilt auch für die Rückblicke auf den ersten Band.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Veröffentlicht am 22.02.2018

Weitere Rezensionen zu Büchern von Hearn, Lian

Hearn, Lian

Die Legende von Shikanoko - Der Fürst des schwarzen Waldes

Weiterlesen
Hearn, Lian

Der Glanz des Mondes

Weiterlesen
Hearn, Lian

Die Legende von Shikanoko. Herrscher der acht Inseln.

Weiterlesen
Hearn, Lian

Das Schwert in der Stille

Weiterlesen
Hearn, Lian

Das Schwert in der Stille

Weiterlesen
Hearn, Lian

Der Ruf des Reihers

Weiterlesen