Der Löwe und der Vogel

Autor*in
Dubuc, Marianne
ISBN
978-3-551-51814-9
Übersetzer*in
Taube, Anna
Ori. Sprache
Französisch
Illustrator*in
Dubuc, Marianne
Seitenanzahl
69
Verlag
Carlsen
Gattung
BilderbuchSachliteratur
Ort
Hamburg
Jahr
2014
Lesealter
4-5 Jahre6-7 Jahre8-9 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
14,90 €
Bewertung
empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Eines Tages findet ein Löwe einen verletzten Vogel in seinem Garten, nimmt ihn auf und pflegt ihn gesund. Während die anderen Vögel ihren Weg Richtung Süden antreten, erleben der Löwe und der Vogel einen gemeinsamen Winter. Doch es kommt der Tag, an dem auch der Vogel seine Reise antreten muss... Aber ein guter Freund kommt immer zurück.

Beurteilungstext

Marianne Dubucs ""Der Löwe und der Vogel"" handelt von einer engen Freundschaft zwischen einem Löwen und einem kleinen Vogel. Die Geschichte erhält ihren besonderen Charakter durch Gegensätze. So ist der Löwe in der Realität ein Rudeltier, in der Literatur, etwa in Fabeln gilt der Löwe als Ausdruck von Stolz und Macht. In Dubucs Geschichte ist er ein besorgtes, fast mütterliches Tier, das sich ganz und gar nicht erhaben gebärdet, sondern eine tiefe Freundschaft mit einem kleinen Zugvogel eingeht.
Der Löwe findet eines Herbstes einen verletzten Zugvogel und nimmt ihn bei sich auf. Gemeinsam durchleben sie den Winter. Aufgrund dieser Freundschaft gewinnt das Leben des Löwen an Freude und Reichhaltigkeit. Im Frühjahr jedoch schließt sich der Vogel wieder seiner Gruppe an und verlässt den Löwen. Dieser ist nun einsamer als zuvor. Doch gute Freunde kehren wieder… .

Die im grafischen Stil, mit malerischen Elementen versehenen Bilder erhalten viel Raum und so kommt die Geschichte mit sehr wenig Text aus. Die Tiefe der Geschichte erschließt sich nicht unbedingt bei einem ersten Lesen und Betrachten. Bei einem zweiten Blick jedoch wird der Leser zu einer intensiven und vielschichtigen Auseinandersetzung mit dem Thema Freundschaft angeregt.
Die Geschichte erzählt von Freundschaft, vom Glück der Freundschaft und davon, dass gute Freunde wiederkehren. Doch die Geschichte geht dabei noch tiefer. Durch fast philosophische Züge lässt sie den Leser die essentielle Bedeutung von Freiraum erkennen. Die Freunde machen alles zusammen, gehen aber auch eigene Wege. Ebenso wird deutlich, dass jeder der Freunde seinen Beitrag zur Freundschaft leistet, dass er etwa Sicherheit bietet oder durch pure Anwesenheit zu Glück und Fröhlichkeit beiträgt.
Das Buch ist durch das weiträumige Bild geprägt. Es vereint Ruhe und das Gefühl von Freiheit. Dies wird besonders durch großflächig gemalte Himmelflächen erreicht. Inhalt und Gestaltung der Bilder sind wenig spektakulär aber dennoch ästhetisch ansprechend und aufgrund einer dynamischen Bildgestaltung nicht langweilig. Es wechseln sich doppel-, ein- und halbseitige Bilder ab. Dadurch gelingt der Spagat zwischen unaufgeregten Bildern und Langweiligkeit. Die Bilder und das Buch insgesamt strahlen Ruhe und Ausgeglichenheit aus.
Der Text tritt hinter dem Bild zurück, zum Teil ist er ellipsenhaft und an mündlichen Sprachgebrauch angelehnt. Oft kommen die Bilder auch ganz ohne Text aus. Der Text ist vollkommen untergeordnet; nicht nur durch den geringen Umfang und die dominante Rolle der Bilder für die Story, sondern auch weil der Text ohne Bild manchmal unklar bleibt. Der reduzierte Text erhält der Bedeutung erst durch die Bilder, die Bilder bieten den Kontext in dem der reduzierte Text verständlich wird. Auch dies erinnert an Mündlichkeit. Die Story wird denn auch von den Bildern vorangetrieben, sie führen den Betrachter durch die Jahreszeiten. Der Text lässt den Leser die Perspektive des Löwen einnehmen und an seinen Gedanken und Gefühlen teilhaben. Denn auf der einen Seite wird im Text, markiert durch gerade Schrift (recte), eine Erzählerstimme laut , welche die Bilder kommentiert, dabei schon Gedanken des Löwen ausdrückt. In kursiver Schrift kommt dann auf der anderen Seite der Löwe selbst zu Wort.
Besonders der Löwe erhält menschliche Züge und Eigenschaften. Bei dem Vogel tritt dieser Anthromorphismus weniger stark, lediglich in dem Eingehen der Freundschaft zutage. Dies erklärt sich allerdings aus der Perspektive der Geschichte, denn sie lässt den Leser den Blickwinkel des Löwen einnehmen.
Der große Bildraum sowie (fast) leere Seiten animieren zum Selbstversprachlichen. Es bieten sich mehrere Anlässe Zäsuren zu setzen und die Geschichte selbst fort zu erzählen. Insgesamt offerieren sich aufgrund des großen Freiraumes in Bild und Text, die eben aufgrund ihrer Unaufgeregtheit zum Nachdenken anregen, viele Anlässe zum Versprachlichen. Dies kann mündlich oder auch als Schreibanlass in schriftlicher Form umgesetzt werden. ""Der Löwe und der Vogel"" eignet sich daher über Freundschaft nachzudenken und sich auszutauschen.
Auf den ersten Blick verzaubert das Buch vermutlich nicht jeden. Es ist aber auf jeden Fall einen zweiten Blick wert. ""Der Löwe und der Vogel"" ist ein geeignetes Buch, die Arbeit mit Literatur zu entschleunigen und macht bewusst, wie fruchtbar eine intensive Auseinandersetzung mit Literatur und wie vielschichtig Literatur sein kann, auch wenn sie auf den ersten Blick nicht so erscheinen mag.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von A.T..
Veröffentlicht am 01.01.2010

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