Der Krieg ist ein Menschenfresser

Autor*in
Zöller, Elisabeth
ISBN
978-3-446-24510-5
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Seitenanzahl
278
Verlag
Hanser
Gattung
Krimi
Ort
München
Jahr
2014
Lesealter
12-13 Jahre14-15 Jahre16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
15,90 €
Bewertung
empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Deutschland im Ersten Weltkrieg: Elisabeth Zöller erzählt vom Schicksal jugendlicher Soldaten, die erst begeistert in den Krieg ziehen und schließlich traumatisiert zurückkehren. Ein ergreifendes, historisches Panorama der Jahre 1914-1918…

Beurteilungstext

Leipzig im Jahr 1914: Ferdinand und August melden sich freiwillig zum Krieg, ergriffen von der allgemeinen Kriegseuphorie und der Mobilmachung, sehr zum Leidwesen ihrer Eltern. Gerade Ferdinands Eltern, die überzeugte Sozialdemokraten sind, halten nichts davon, dass ihr Sohn an die Front will. ""Der Krieg ist ein Menschenfresser!"", gibt der Vater ihm mit, doch Ferdinand will davon nichts hören. Voll vom jugendlichen Enthusiasmus und auch Abgrenzungswillen den Eltern gegenüber zieht er in den Krieg, jedoch auch mit wehem Herzen, denn Ferdinand Frenzel hat sich in Anni verliebt und verbringt mit ihr kurz vor seiner Abreise eine Nacht in der Gartenlaube. Halten kann die Liebe ihn nicht, was vor allem daran liegt, dass Ferdinand glaubt, bei Anni dauerhaft doch keine Chancen zu haben, denn sie unterhält noch ein Verhältnis zum Leutnant Dunker. Vielmehr will er sie beeindrucken mit Patriotismus und kriegerischem Mut. Doch die Realität des Krieges holt ihn rasch ein und er begreift, dass sein Vater Recht hatte. Akribisch beginnt er zu dokumentieren, was er erlebt und was ihn traumatisiert: Ferdinand ist leidenschaftlicher Fotograf. In einer Aktentasche, die er in einer denkwürdigen Nacht von einem alten Kriegsveteranen geschenkt bekommen hat, verbirgt er Fotoapparat und die bereits gemachten Bilder. Aber Ferdinand überlebt nicht. Als er fällt, wechselt abrupt die Erzählperspektive. Von nun an ist die Hauptfigur des Romans Max Quinte aus Berlin, einziger Sohn eines reichen Papierfabrikanten. Nach und nach erschließt sich dem Leser, worin der schreckliche Zusammenhang zwischen den beiden Figuren besteht: Max ist der Mörder von Ferdinand. Er war es, der ihn im Feld erschossen hat, auf Befehl des Feldwebels und Kriegstreibers Pfals. Als Max das begreift, bricht er innerlich zusammen. Er hat einen Kameraden erschossen. Und warum? Zum Symbol wird Ferdinands Tasche mit den Fotos, auf die es Pfals abgesehen hatte: Beweismaterial der Kriegsgrauen, das nicht an die Öffentlichkeit geraten soll. Verwundet und verstört kehrt Max nach Berlin zurück, wo ihn der kaisertreue Vater mächtig unter Druck setzt, wieder an die Front zurückzukehren. Doch Max kann und will nicht. Seine einzige Vertraute ist seine Ziehschwester Sophie, eine Waise, die im Hause der Quintes aufgewachsen ist und derzeit die progressive, reformpädagogische Odenwaldschule besucht. Max beginnt langsam, sich ihr zu öffnen und zu erzählen, was er seinen Eltern verschweigt. Pfals und seine Leute sind ihm auf der Spur. Es heißt, er habe Beweismittel unterschlagen. Gemeint ist damit Ferdinands Tasche, die Max im Lazarett einem erblindeten Soldaten namens Knievel gegeben hat. Patent, ich-stark und emanzipiert, wie Sophie gezeichnet ist, macht sie sich auf die Suche, findet Knievel und die Tasche, die sie schließlich zum Kriegsende in Leipzig an Ferdinands Eltern übergibt.

Entstanden ist mit dieser Geschichte ein ergreifendes Kriegs-Panorama, das passend zum 100jährigen Gedenken im Jahr 2014 erschienen ist, wie viele andere literarische Texte zum Thema. Elisabeth Zöller, die sich durch einige historische und zeitgeschichtliche Jugendromane einen Namen gemacht hat, kann als Expertin des Genres gelten, was sie mit ""Der Krieg ist ein Menschenfresser"" einmal mehr unterstreicht. Der Text entwirft ein eindrucksvolles, präzises Zeitbild und verdeutlicht jugendlichen Lesern durch eine klare, direkte Sprache die historischen Ereignisse. Vor diesem Hintergrund erscheint auch der Einsatz des Romans im Unterricht der Sekundarstufe I als lohnend. Hilfreich sind für diesen Kontext auch die Zeittafel und das Glossar im Anhang, was ebenfalls als genretypisch zu bezeichnen ist.
Ein wenig problematisch ist der Wechsel der Hauptfigur von Ferdinand zu Max nach der ersten Hälfte des Romans. Dieser erfolgt unvermittelt, durchbricht den Erzählfluss und kann bei wenig geübten Lesern möglicherweise zu Frustration führen. Zöller gelingt es aber, den Faden schnell wieder aufzunehmen, indem sie das Schicksal der beiden Figuren zusammenführt. Im zweiten Teil, als Sophie und Max versuchen, dem Geheimnis der Tasche auf die Spur zu kommen, trägt der Text beinahe Züge eines Kriminalromans. Vor diesem Hintergrund ist von einem hybriden Text zu sprechen, der mehrere Gattungen in sich vereint (hinzukommen auch Elemente des Adoleszenz- und des Liebesromans) und gerade darum überzeugen kann. Die Figuren wirken authentisch und sind differenziert konzipiert.

Fazit: Ein Zeitbild der Jahre 1914-1918, anhand dessen im Unterricht sowohl literarisches als auch historisches Lernen befördert werden kann. Ein etwas weniger programmatisch-reißerischer Titel wäre angemessen gewesen, denn des Vaters weise Mahnung ""Der Krieg ist ein Menschenfresser!"" als Romanname klingt plakativ, fast billig. Er passt nicht zu der vielschichtigen Handlung mit den sensibel konzipierten Figuren.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von kku.
Veröffentlicht am 01.01.2010

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