Der kleine Prinz. In einfacher Sprache

Autor*in
De Saint-Exupéry, AntoineHeliczer, Rose (Bearbeiterin)
ISBN
978-3-947185-44-3
Übersetzer*in
Zindler, Friederike
Ori. Sprache
Holländisch/Niederlä
Illustrator*in
Seitenanzahl
64
Verlag
Spaß am Lesen
Gattung
Erzählung/RomanTaschenbuch
Ort
Münster
Jahr
2020
Lesealter
6-7 Jahre8-9 Jahre10-11 Jahre12-13 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Klassenlektüre
Preis
11,00 €
Bewertung
eingeschränkt empfehlenswert

Teaser

"Der kleine Prinz" von Antoine de Saint-Exupéry in "einfacher Sprache"? Das Werk ist eines der berühmtesten Bücher der Welt. Zum internationalen Tag der Alphabetisierung am 8.09.2020 erschien "Der kleine Prinz" in einer vereinfachten Fassung...

Beurteilungstext

Können den „Kleinen Prinzen“ nun auch ungeübtere Leser:innen genießen, die noch größere Probleme mit dem Lesen haben? Bei Büchern, die in 'vereinfachter' Sprache erscheinen, stellt sich zunächst immer die zentrale Frage, ob bei aller Komplexitätsreduktion nicht das literarästhetische Potential des Werkes verlorengeht oder ob „literarisches Lernen“ auch (gleichermaßen) mit dem 'neuen Ausgangstext' möglich ist. Bücher in „einfacher Sprache“ sind zwischen Level A2 und Level B1 des „Gemeinsamen europäischen Referenzrahmens für Sprachen“ angesiedelt. „Einfache Sprache“ ist vom Satzbau her klar strukturiert, mit Blick auf die Wortwahl eindeutig und sehr gut verständlich. Gleichzeitig sollte sie bestenfalls genügend Möglichkeiten für interessante Erzählungen bieten. Trifft dies auch auf diese Fassung zu?
Zunächst einmal ist das Bestreben der Überarbeiterin Rose Heliczer und der Übersetzerin Friederike Zindler grundsätzlich zu begrüßen und entsprechend zu würdigen, denn der weltbekannte Klassiker über Freundschaft und das, was im Leben wichtig ist, gestaltet sich als ebenso zeitlos wie altersübergreifend relevant. Warum sollte man also ungeübteren Leser:innen oder Leser:innen, die nach wie vor Schwierigkeiten haben, solche interessanten und literästhetische gelungenen Werke verwehren? Schließlich ist es im Kontext von Inklusion, Diversität und Vielfalt umso wichtiger, sich Gedanken über Differenzierungsmöglichkeiten zu machen!
Die Geschichte selbst wurde nicht abgeändert, sondern lediglich gekürzt und umgeschrieben. Es wurden im Großen und Ganzen die relevanten Inhalte beibehalten und der Text ist auch für ältere Kinder mit Inklusionsbedarf sicherlich gut verständlich, auch wenn er etwas knapp und oberflächlich gehalten ist. Es gilt aber zu bedenken, dass dem Werk etwas von seiner Konstruktion als Gesamtkunstwerk verlorengeht, wenn es in ganz kurze Kapitel unterteilt ist, die sich bisweilen etwas (zu) bruchstückhaft präsentieren und ein 'großes', abgerundetes Ganzes vermissen lassen. Das „Original“ indes lebt gerade von dieser Spannung. Die Poetizität des Textes leidet meines Erachtens bisweilen unter dieser ‚Vereinfachung‘. Mitunter wirkt das Buch etwas bruchstückhaft, sodass ein richtiges 'Buchlese-Feeling', mit dem man in die Geschichte 'hineingezogen' wird, etwas fehlt.
Vielleicht wäre es sinnvoller, das "Original" als Audio-CD zu genießen oder das Bilderbuch des Duos Valeria Docampo und Agnés de Lestrade zu rezipieren? Beide Rezeptionsformen machen auch ungeübteren Leser:innen, die Schwierigkeiten mit dem Originaltext haben, Lust auf den "Kleinen Prinzen". Im Bilderbuch wird überdies die Bildebene genutzt, die für inklusionsorientierte Dimensionen besonders gewinnbringend erscheint, denn die visuellen Codes können sehr viel vermitteln, was in einem 'vereinfachten' Texte nicht alles über die Schriftsprache transportiert werden kann.
Insgesamt ist das Buch in "einfacher Sprache" bedingt geeignet für diejenigen, die gut mit dieser Textform zurechtkommen und so auch überhaupt ans Lesen herangeführt werden. Im Kontext von Differenzierung/Inklusion ist das Büchlein sicherlich mitunter gewinnbringend.
Vielleicht haben die Kinder ja danach sogar Lust, das Original zu lesen? Wenn es allerdings um den literarästhetischen Genuss geht, ist nach wie vor sicherlich das Original zu bevorzugen, das auch über Audio-CDs gehört werden kann oder das Bezugsinstanzen (kapitelweise) vorlesen können, sodass wir es mit Möglichkeiten einer multisensorischen Aufbereitung zu tun haben.

njs

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von 170; Landesstelle: Nordrhein-Westfalen.
Veröffentlicht am 02.01.2021