Der Hund, der unterwegs zu einem Stern war

Autor*in
Mankell, Henning
ISBN
978-3-423-70671-1
Übersetzer*in
Kutsch, Angelika
Ori. Sprache
Schwedischen
Illustrator*in
Seitenanzahl
191
Verlag
dtv
Gattung
Ort
München
Jahr
2001
Lesealter
10-11 Jahre12-13 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
0,00 €
Bewertung
empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Der elfjährige Joel Gustfson lebt mit seinem Vater Samuel in einem kleinen Dorf in Nordschweden. Die Mutter Jenny hat die beiden verlassen. Joel kann sich an die Mutter kaum noch erinnern, er übernimmt ihre Rolle. Der Vater, eigentlich Seemann, verdient sein Geld als Waldarbeiter. Eigentlich ist die Verantwortung, die der Junge übernehmen muss, zu groß, er klagt nie darüber aus Liebe zum Vater. Als dieser eine andere Frau kennen lernt, bricht für ihn die Welt zusammen. Joel kann nachts nicht mehr schlafen, hält sich an der Eisenbahnbrücke auf und auch tagsüber schwänzt er gelegentlich die Schule. Um seine Angst nicht zugeben zu müssen, klettert er auf den vereisten Brückenbogen und riskiert sein Leben.

Beurteilungstext

Die Erzählung enthält viele verschiedene Ansätze, die sich für eine Besprechung eignen. Es scheint mir aber schwierig, das Buch im Unterricht mit einer ganzen Klasse zu besprechen. Zum einen finden sich keine Frauenfiguren in der Altersgruppe der jugendlichen Leserinnen, zum anderen geht es schwerpunktmäßig um die Vater-Sohn-Beziehung, die auf eine harte Probe gestellt wird. Die Unzufriedenheit des Vaters mit seinem sesshaften Beruf, mit seiner Ortsgebundenheit, die sich durch den Weggang seiner Frau zwangsläufig eingestellt hat, äußert sich darin, dass er auf die Fragen seines Sohnes nach dem Verbleib der Mutter nicht eingeht, diesen auf eine SPÄTER vertröstet, da er zum aktuellen Zeitpunkt die Zusammenhänge noch nicht verstände. Dass auch das Kind von der Aufgabe überrollt wird, sieht er nicht. Joel muss einkaufen, Strümpfe stopfen, kochen und aufräumen. Er unternimmt alles, um einen Freund bekommen. So begibt er sich auf die Suche nach dem Hund, den er eines Nachts vom Fenster aus gesehen hat. Er gründet einen Geheimbund und führt sauber ein Logbuch, so wie es sein Vater ihm erklärt hat, um die Abenteuer zu bestehen. Als er den Sohn des neuen Richters eines Tages auf seinem Stein sitzen sieht, fasst er Vertrauen und nimmt diesen im Geheimbund auf. Schon bald muss er feststellen, dass ihm alles aus den Händen gleitet. Der wohlhabende und verwöhnte Ture nutzt Joel um mit dessen Hilfe die nasenlose Gertrud zu drangsalieren, Joel muss aber letztendlich Rede und Antwort für die Taten leisten. Als er bemerkt, dass sein Vater mit der Serviererin Sara ein Verhältnis hat, beschließt er wegzulaufen und im Schnee zu sterben. Die Chance, dass sie sich wieder mit Mutter Jenny zusammenfinden können, erscheint ihm zu gering. Der von allen als verrückt bezeichnete Simon findet den Jungen und bringt ihn wieder zur Vernunft. Als sich alles wieder zum Besseren zu wenden scheint, fordert Ture den Preis für eine Nacht vergeblichen Wartens: Joel muss den Eisenbahnbrückenbogen überklettern. Die Angst wieder als Außenseiter abgestempelt, von den anderen ausgelacht zu werden, treibt Joel dazu sein Leben aufs Spiel zu setzen. Wieder ist es Simon, der den Vater benachrichtigt und damit dem Jungen das Leben rettet. Joel erkennt, dass Ture nur seinen Spaß haben wollte, als es brenzlig wird, zieht er sich aus dem Spiel zurück. Nach diesem Erlebnis erkennt Joel, dass sich vieles, auch er, verändert hat: Er kann mit seinem Vater über Jenny reden, darf sie vielleicht irgendwann einmal auch besuchen, und er nimmt seinem Vater das Versprechen ab, dass sie, wenn er nicht mehr zur Schule muss, wieder in den Süden, in Richtung Meer, ziehen werden. Das Buch endet jedoch nicht mit Zukunftsträumen - die gehören in eine frühere Phase seines Lebens. Joel sucht den Hund, den er anfangs auf der Straße in der Nacht gesehen hatte, nicht mehr auf der Erde, sondern auf einem Stern, auf dem Stern, den auch der Hund gesucht hatte. Dies rechnet er zu seinen persönlichen Besonderheiten - nur Joel ist ein Junge, der einen Hund auf einem Stern hat. So hat er sich gelöst aus der engen Bindung zum Vater, hat seinen eigenen Weg gefunden.
Die Erzählung trägt zahlreiche Elemente eines Entwicklungsromanes in sich. Die Auseinandersetzung mit der Erwachsenenwelt, die auf der einen Seite Schutz bietet, aber auch Fragen aufwirft, unverständliche Erwartungen an den Jugendlichen stellt. ist oftmals schmerzhaft. Obwohl Joel und sein Vater Samuel sich oft unterhalten, bleibt die Kommunikation auf der Ebene des Erzählens, der Vater geht auf die Fragen des Sohnes nicht ein, zeigt sich nur in seltenen Fällen offen, der Sohn wagt nicht die ihn bedrückenden Probleme in Worte zu fassen. Den jugendlichen Leser spürt die Traurigkeit und Einsamkeit des Jungen, nicht einmal am Ende ist deutlich, ob nun mit Veränderung der Wetterlage auch die Situation sich für Joel verbessert hat. Für den erwachsenen Leser stellt sich die Frage, warum eine solch düstere Stimmung gezeichnet wird, empfinden die Heranwachsenden bei allen Reibungsverlusten diese Art des Selbstständigwerdens nicht auch als positiv, als Befreiunng?

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Diese Rezension wurde verfasst von magic.
Veröffentlicht am 01.01.2010

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