Der große Trend, der kleine Sachzwang und das handelnde Individuum. Caesars Entscheidungen

Autor*in
Jehne, Martin
ISBN
978-3-423-24711-5
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Seitenanzahl
160
Verlag
dtv
Gattung
Ort
München
Jahr
2009
Lesealter
16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
14,90 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Als Caesar im Jahr 49 v. Chr einen Bürgerkrieg auslöst, ist er bereits ein äußerst bekannter und erfahrener Politiker der römischen Republik. Martin Jehne geht in seinem neuen Buch über den großen römischen Diktator der Frage nach, wie sich Caesar an den Schlüsselstellen seiner Karriere verhalten hat, welche Entscheidungen er getroffen hat und wie es kam, dass er sich damit aus der großen Gruppe ambitionierter römischer Politiker erheben konnte.

Beurteilungstext

Er gilt als einer der wichtigsten und nachhaltig wirkungsvollsten Politiker der Menschheitsgeschichte. Gaius Iulius Caesar war ein Staatsmann, dessen Politik Maßstäbe gesetzt und die Entwicklung des Abendlandes bis in die Gegenwart hinein geprägt hat. Sein Weg an die Macht und sein Fall auf dem Gipfel des Triumphs sind das Ergebnis einer einzigartigen Karriere, die maßgeblich durch seine unkonventionellen Entscheidungen ermöglicht wurde. Martin Jehne geht in "Der große Trend, der kleine Sachzwang und das handelnde Individuum. Caesars Entscheidungen" der Frage nach, wie diese Entscheidungen im kulturhistorischen Bezugsrahmen der niedergehenden römischen Republik zu bewerten sind und was Caesar demzufolge von seinen Zeitgenossen, die nicht weniger ambitioniert die eigene Machtfülle zu mehren versuchten, unterschied.
Ein großes Problem der Bewertung historischer Phänomene ist die Perspektivität des Historikers, der Ereignisse oder Verhaltensweisen von historischen Personen nur in einer retrospektiven Blickrichtung betrachten kann. Allzu oft sind dabei eher gegenwärtige als zeitgenössische Bezugsnormen Grundlage der Analyse und das Ergebnis spiegelt eher die Brille des jeweiligen Betrachters als die komplexen historischen Zusammenhänge wider. Martin Jehne versucht dem aus dem Weg zu gehen, indem er für die Auseinandersetzung mit Caesars Lebensgeschichte ein Bezugssystem entwirft, das für alle Gesellschaften der Geschichte und Gegenwart zu funktionieren scheint. Für ihn stehen Entscheidungen immer im Spannungsfeld allgemeiner gesellschaftlicher Tendenzen und unmittelbarer Sachzwänge, die dem individuellen Handeln klare Grenzen setzen bzw. Richtlinien bieten.
Martin Jehne nimmt nun nacheinander wichtige Schlüsselentscheidungen Caesars in den Blick und untersucht, inwiefern sich diese Entscheidungen in die großen Entwicklungen der römischen Gesellschaft und ihre verschiedenen Sachzwänge einordnen lassen und inwiefern Caesar diesen Bezugsgrößen nach angemessene Entscheidungen getroffen hat. So kommen nacheinander Caesars Verweigerung einer politisch erwünschten Scheidung, die Bewerbung für das Oberpontifikat, sein Verzicht auf einen Triumph zu Gunsten der Bewerbung um das Konsulat, die gallische Invasion, die Eröffnung des Bürgerkrieges, die Verfolgung des Pompeius nach der Schlacht von Pharsalos, die Beziehung zu Kleopatra und die Entlassung seiner Leibwache in den Blick. Jehne kommt zu dem Schluss, dass Caesar an vielen Stellen nicht den erwarteten und nahe liegenden Weg eingeschlagen hat, sondern dass seine Entscheidungen aus historischer Perspektive eher ungewöhnlich und schwer nachvollziehbar sind. Zurückblickend kann aber festgestellt werden, dass gerade die Brüche mit den allgemeinen und individuellen Rahmenanforderungen und Orientierungsmaßstäben die Karriere Caesars maßgeblich unterstützt haben.
Martin Jehne gelingt mit seiner Darstellung der Kunstgriff, die herausgesuchten Bruchstücke aus der Biografie Caesars in ein Gesamtbild des großen römischen Staatsmannes zu integrieren. Obwohl er sich auf die erwähnten Schlüsselereignisse beschränkt und weite Teile von Caesars Biografie außer Acht lässt oder nur andeutet, zeigt sich hier doch eine ausgesprochen gut lesbare Abhandlung, die die Person Caesar anhand seiner Präferenzen anschaulich vor Augen führt. Er macht aber auch deutlich, dass Caesar nicht den Lenker der Geschichte, sondern nur einen Mosaikstein im großen Ganzen darstellt, der den Niedergang der römischen Republik zwar maßgeblich beschleunigt, aber weder eingeleitet noch zu verantworten hat. Seine Entscheidungen haben Caesar zu dem Mann gemacht, der als erster die Alleinherrschaft über das römische Imperium erringen konnte. Ein Fehlen dieser Figur im großen Theater der Geschichte hätte aber anderen Akteuren Räume geboten, den kaum ausweichbaren gesellschaftspolitischen Tendenzen in ähnlichem Sinne Vorschub zu leisten.
"Caesars Entscheidungen" bietet einen Einblick in ein wichtiges Kapitel der Menschheitsgeschichte. Es ist kein Überblickswerk, sondern widmet sich einer sehr ausgesuchten und detailhaften Problematik. Es schärft aber den allgemeinen Blick auf Prozesse in Antike und Gegenwart und kann, neben sachlichen Informationen und historischen Erklärungsmodellen, interessierten Lesern eine durchaus genussvolle Lektüre bieten.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von mr.
Veröffentlicht am 01.01.2010

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