Der Feuerrabe - Die Legende der Silberblume

Autor*in
Reh, Vera
ISBN
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Seitenanzahl
560
Verlag
Selfpublishing
Gattung
FantastikTaschenbuch
Ort
Oldenburg
Jahr
2021
Lesealter
12-13 Jahre14-15 Jahre16-17 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
18,90 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Teaser

Eine Pflanze, die alle Krankheiten heilt? Was ein uraltes Buch über die magische Silberblume berichtet, ist selbst für die Balderwald-Bewohner, für die Magie eigentlich etwas ganz Normales darstellt, kaum zu glauben. Nicht so für den 16-jährigen Eric und seine Freunde. Sie wollen die Blume finden -- allein schon, damit sie nicht dem fiesen Bruto in die Hände fällt. Als Erics Mutter unheilbar erkrankt, wird die schwierige Suche noch dringender; denn jetzt geht es wirklich um Leben und Tod…

Beurteilungstext

Für die Leser der beiden ersten „Feuerrabe“-Bände sind die lokalen Besonderheiten bekannt; aber auch wer erstmalig mit Band 3 der Buchreihe startet, wird sich schnell einlesen in die magische Welt von Balderwald. Dieser irgendwo zwischen Bremen und Oldenburg befindliche Ort samt wald- und seereicher Umgebung ist auf keiner normalen Landkarte verzeichnet. Das Leben dort unterscheidet sich zunächst eigentlich nicht viel von anderen Wohnorten. Jedoch haben sämtliche Bewohner mehr oder weniger magische Fähigkeiten, die Tiere sind in der Lage zu sprechen und alles ist bewohnt von sichtbaren oder auch unsichtbaren magischen Wesen.
Genau dies ist der Ansatz für die Oldenburger Autorin Vera Reh. Fantasievoll schildert sie eine unbekannte, aber doch gar nicht so fremd anmutende Welt, getreu ihrem vorangestellten Motto: „Diese Geschichte beruht auf einer wahren Vorstellung“. In „Die Legende der Silberblume“ bildet die Suche nach der wundersamen, alle Krankheiten heilenden Blume den basalen Erzählstrang. Viel Raum bleibt daneben für die einfühlsamen, teils durchaus bedächtigen und detaillierten Schilderungen all dessen, was die Protagonisten in ihrem Schul- und Freizeitalltag mit Familie und Freunden fühlen, denken und erleben. In etlichen Episoden – etwa den kleinen Streitereien, den komplexen schulischen Anforderungen oder den Rivalitäten mit Gleichaltrigen – dürften sich die Leser*innen problemlos mit eigenen, ganz normalen Alltagserlebnissen wiederfinden, auch wenn im Buch immer wieder die magische Seite eine wichtige Rolle spielt. Das geschieht nicht selten mit einem Augenzwinkern; z.B. werden in Balderwald eilige Botschaften nicht per Internet als Kurznachrichten, sondern durch postalische Raben übermittelt (natürlich nur gegen Bezahlung mit speziellen Rabenkeksen), diverse magische Tierwesen werden für alle möglichen Unannehmlichkeiten verantwortlich gemacht: „Aufhocker“ für Nackenverspannung und Ohrensausen, „Kicherixe“ für peinliche, nicht enden wollende Kicheranfälle, „Stolperrüpel“ für hochstehende Teppichränder und ähnlich gemeine Stolperfallen, „Zänkische Horngrummelkäfer“ bevölkern den Wald, während die gehörnten „Mährg“ (auch „Ricolis“ genannt) Experten im Sammeln von Kräutern sind und als die „wahren Erfinder dieser berühmten Schweizer Kräuterbonbons“ gelten. Kurz gesagt: Überall in Balderwald sind die menschlichen Bewohner, die selbst magische Fähigkeiten besitzen, von ebenso magischen Wesen umgeben, die ihnen jeweils wohlgesonnen, ablehnend oder gar feindlich gegenüber eingestellt sind. Vera Reh erzählt all die kleinen Randgeschichten flüssig und verständlich, dazu auch Ereignisse wie das große „Schabaka“-Turnier (ein entfernt an Schach erinnerndes Spiel mit Menschen als Spielfiguren), ein gewaltige Schäden verursachendes Ungewitter, sich anbahnende Flirts und erste Liebesbeziehungen zwischen den Teenagern.
Der Haupthandlungsstrang um die abenteuerliche Suche nach der Silberblume ist im 3. Feuerrabe-Band zudem mit einem ganz aktuellen Thema verbunden, nämlich der Behandlung von Flüchtlingen und Minderheiten. Im Buch sind es die Feuermagier, die aus verschiedenen Gründen ihre Heimat verlassen mussten, aber von Teilen der Balderwalder Bevölkerung unter der Führung des fiesen Bruto als „Schmarotzer“ strikt abgelehnt werden und starke gesellschaftliche Benachteiligungen ertragen müssen. Dass die Wortwahl dieser quasi rechtsnationalen Fraktion erkennbar deutlich angelehnt ist an rassistische Äußerungen real existierender Gruppierungen, ja sogar Ereignisse aus Balderwald geschildert werden, die frappant an die Ermordung des Kasseler Regierungspräsidenten Lübcke oder das Verhalten eines korrupten österreichischen Politikers erinnern, ist gewiss nicht zufällig. Vera Reh spricht sich mittels ihrer Figuren unmissverständlich gegen derartige Verhaltensweisen aus und nutzt bei ihrem literarischen Ansatz geschickt entsprechende Geschehnisse, um die Vorgänge einer solchen Entwicklung in jugendgemäßer, verständlicher Weise zu erläutern und durchschaubar zu machen. Es gelingt ihr ausgezeichnet, Fantastik und Realität miteinander zu verflechten, ohne dass dies bei Letzterer zu einer Verflachung der angesprochenen Problematik führen würde.
Aber auch für Nervenkitzel ist gesorgt, und zwar reichlich: Tatsächlich scheinen sich die Ereignisse zum Ende hin immer mehr zuzuspitzen; es geht um Leben und Tod der Protagonisten in einem geradezu auf die Spitze getriebenen Drama. Eine unterhaltsame, lehrreiche, aber eben auch sehr spannende Lektüre also, die ganz besonders geeignet ist für Leserinnen und Leser, die sich gerne richtig hineinvertiefen wollen in eine gut erzählte Geschichte. Und wenn man das thematisch nicht gänzlich abgeschlossen wirkende Ende des Buches richtig interpretiert, dann dürfte beizeiten eine Fortsetzung der "Feuerrabe"-Reihe zu erwarten sein.

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Diese Rezension wurde verfasst von RPGK; Landesstelle: Rheinland-Pfalz.
Veröffentlicht am 27.02.2021