Der Erinnerungshändler

Schlagwörter

• Gefühle
• Liebe
• Philosophie

Teaser

Eine poetische, berührende Bilderbuchgeschichte zum Wert vor Erinnerungen.

Beurteilungstext

Schon das Cover des herausragenden Bilderbuchs „Der Erinnerungshändler“ besticht durch seine einfache, gleichzeitig raffinierte Gestaltung. Die israelische Künstlerin Tami Bezaleli hat als Hintergrundfarbe Dunkelblau gewählt. Darauf prangt eine planetenähnliche, gelb leuchtende Kugel, auf der ein altersschwaches Auto, beladen mit einer Menge an Gepäckstücken daher rumpelt. Am Steuer ein Mann, neben ihm ein schlafendes Kind.

Es ist der Erinnerungshändler, der über Land fährt, um alte, nicht mehr benötigte Erinnerungen zu kaufen. Er trifft auf einen alten Mann und überredet ihn, sich von einer verstaubten Erinnerung zu trennen und sie ihm zu überlassen. Zögerlich gibt dieser nach und händigt sie dem Händler aus. Es ist die Erinnerung an seine große Liebe Rosie und den Moment ihrer ersten Begegnung. Ein Duft von Kirschen und Himbeeren hing damals in ihrem Zopf. Viel mehr ist in seinen Erinnerungen nicht übriggeblieben.
Die großformatige Bleistiftzeichnung zu dieser Szene ist berührend. Der alte Mann drückt einen gelben, geflickten Beutel mit der Erinnerung an sein Gesicht. Die Augen sind geschlossen, voller Hingabe an den Moment.
Auf dem Weg nach Hause sieht er ein, dass es ein Fehler war, so etwas Kostbares wie eine Erinnerung an die Liebe fort zu geben. Alles scheint auf einmal vergessen und verloren. Er muss den Erinnerungshändler finden und seine Erinnerung zurückhaben!
Er wird sie schließlich zurückbekommen. Doch leicht wird es nicht. Und erst nach einem Vorschlag seines Sohnes, Erinnerungen zu tauschen, lässt sich der Händler erweichen.

Orit Gidali, eine der bekanntesten zeitgenössischen Dichterinnen Israels, erzählt hier in klarer Sprache eine märchenhafte Geschichte über die Kostbarkeit von Erinnerungen, aber auch über Liebe und Menschlichkeit.
„Der Erinnerungshändler“, wurde von der Deutschen Akademie für Kinder-und Jugendliteratur als das Bilderbuch des Monats November 2024 ausgezeichnet. Es lädt zum Nachdenken, Vorlesen und Verweilen ein.
Tami Bezaleli hat nicht nur das Cover gestaltet, sondern den gesamten Text passend illustriert. Bleistiftskizzen und beige-graue Farbtöne erwecken eine eher düstere, melancholische Atmosphäre und stehen damit in krassem Gegensatz zu meist farbenfroh gestalteten Kinderbüchern. Einzig der Beutel mit der Erinnerung an das Mädchen Rosie, die große Liebe des alten Mannes, ist koloriert und sticht auf den sonst eher eintönigen, grauen Seiten gelb leuchtend hervor, gleich den Sternen am Himmel gegen Ende der Geschichte.

Es bleibt offen, wie Kinder ab fünf Jahren auf die Farbgebung und auch den Inhalt der Geschichte reagieren. Doch man sollte sich nicht auf eine konkrete Altersangabe festlegen.
Es ist ein Buch für Groß und Klein, das gemeinsames Lesen, Nachdenken, Erinnern und Austausch erfordert.