Dear Martin

Autor*in
Stone, Nic
ISBN
978-3-499-21833-0
Übersetzer*in
Singelmann, Carsten
Ori. Sprache
Englisch
Illustrator*in
Seitenanzahl
253
Verlag
Rowohlt
Gattung
Buch (gebunden)Erzählung/Roman
Ort
Reinbek
Jahr
2018
Lesealter
14-15 Jahre16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
17,99 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Teaser

Manny und Jus, schon seit Ewigkeiten beste Kumpel, drehen mit dem Auto eine Runde und haben die Musik laut aufgedreht. An einer Ampel fühlt sich der Fahrer des Autos nebenan davon belästigt. Er beschimpft die Jungs, pöbelt sie an. Als sie nicht reagieren, zieht der Mann seine Waffe und schießt zweimal ins geöffnete Fenster. Jus wird am Arm verletzt, Manny ist sofort tot. Die Jungs sind schwarz – der Schütze ist ein weißer Polizist…

Beurteilungstext

„Dear Martin“, das Romandebüt der Afroamerikanerin Nic Stone, setzt einige Zeit vorher ein und spielt in den USA im Jahr 2017 – in einem Land, in dem Rassismus immer noch Alltag ist und Gewalttaten an unbewaffneten schwarzen Jugendlichen immer wieder erschreckende Schlagzeilen machen. Im Mittelpunkt des Romans steht Justyce, genannt Jus: Als Stipendiat auf einer Eliteschule ist er einer der Besten seiner Stufe und hat jetzt schon seinen Studienplatz in Yale sicher. Das alles hilft ihm aber überhaupt nicht, als er eines Abends bei dem Versuch, seine betrunkene Ex-Freundin vom Autofahren abzuhalten, von einem Polizisten brutal aufgegriffen und festgenommen wird. Zwar wird Jus´ Festnahme dank einer befreundeten Anwältin direkt abgewehrt, aber Jus ist von dem Ereignis verstört und in seinen Grundsätzen schwer erschüttert. In einer Art philosophischer Selbstreflexion darüber, was ihn beschäftigt, beginnt er, die titelgebenden Briefe an Martin Luther King zu schreiben: „Lieber Martin (Dear Martin) […] Ja, ich bin in einer rauen Gegend aufgewachsen, aber ich weiß, dass ich ein guter Typ bin, Martin. Ich dachte, wenn ich alles dafür tue, ein aufrechtes Mitglied der Gesellschaft zu sein, dann bleibe ich verschont von dem, womit DIE ANDEREN Schwarzen sich herumschlagen müssen, wissen Sie? Echt schwer zu schlucken, dass ich mich so getäuscht habe. […]Die letzte Nacht hat mich verändert. Ich will nicht angefressen durch die Gegend laufen und überall Probleme sehen, aber ich weiß, dass ich nicht länger so tun kann, als wäre alles in Ordnung. Ja, es gibt keine extra Trinkbrunnen für Farbige mehr, und theoretisch ist es illegal, jemanden zu diskriminieren, aber wenn man mich zwingen kann, in zu engen Handschellen auf dem Asphalt zu sitzen, obwohl ich nichts Böses getan habe, dann gibt es eindeutig ein Problem. Dann ist es mit der Gleichheit nicht so weit her, wie die Leute behaupten.“ (S. 22f).
Jus´ Briefe prägen als grundlegende Erzählform den Charakter des Romans, in dem wir auch außerhalb der Briefform ganz nah an den Figuren dran sind. Nic Stone schreibt durchgängig im Präsens und aus Jus´ Perspektive, macht ihn aber nicht zum Ich-Erzähler. Jus ist ein vielschichtiger Charakter und die anderen Figuren wie beispielsweise sein Kumpel Manny, seine kluge und schöne – und weiße – Debattierpartnerin S.J. oder der latent rassistische Klassenkamerad Jared bilden interessante Gegenpole. Des Weiteren gibt es da immer wieder Kapitel in Theater- oder Filmscript-artiger Form, in denen Stone lange Dialoge oder Diskussionen in Jus´ Debattierclub lebendig werden lässt (z.B. S. 33 ff.). Lebendig wirkt auch die Sprache; jung, lässig und trotzdem ernsthaft ist sie und es klingt überhaupt nicht aufgesetzt, wenn Justyce in seinen Briefen Martin Luther King wie einem Homie oder seinen Bro´s alle seine Gedanken und Sorgen erzählen kann. Die Autorin war vor ihrer Schriftstellerkarriere als Sozialarbeiterin in der Jugendarbeit tätig und man merkt, dass sie ganz genau weiß, wovon sie schreibt.
„Dear Martin“ liest sich einfach super spannend und abwechslungsreich und ist damit genau die richtige Lektüre,vor allem gerade die jugendliche Zielgruppe zur Auseinandersetzung mit der Rassismus-Thematik und deren gesellschaftspolitischem Umgang anzuregen. Jus sucht nach Antworten auf große Fragen in seinem Land, seiner Gesellschaft, die nicht einfach zu beantworten sind. Trotzdem muss man anfangen, sich solche Fragen zu stellen. Und das gilt nicht nur für die USA, in denen der Roman spielt, sondern hat auch dank der andauernden Flüchtlingsdebatte in Deutschland und ganz Europa eine große aktuelle Relevanz. „Dear Martin“ im Unterricht einzusetzen soll daher hier dringendst empfohlen werden, und auch für jeden privaten Bücherschrank lohnt es sich. Zumal es mit seinem vielversprechenden und sehr gelungenen Cover darin richtig gut aussieht.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von SJ; Landesstelle: Thüringen.
Veröffentlicht am 24.12.2018

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