das vierte reich

Schlagwörter

• Philosophie
• Rassismus
• Rechtsextremismus

Teaser

Daniel verehrt seinen großvater, weil der viel mehr zeit als die mutter für ihn hat. Der großvater erzieht ihn zu einem überzeugten nazi. Erst ein besuch im apartheid-südafrika öffnet ihm die augen.

Beurteilungstext

IM ERSTEN TEIL erzählt der ich-erzähler, wie er seinen großvater erst kennenlernt, als sie sich bei der beerdigung der großmutter treffen. Der großvater nimmt den jungen schnell für sich ein, weil er sich viel zeit für den enkel nimmt: er erzählt ihm geschichten und hört ihm vor allem zu - zu all dem hat die mutter nie zeit. Zielbewusst bindet der großvater den jungen an sich und an seine vorstellungen vom leben. Der junge folgt ihm begeistert - in die welt der unverbesserlichen und immer noch fanatischen altnazis, die eine neue generation von nazis heranbilden. Daniel darf hier seinen namen nicht führen, er wird mit seinem zweiten Manfred angesprochen. Erst spät dämmert dem jungen, dass irgendwas nicht so ganz richtig sein kann. Auch wenn seine mutter längst mit dem großvater gebrochen hat, erkennt sie nicht, dass ihr sohn von ihm eingefangen wird. Er ist dabei, als die neonazis einen grabstein auf dem jüdischen friedhof zerstören und erfährt, dass der vierjährige im kz ermordet wurde. Im bücherschrank der mutter findet er ein zitat Hitlers, in dem Daniel erkennt, dass Hitler menschen zu maschinen, zu robotern erziehen will. Das sagt er dem großvater, als der ihm ungehorsamkeit und zu selbständiges denken vorwirft.
IM ZWEITEN TEIL wird Daniel-Manfred nach südafrika geschickt, noch herrscht hier die reine rassentrennung, die Apartheid-politik. Dort soll er auf der farm von freunden des großvaters lernen, wie unterschiedlich schwarze und weiße sind und seine freunde kennen lernen, die darauf warten, wieder heim ins reich zurück kehren zu können, um den neuen nationalsozialistischen staat zu errichten. Dort aber wird ihm klar, dass nicht die von ihm beerdigte großmutter seine richtige war, sondern eine jüdin, die der großvater durch seine scheidung im kz umkommen ließ. Der gedanke, selbst “jüdisches blut” (diese aus der nazisprache übernommene bezeichnung halte ich für fatal!) zu besitzen, lässt ihn die absurden, menschenverachtenden und anachronistischen auswirkungen der Apartheit in anderem licht erscheinen. In einem nazi-deutschland wäre er der “schwarze”. Auf einmal erkennt er, dass sein großvater ihm eine scheinbar heile, in wirklichkeit völlig kaputte welt vorspiegelt.
IM DRITTEN TEIL entscheidet sich David: er zieht zu freunden seiner mutter. Diese familie steht auf der seite der schwarzen, tritt für die abschaffung der Apartheid ein. David beginnt mitzumachen und gerät in den strudel der gewalt, wird mehrfach verhaftet, gejagt und schließlich von den buren gefoltert. Er weiß zu viel und kann zu viel verraten. Er fliegt nach Deutschland zurück und hat keine angst mehr, er will nur seinem großvater deutlich gegenüber treten.
Die autorin beschreibt die atmosphäre der deutschen dumpfbacken ebenso dicht wie die in südafrika. Sie geht wohl von der these aus, dass mit den alt- & neunazis ohnehin nicht zu diskutieren ist. Aber die schwankenden,mehr durch zufall hineingeratenen muss nur deutlich gemacht werden, wohin die parolen konkret führen werden. Und da ist die minutiöse beschreibung der folgen einer apartheid ideal geeignet. Hier wurde vorgelebt, was für unser land ausgedacht werden könnte. Und die wege dahin muss man nur rechtzeitig erkennen.
Für menschen, die anfangen poltisch zu denken, gleich in welche richtung, ist dieses spannende buch nur ein gewinn.