Das Traumlied des Olav Åsteson. Eine altnorwegische Jenseitsvision

Autor*in
/Hrsg.), Lindholm
ISBN
978-3-8251-7434-7
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Norwegisch
Illustrator*in
Moseid, Torvald
Seitenanzahl
112
Verlag
Urachhaus
Gattung
Ort
Stuttgart
Jahr
2006
Lesealter
14-15 Jahre16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
25,00 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

An einem Julabend legt sich Olav Åsteson zum Schlafen nieder und unternimmt im Traum eine Fahrt durch das Toten- und Himmelsreich. Erst am „trettondag“, am 6. Januar, wacht er aus seiner Jenseitsvision auf und reitet zur Kirche, um dort von den Geschehnissen zu berichten, vor allem vom Kampf zwischen dem Guten und dem Bösen und von der Bestrafung der Sünder - eine mittelalterliche Jenseitsvision aus Norwegen.

Beurteilungstext

Das Traumlied ist in beiden Ländern gut bekannt, in Norwegen und in Deutschland. Aber während es sich in Norwegen längst zu einer Art national-emotionalem Allgemeingut entwickelt hat, das in den Schulen in jedem Lesebuch zu finden ist, ist es in Deutschland vor allem durch die Übersetzung Rudolf Steiners von 1911 bekannt geworden, der es im Sinne seiner "Philosophie der Freiheit" verstand und entsprechend seinem Ideal der Harmonie von Natur und Geist dem modernen rationalistisch geprägten Weltbild gegenüberstellte.
Das anonym überlieferte Traumlied ist eine einzigartige Visionsdichtung, die seit mehr als 100 Jahren Gegenstand umfassender Studien und Forschungen ist. Insgesamt geht die Forschung heutzutage davon aus, dass das Lied nach 1450, gegen Ende des Mittelalters geschrieben wurde, spätestens als die Reformation 1536 in den Norden kam. Es ist ein Lied mit christlichem Inhalt, vielleicht beeinflusst von der Visionsliteratur des europäischen Hochmittelalters, die auch in Norwegen durch Übersetzungen und kirchliche Schriften bekannt war.
Etwa die Hälfte des vorliegenden Buches nehmen die Einführung des Übersetzers Dag Lindholm und der Abdruck des Liedes ein. Das Gedicht ist zweisprachig gedruckt, auf der linken Seite in braunroter Schrift die norwegische Fassung, auf der rechten Seite die deutsche Version in Blau. Es folgt eine fast 10-seitige Beschreibung von Magne Skrede zur Melodie des Traumlieds. Hier ist man wegen des Alters des Liedes auf Spekulation angewiesen, doch sowohl die Überlegungen dazu als auch die Ausführung - dem Buch liegt eine CD mit dem gesungenen Traumlied bei - sind ansprechend. Das Lied wird ohne Instrumentalbegleitung vorgetragen, erinnert an gregorianische Gesänge ebenso wie an norwegische Volksweisen. Die verschiedenen Singweisen für die einzelnen Teile des Liedes sind mit Noten abgedruckt.
Es schließen sich verschiedene Aufsätze an, die zu einem abgerundeten Bild dieses doch sehr fremd wirkenden Traumliedes beitragen. Terje Christensen sucht nach Indizien zum wirklichen Alter des Liedes und versucht eine Datierung; Jens Braarvig behandelt inhaltliche Aspekte und stellt das Lied in die mittelalterliche mythologische Tradition. Ein sehr persönlicher Beitrag ist der letzte von Sigurd Telnes, der sich auf eine Spurensuche begibt in der Telemark, in der das Lied vermutlich seinen Ursprung hat.
Auffallend an dem Buch sind seine ungewöhnlichen, exotisch anmutenden Illustrationen, ausgeführt von verschiedenen norwegischen Künstlern, darunter so bekannte wie Gerhard Peter Franz Wilhelm Munthe. Auch die Steinschnitte von Walther Roggenkamp, in dessen Werken sich das anthroposophische Gedankengut offenbart, sind eindrucksvoll. An den Teppich von Bayeux hingegen erinnert der bestickte Fries des Künstlers Torvald Moseid aus dem Byglandsfjord, etwa 50 Meter lang.
Ein ungemein inspirierendes Buch, das man durchaus einmal im Unterricht einsetzen sollte, sei es im Deutschunterricht beim Thema Lyrik oder im Religions- oder Philosophieunterricht.

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Diese Rezension wurde verfasst von avn.
Veröffentlicht am 01.01.2010