Das Rätsel des Feuers

Autor*in
Mankell, Henning
ISBN
978-3-423-71709-0
Übersetzer*in
Kutsch, Angelika
Ori. Sprache
Schwedisch
Illustrator*in
Seitenanzahl
239
Verlag
dtv
Gattung
Erzählung/RomanTaschenbuch
Ort
München
Jahr
2016
Lesealter
10-11 Jahre12-13 Jahre14-15 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
9,95 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Teaser

Seit Sofia ihre Beine und ihre geliebte Schwester Maria durch eine Minenexplosion verloren hat sind etwa vier Jahre vergangen und sie ist ein junges Mädchen geworden. Sie bewundert ihre ältere, lebensfrohe und sehr hübsche Schwester Rosa, die gerne ausgeht und von allen Jungen bewundert wird. Eines Tages aber bricht Rosa bei der Arbeit zusammen und bald lässt sich nicht mehr übersehen, dass sie an der schrecklichen Krankheit AIDS erkrankt ist. Sofia spürt eine entsetzliche Kälte in ihrem Magen.

Beurteilungstext

5 Jahre nach dem „Geheimnis des Feuers“ erschien eine weitere Erzählung Mankells um Sofia und ihre Familie, in deren Mittelpunkt ihre Schwester Rosa steht, die ihre Lebenslust und ihre Unbekümmertheit im Umgang mit ihrer Sexualität und den Jungen letztlich mit dem Leben bezahlen muss. Aus Sofias Perspektive, die auch in diesem Roman wieder ihre große innere Stärke zeigen muss, schauen wir als LeserIn hilflos dabei zu, wie die Krankheit das junge Leben Rosas zerstört und ihre Familie fassungslos und ungläubig am Feuer sitzend trauert. Noch deutlicher wird in diesem Roman um Sofia, wie ohnmächtig ihre Mutter Lydia im Kampf gegen die Armut und die Unwissenheit – gerade auch in Bezug auf die Krankheit - ist. Wieder muss Sofia all die schweren Wege gehen – mit Rosa zur Krankenstation, wider Willen, aber auf Wunsch der Mutter zum traditionellen Heiler. Mit am bedrückendsten ist es, wenn Mutter Lydia es nicht aushalten kann, ihre Tochter im Sterbeprozess zu begleiten und Sofia auch diese schwere Aufgabe zufällt. Kein Wunder, dass sie am liebsten allein am Feuer sitzend über die Grundfragen des Lebens nachdenken muss. Dabei lässt Mankell respektvoll und vorsichtig eine zurückhaltende Kritik am Aberglauben der Mutter, an gesellschaftlichen Verhältnissen, die den Frauen die ganze Bürde der Kinder- und Familienversorgung aufhalsen und an den Tabus, die eine wirksame Prävention verhindern, einfließen.
Mankell beherrscht die große Kunst über Körperlichkeit, Sexualität und das Begehren dieser jungen Mädchen und Frauen sensibel zu sprechen bzw. zu erzählen – niemals wird er vulgär oder zu direkt. Beispielhaft dafür ist zum Beispiel die Szene, als Sofia die Nachbarn versehentlich beim Sex beobachtet: “Herr Temba lag auf Frau Mukulela. Es sah aus, als wollte sie ihn mit ihrem großen Körper verschlingen. So hatte sie noch nie einen Mann und eine Frau gesehen. Beide lachten… Sofia machte es froh, was sie sah. Näher als so konnten sich zwei Menschen nicht kommen…“ (S. 223)
Neben der Sorge um Rosa beschäftigt Sofia aber auch ein Junge, dem sie auf der Straße begegnet ist – wenn sie an ihn denkt, wird ihr heiß und kalt zugleich. In ihren Träumen und Phantasien wünscht sie ihn sich ganz nah und vertraut. Sie gibt ihm Namen wie Mondjunge oder Zimtjunge und wartet sehnsuchtsvoll darauf, dass er zurückkommt, um eine von ihr geflickte Hose abzuholen.
Auch wenn es heute mehr und bessere medizinische Möglichkeiten gibt, den Ausbruch der Krankheit AIDS zu verlangsamen, bleibt sie doch auf dem afrikanischen Kontinent immer noch eine tödliche Gefahr, gerade für junge Frauen wie Rosa, die nicht wissen, wie man eine Infektion verhindern kann oder wie sie sich gegen die Männer durchsetzen und auf einem Kondom bestehen kann.
Mankells Roman zeigt europäischen LeserInnen in seiner Erzählung Facetten des Lebens (und Sterbens) im globalen Süden auf, die berühren und nach Veränderung schreien. Insofern sind seine Afrika-Romane immer auch ein politisches Statement gegen die Verantwortungslosigkeit und Rohheit kapitalistischer Verhältnisse, in denen der Kontinent Afrika einzig als Rohstofflieferant von Bedeutung ist.
Sehr lesenswert!

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Diese Rezension wurde verfasst von SRAn; Landesstelle: Hessen.
Veröffentlicht am 12.08.2017

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