Das Land Manglaubteskaum

Schlagwörter

• Kulturen
• Natur

Teaser

In diesem überaus detailliert und farbenfroh gezeichneten künstlerischen Sachbilderbuch gerät der neugierige Leser auf eine phantastische Insel, deren Tiere, Pflanzen und Bewohner mehr als sonderbar sind. Die Enzyklopädie dieses unglaublichen Landes wird in überraschenden und skurrilen Details veranschaulicht und schickt die Phantasie der Leser auf eine ganz besondere Reise.

Beurteilungstext

Das Buch fällt in jeder Hinsicht aus dem Rahmen. Wer es als Sachbilderbuch bezeichnen will, das Kindern auf anschauliche und unterhaltsame Weise Wissen vermittelt, muss sich fragen lassen, welche Art von Wissen das sei, das hier so überaus plastisch, detailliert und filigran vielfarbig gezeichnet ist? Aus welcher Zoologie stammen denn die Doppelrahmkuh, der langschnäblige Flachzangenkomoran, der Anglervogel und der Großmaulfisch? In welchem Erdteil wachsen Nudelbäume mit Nudelnestern, unheimliche Totenhandbäume oder Zwiebel-Möhren-Sträucher? Wo gibt es das Dorf mit dem Bücherberg, dessen wundersame Häuser aus dem Holz des vergesslichen Baumes gebaut sind und dessen Türen mit Ziegeln vom Ziegelbaum gemauert sind, die sich im frischen Zustand noch etwas zurechtbiegen lassen?
Einer behauptet, all diese wundersamen Dinge gesehen und berührt zu haben und tatsächlich auf der Insel gewesen zu sein, die manchmal ihre Beine in die Hand nimmt und davon einfach läuft. Norman Messenger, der dieses besondere Bilderbuch gezeichnet und auch die erklärenden und verbindenden Texte geschrieben hat, inszeniert sich selbst als Reisenden, der diese Wunder wirklich und wahrhaftig bestaunen konnte und nun davon erzählen will. Zum Glück konnte er bei seiner überraschenden Vertreibung von der Insel einige Fundstücke retten und nach ihnen seine Reiseroute aufzeichnen. Das Buch ist die fiktive Überlieferung seiner sonderbaren Reise in ein Land, das man kaum glauben kann.
Es ist also ein Lehrstück in Phantasie, das der englische Buch- und Zeitschriftenillustrator geschaffen hat. Die so überaus anschaulich gezeigten Wissensstände entspringen der Vorstellungskraft und der kreativen Gestaltungslust des Künstlers. Wer bereit ist, die traditionellen geologischen, zoologischen und botanischen Wissensfelder zu überschreiten, ihre Grenzen auszutesten und experimentierend mit dem Wissen über Bäume, Pflanzen, Tiere, Orte und Lebensweisen umzugehen, der erlebt eine abenteuerliche, sinnenfrohe und überaus anregende Lektüre.
Die Erzählung der Reisestationen wird von einer Fülle meisterlicher Farbstift- Kreide- -Zeichnungen veranschaulicht, an denen der Künstler einige Jahre gearbeitet hat. Die Bilder erinnern an botanische Florilegien des 18. und 19. Jahrhunderts, an alte Enzyklopädien und Lehrstücke in der Art eines orbis pictus. Aber auch geistige Verwandtschaften mit Hieronymus Bosch oder M. C. Escher sind offensichtlich.
Das Buch vom Landmanglaubteskaum ist glaubwürdig bebildert und raffiniert erzählt, überrascht mit kuriosen Details und phantastischen Erfindungen, ist mit einem aufwendigen Layout, das auch aufklappbare Tafeln auf manchen Doppelseiten nicht scheut, ausgestattet und ist alles in allem ein Wunderwerk.
Das Bilderbuch, das vermeintlich aus dem Rahmen fällt, kann also durchaus als ein informierendes, belehrendes und unterhaltsames erzählendes Sachbilderbuch für Kinder und Erwachsene bezeichnet werden. Doppelt adressiert changiert es lebhaft zwischen Sachkunde, Fantasy, künstlerischem Bild und erzählendem Text und kann vermutlich schon Fünfjährigen gezeigt, von älteren Kindern aber auch erlesen und fortgesponnen werden.