Das goldene Zeitalter. Die Metamorphosen des Ovid

Autor*in
Janisch , Heinz
ISBN
978-3-314-10614-9
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Sender, Ana
Seitenanzahl
91
Verlag
Nord-Süd
Gattung
BilderbuchBuch (gebunden)Märchen/Fabel/Sage
Ort
Hamburg
Jahr
2022
Lesealter
10-11 Jahre12-13 Jahre14-15 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Büchereididaktisches MaterialFreizeitlektüreVorlesen
Preis
23,00 €
Bewertung
empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Siebzehn ausgewählte Mythen aus der Sammlung der Metamorphosen von Ovid wurden erstmals für Kinder nacherzählt und in einem Bilderbuch illustriert. Trotz der ansprechenden Gestaltung stellt sich bei der Thematik und der Auswahl der Mythen die Frage, ob der Inhalt derselben für Kinder geeignet ist.

Beurteilungstext

Das von Ana Sender wunderschon illustrierte Bilderbuch zeigt in seiner Gestaltung, von den Endpapieren über den blau eingefärbten Buchschnitt bis hin zur goldenen Prägung auf dem Cover eine große Aufmerksamkeit für Details. Zu Beginn des Buches gibt ein Inhaltverzeichnis Übersicht über die ausgewählten Mythen. Das Buch endet mit einem Namensverzeichnis, über das bereits bekannte Personen und Erzählungen nachgeschlagen werden können.
Ein Nachwort des Autors Heinz Janisch erklärt seine Intention für das Buch, Leser:innen durch seine Auswahl an neuerzählten Mythen neugierig zu machen auf das gesamte zugrundeliegende Werk. Er beschreibt den historischen und literarischen Wert der Metamorphosen, eine aus fünfzehn Büchern bestehende Sammlung, sowie auch den ursprünglichen Autor Publius Ovidius Naso, sodass auch Leser:innen, die bis dato nicht mit ihm oder seinen Werken vertraut waren, sich kurz in die Hintergründe einlesen können. Janisch betont die Verwandlungen als Motiv der Geschichten, die sich wie ein roter Faden (auf den Endpapieren buchstäblich) durch das Buch zieht: „Keinem blieb seine Gestalt“. Er versteht das Bilderbuch als offene Tür in die Welt der Mythen für junge Leser:innen.
Die siebzehn ausgewählten Mythen sind eine Mischung aus bekannteren und unbekannteren Geschichten. Bekannte Geschichten beinhalten etwa die Erzählung von König Midas, der alles in Gold verwandelte, was er anfasste, oder die Erzählung von dem fliegenden Ikarus. Sie sind in zahlreichen Sprachen und Kulturen überliefert worden, gehören zur Weltliteratur und vielfach zum Allgemeinwissen. Hier kann es durchaus interessant für jüngere Leser:innen sein, sich mit den Ursprüngen dieser Geschichten vertraut zu machen. Die Mythen sind auf jeweils drei oder vier Seiten Text in gekürzter Form nacherzählt. Die Sprache nähert sich dabei der Alltagssprache an, enthält jedoch trotzdem grammatische Strukturen und Begriffe, die vielen Kindern unbekannt sein dürften. Dadurch wird es nicht automatisch ungeeignet für Kinder, erfordert jedoch sicherlich an der einen oder anderen Stelle eine Erklärung oder etwas Gewöhnung.
Beim ersten Überfliegen erzeugt dies einen doch sehr positiven Eindruck, der maßgeblich dadurch zustande kommt, dass die Mühe in der Gestaltung des Buches und die Aufmerksamkeit für Details auf jeder Seite zu spüren sind. Vor allem für ältere Leser:innen, die sich bereits mit Ovid und seinen Metamorphosen auseinandergesetzt haben, dürfte es eventuell auch dabei bleiben. Nicht von der Hand zu weisen ist jedoch die Frage, ob alle der ausgewählten Mythen tatsächlich für Kinder verständlich und so ohne weiteres geeignet sind. Die bereits erwähnten Erzählungen über König Midas und Ikarus oder die Darstellung der Entstehung der Welt stellen kein Problem dar.
Andere Erzählungen jedoch beziehen sich auf verschiedene Weise auf Liebe und romantische Beziehungen. Die Erzählung eines alten Ehepaares, das nach seinem Tod in Bäume verwandelt wird, die auf ewig nebeneinander vor ihrem Haus stehen, ist ebenfalls unproblematisch. Doch befinden sich in dem Buch auch die Erzählung von Jupiter und Europa und die Erzählung von Daphne und Apollo. Bei beiden handelt es sich um einen jeweils männlichen Gott, der einer weiblichen Sterblichen nachstellt und sich durch nichts aufhalten lässt. Der Gott Jupiter entführt als Stier verkleidet Europa auf einen anderen Kontinent. Daphne flieht so lange vor den Liebesbeteuerungen Apollos, bis sie keinen anderen Ausweg mehr weiß, als sich von den Flussgöttern in einen Lorbeerbaum verwandeln zu lassen, um ihm zu entkommen. Beide Geschichten beschreiben die große Liebe, die die beiden Göttern jeweils empfinden, und gegen die sie machtlos sind. Und so handeln sie gegen den ausdrücklichen Willen der weiblichen Person.
Eine solche unkritische Darstellung derartiger Erzählungen, die die große Liebe der Götter explizit betont, kann problematische Botschaften an junge Leser:innen senden. Sie wird der Welt der römischen Mythen zudem nicht gerecht, da ein entscheidendes Motiv darin die egoistische Natur der Götter ist. Diese werden oft als rachsüchtig und überheblich dargestellt. Sie handeln nach eigenem Gutdünken und spielen mit den Menschen, ohne sich Gedanken um deren Wohl zu machen. Die Götter sind keine liebenden Wesen, sondern selbstzentriert. Für aufmerksame Leser:innen ist dies natürlich auch in dem Bilderbuch zu erkennen, doch ist fraglich, ob Kinder in der Lage sind, von sich aus entsprechend kritisch zu lesen. Die große Frage bleibt also letztlich: Warum dieses Buch? Zumal die Metamorphosen damals für eine erwachsene Leserschaft geschrieben wurden und in dem intendierten Zusammenhang verstanden werden sollen.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von 167; Landesstelle: Nordrhein-Westfalen.
Veröffentlicht am 06.11.2022

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