Das Gespenst des Karl Marx

Autor*in
Calan, de
ISBN
Übersetzer*in
Jatho, Heinz
Ori. Sprache
Französisch
Illustrator*in
Mary, Donatien
Seitenanzahl
64
Verlag
diaphanes
Gattung
Sachliteratur
Ort
Zürich
Jahr
2014
Lesealter
14-15 Jahre16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
14,95 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Ronan de Calan beschreibt und erklärt in diesem Sachbilderbuch für Kinder und Jugendliche die historischen Voraussetzungen und zentralen Annahmen der marxistischen Idee, unterstützt von den zahlreichen, teils ganzseitigen Illustrationen Donatien Marys. Es handelt sich dabei in erster Linie um eine Einführung in den historischen Materialismus und die Marx'sche Mehrwert- bzw. Arbeitswerttheorie.

Beurteilungstext

„Ein Gespenst geht um in Europa.“ So lautet der erste Satz des 1848 veröffentlichten Kommunistischen Manifestes, welches die noch jungen und bis dahin weitgehend unbekannten Gesellschaftstheoretiker Karl Marx und Friedrich Engels veröffentlichten, in der Hoffnung, damit einen (gewaltsamen) Umsturz der bestehenden sozialen und politischen Verhältnisse in Europa zu Gunsten der Arbeiterklasse vorzubereiten bzw. auszulösen. „Das Gespenst des Karl Marx“ lautet nicht nur der Titel dieses Sachbilderbuches, das Gespenst bildet zugleich dessen zentrales Motiv. Erstens scheint die Idee einer klassen- und herrschaftsfreien Gesellschaft einen ewig währenden Quell der Angst für alle Mächtigen und Besitzenden darzustellen, und zweitens ist sie, obwohl oft genug totgesagt, auf erstaunliche Weise immer noch präsent. Wie ein Gespenst eben. Infolgedessen spukt in diesem Buch der unter einem Tuch versteckte Karl Marx in Wort und Bild munter vor sich her...
Nachdem wir zunächst erfahren haben, wie der junge Philosoph durch die frühindustriellen Arbeiterunruhen und Hungerrevolten politisiert wurde und sich infolgedessen den Kampf gegen Armut und Unterdrückung zur Lebensaufgabe machte, wird eine zentrale und lange vorherrschende Annahme der neoklassischen Wirtschaftstheorie attackiert. Dass es nämlich der Nutzen, also der (subjektive) Gebrauchswert einer Ware sei, der letzten Endes über deren Preis bestimme: freie Individuen träfen demzufolge auf „dem Markt“ zusammen und tauschten Geld gegen Ware zu beiderseitigem Nutzen. Dieser sogenannten „Grenznutzentheorie“ entgegnet der Autor des Buches mit Marx' „Arbeitswerttheorie“: der Markt ist nicht einfach von solch einer gütigen, „unsichtbaren Hand“ gesegnet, die freundlich alle Interessen ausgleicht, er ist immer auch Ausdruck der vorherrschenden Produktionsverhältnisse einer kapitalistischen Gesellschaft. Auf diesem Markt wird der Mensch selbst zur Ware, er stellt seine Arbeitskraft weit unter deren eigentlichem Wert zur Verfügung, denn die Wahl hat nur der, der über die Produktionsmittel verfügt.
Bei „Das Gespenst des Karl Marx“ handelt es sich also weder um eine reine Biografie noch um eine Werksübersicht des Philosophen, sondern um eine auf Marx begründete alternative Sicht auf noch immer aktuelle Zusammenhänge der Arbeitswelt. Nur diese Sichtweise auf den Markt erklärt den Zusammenhang von Ausbeutung und Profitstreben als treibendes Prinzip kapitalistischen Wirtschaftens. Der Autor und der Illustrator dieses Buches haben sich die Mühe gemacht, diese in eine höchst komplexe Theorie eingebettete Sicht Kindern und Jugendlichen anschaulich und verständlich zu erklären. Gelungen scheint mir dies unter anderem wegen der (im besten Sinne!) stereotypen Personifizierungen („Das Kapital“, „Der Arbeiter“, „Das Gespenst“) und die vielen metaphernreichen Illustrationen (etwa die aus unzähligen Ziffern zusammengesetzte Hand des Marktes, die sowohl Arbeiter als auch Kapitalisten als Marionetten dirigiert).

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von mz.
Veröffentlicht am 01.01.2010