Daniel halber Mensch

Autor*in
Chotjewitz, David
ISBN
978-3-551-35215-6
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Seitenanzahl
320
Verlag
Carlsen
Gattung
Ort
Hamburg
Jahr
2003
Lesealter
12-13 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
7,00 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Anfang der 30er Jahre in Hamburg: Armin, der Hafenarbeitersohn und Daniel, einziges Kind eines erfolgreichen Rechtsanwalts sind beste Freunde und wollen gegen den Willen der Eltern in die Hitlerjugend. Als Daniel von seinen Eltern erfährt, dass er ein sog. “Halbjude” ist, gerät sein Weltbild ins Wanken und im Laufe der folgenden Jahre zerbricht auch die zunächst scheinbar alles tragende Freundschaft zwischen dem Nazi Armin und Daniel und dessen Familie, die gerade noch im letzten Moment eine Ausreisemöglichkeit erhält. Als amerikanischer GI fährt Daniel durch das zerstörte Hamburg und erzählt seine Geschichte.

Beurteilungstext

Chotjewitz’ Roman gestaltet sehr anschaulich und glaubwürdig das Schicksal zweier Jugendlicher in der Zeit des Faschismus. Die Perspektive ist die des unfreiwilligen Flüchtlings, des Mannes Daniel Kraushaar und seiner Erlebnisse als Junge mit seinem damaligen besten Freund Armin. Der Roman wirkt sehr gut recherchiert, was ihn zwar sehr authentisch wirken lässt, aber gleichzeitig auch manchmal etwas zu sehr wie eine Biographie wirken lässt, der es weniger auf Spannung und Erzählfluss ankommt, als auf die Überzeugungskraft der berichteten Ereignisse. Aber die Geschichte trägt dies, vor allem auch wegen der Zeitsprünge, die immer wieder andere Wahrnehmungen der Hauptfigur Daniel und Dimensionen der Handlung akzentuieren. So bleibt man doch immer nah dran und ist gespannt, was denn nun aus Armin geworden ist, der sich so stark in den Verrat an seinem Freund hat einbinden lassen, dass er keinesfalls schuldlos am Schicksal der jüdischen Bevölkerung in Deutschland geblieben sein kann.
Am spannendsten und psychologisch interessantesten sind die Passagen des Romans, in denen die Zufälligkeit des Verfolgtwerdens deutlich wird und in denen sich Daniel gegen die Stigmatisierung wehrt, indem er sich emotional gegen die Mutter wendet und sogar bereit wäre, die Ausgrenzung der jüdischen Mutter aus seiner ansonsten arischen Familie zu betreiben. Er will auf keinen Fall zu den Ausgegrenzten gehörten, zu denen, die ausgeschlossen und verfolgt werden. Im Gegenteil, er will unbedingt dazugehören, will in die HJ, will im Fußballverein mitmachen usw. So leidet er schon massiv unter der Stigmatisierung, bevor die Tatsache seines sog. “Halbjudentums” überhaupt in die Öffentlichkeit gerät. Trotz Daniels Befürchtungen hält Armin zunächst noch zu ihm, aber je offener und brutaler die Diskriminierung und Ausgrenzung der jüdischen Bevölkerung aus den alltäglichen Zusammenhängen wird (z.B. muss Daniels Vater seine Rechtsanwaltskanzlei aufgeben) umso klarer wird auch, dass es für Daniel und seine Familie auf Dauer nicht möglich sein wird, den Repressalien und dem Terror zu entkommen. So wird schließlich Armin auch zu einem direkten Gegner, der sich in der Progromnacht gegenüber seinen Nazifreunden durch besondere Brutalität gegen Daniels Familie reinzuwaschen versucht von dem Verdacht ein Judenfreund zu sein. Eine wirklich politische Gegnerschaft zum Faschismus gibt es in Daniels Familie in der Person des Onkels, der als Sozialist und Jude verfolgt wird und dessen Tochter Mirjam, Daniels Cousine, die beide den Faschismus nicht überleben.
Alles in allem ein sehr lesenswertes Buch über Jugendliche in Deutschland in der Zeit des Faschismus und über Freundschaften, die an Gewalt und Terror zerbrechen.

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Diese Rezension wurde verfasst von ASR.
Veröffentlicht am 01.01.2010

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