Cowboy will nicht reiten

Autor*in
Kuhl, Anke
ISBN
978-3-95470-105-6
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Kuhl, Anke
Seitenanzahl
14
Verlag
Gattung
BilderbuchFantastikSachliteratur
Ort
-
Jahr
2014
Lesealter
4-5 Jahre6-7 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
13,95 €
Bewertung
empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Wie ein Cowboy, der Angst vor Pferden hat, nach einem unfreiwilligen verrückten Ritt zu dem Schluss kommt, dass doch nicht alle Pferde schlecht sind.

Beurteilungstext

Inhalt
Es war einmal ein Cowboy, der Angst vor Pferden und vor dem Reiten hatte. Doch als er eines Morgens aufwachte, stand ein riesiges Pferd in seinem Schlafzimmer. Wie bekommt man ein Pferd aus dem 2. Stock wieder heraus? Der Cowboy sägte ein großes Loch in die Bretterwand des Hauses und ließ das Pferd an einem Seil hinunter zur Erde. Dabei verlor er das Gleichgewicht und fiel hinunter, direkt auf den Rücken des Pferdes. Das lief vor Schreck los, mit dem Cowboy auf dem Rücken. Es lief durch das ganze Westerndorf mit allen Bewohnern als Publikum, und dabei hatte er immer noch seinen Hemdhosen-Schlafanzug an, bis ihm eine Frau Kleidung hinaufwarf. Dann galoppierte das Pferd in die Wüste hinaus. Weil er immer noch nicht wusste, wie man ein Pferd zum Anhalten bringen kann, zog er sich die zugeworfene Kleidung auf dem Rücken des Pferdes an und ernährte sich - während das Pferd pausenlos weiterlief - von Regen und angewehten Kaktusfrüchten und Wüstenhühnern. In der vierten Nacht schlief er auf dem Rücken des Pferdes ein. Da sein Schnarchen sich wie „Brrr“ anhörte, blieb das Pferd endlich stehen und schlief schließlich auch erschöpft ein; und beide schliefen drei Tage und drei Nächte lang. Danach kam der Cowboy zu dem Schluss, dass doch nicht alle Pferde schlecht sind.

Die total verrückte, schräge Geschichte ist eine Westernpersiflage, die in einem knappen Text mit trockenem Humor erzählt wird und mit Übertreibungen arbeitet. Ein weiteres Mittel der Komisierung ist, dass der Text die Perspektive des tumben Protagonisten einnimmt.
Die Komik wird erzeugt durch das Paradoxon von einem Cowboy, der Angst vor Pferden und dem Reiten hat, durch den absurden Handlungsablauf, wie es zugeht, dass er plötzlich dennoch auf einem Pferderücken sitzt. Ebenso vollzieht sich seine wundersame Ernährung während des Laufes des Pferdes abseits normaler Logik.

Botschaft
Dabei läuft die Rezeption zweigleisig: einerseits fühlt der Leser/Zuhörer die Ängste des Cowboys mit; denn ein Kind hat wohl auch Angst vor den großen Pferden, zumal wenn sie so übergroß, bissig die Zähne fletschend und mit wild rollenden Augen gezeichnet sind, wie in der Szene, in der die kleine Gestalt des Cowboys ängstlich blickend sein Fahrrad neben dem Pferd anschließt.
Die schreckliche Erfahrung, dass sich ein in Bewegung befindliches Beförderungsmittel nicht anhalten lässt, hat wohl auch das eine oder andere Kind beim Rollerfahren gemacht, oder als es das Fahrradfahren lernte.
Schön wird gezeigt, wie sich der Protagonist allmählich mit seiner seltsamen Situation arrangiert und auch angenehme Seiten daran entdeckt. Da fühlt sich mit ihm auch der Rezipient ein wenig entlastet und ist dann glücklich überrascht von dem unerwarteten Ende. Die Erzählerin steht auf der Seite des ängstlichen Rezipienten und bedeutet: Dieser Cowboy ist kein Loser; man vergibt sich nichts, wenn man zu seinen Ängsten steht und sie zugibt.

Form
Gleichzeitig mit der Innenperspektive, die sich mit den Gefühlen beschäftigt, läuft noch eine zweite Rezeption über die Außensicht auf den Protagonisten und das Genre, das er vertritt. Die durch Comics und Kinofilme vermittelte Westernromantik und das Image des Cowboys als coolem starkem Helden wird hier torpediert; einmal durch die despektierliche Handlung, zum Zweiten durch die Art der Illustration. Anke Kuhl greift die Versatzstücke dieses Topos auf und verzerrt sie in krakeligem Strich im Cartoon-Stil. Der aufmerksame Betrachter freut sich an köstlichen Details: Wie der Cowboy in Hemdhose auf dem Bettrand sitzt, bereits mit breitrandigem Hut auf dem Kopf, auf dem Nachttisch Karl May als Bettlektüre, daneben der Nachttopf und die Hose ordentlich über einen Bügel gehängt, auf dem Fensterbrett ein Kaktus. Die Westerntypen des Dorfes werden karikiert wiedergegeben, auch die Indianer und Flora und Fauna in der Arizonawüste. Das Pferd ist ein sehr unelegantes Riesenviech mit dürren Beinen und dickem Bauch.
Schön sind die Vignetten auf dem Titelblatt: in nostalgisch-opulentem Rahmen die Portraits von Pferd und Cowboy, die sich misstrauisch beäugen, und auf dem Schlussbild sind sie in ebensolchen Rahmen als schwarze Silhouetten dargestellt: der Cowboy reicht dem Pferd als Zeichen seiner vorsichtigen Annäherung ein Stück Zucker. Sie heben sich ab vor einem roten Sonnenuntergang, wie es sich für das Happyend eines Western gehört.

Das Bilderbuch hebt sich auch durch den Einsatz der Farben vom Üblichen ab. Anke Kuhl beschränkt sich auf wenige Farben. Ein großer Teil der Seiten ist flächig grundiert im hellen Rot des Wüstenbodens. Dazu kommen Blau, Braun und Grün in Abtönungen für den Himmel und die Vegetation. Die Zeichnung ist in Schwarz darauf gesetzt.

Einsatz im Unterricht
Man geht auf Zuruf den humoristischen Details nach.
Es kann ein Gespräch darüber folgen, vor welchen Tieren man Angst hat, und eine Schilderung von Erlebnissen der Annäherung an Tiere.
Um das Macho-Image aufzubrechen, können die Kinder selbst Cowboys in unvorteilhaften oder helden-unüblichen Situationen erfinden und zeichnen: z. B. Cowboy in Unterhose, Cowboy verliert seinen Hut, Cowboy stolpert und fällt hin, Cowboy fällt vom Pferd, Cowboy beim Wäsche aufhängen, Cowboy auf der Toilette sitzend, Cowboy schiebt einen Kinderwagen, füttert ein Baby usw.

Zur Autorin/Illustratorin
Anke Kuhl wurde mit dem Troisdorfer Bilderbuchstipendium, dem Eulenspiegel-Bilderbuchpreis sowie 2011 mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis ausgezeichnet
Ihr erstes Bilderbuch „Ene mene muuh“ wurde gleich 2002 als eins der „Schönsten deutschen Bücher“ ausgezeichnet, ebenso „Helenes Familie“ 2005.

[gsd Hamburg]

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von gsd; Landesstelle: Hamburg.
Veröffentlicht am 27.06.2015

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